Velbert. Das 1. TSZ Velbert darf nun doch nicht die Deutsche Meisterschaft der Formationen ausrichten. Stattdessen bekam der Erzrivale den Zuschlag.
Neun Monate Arbeit für die Katz’, stattdessen nur noch Frust, Wut und schier endlose Enttäuschung. Die sitzt besonders tief bei den Tanzsportlern des 1. TSZ Velbert, denen der Deutsche Tanzsport-Verband (DTV) die Ausrichtung der Deutschen Formations-Meisterschaft entzogen und sie stattdessen an den ärgsten Rivalen Grün-Gold-Club Bremen weitergereicht hat, der das Turnier nun am 12. Dezember ausrichten wird. Quasi als Ersatz für die Weltmeisterschaft, die auch aufgrund der Corona-Pandemie unlängst abgeblasen wurde.
„Das ist eine Riesen-Sauerei“, wettert Astrid Kallrath, Trainerin des deutschen Latein-Vizemeisters aus Velbert, die an der Spitze des Organisations-Komitees für die nationalen Titelkämpfe stand. „Wir standen in den Startlöchern, hätten die Veranstaltung auch alleine gestemmt“, sagt Kallrath, die im ICE auf dem Weg nach München von der Nachricht geschockt wurde. Auch ihr Team sei „wütend und traurig. Die Stimmung ist derzeit am Boden“, wie die Trainerin mitteilte. Der ursprüngliche Plan, die DM an zwei Tagen (14./15. November) gemeinsam mit dem TD TSC Düsseldorf Rot-Weiß auszurichten, war vor einigen Tagen hinfällig geworden, weil der TD-Vorstand offenbar im Zuge der Corona-Pandemie aufgrund befürchteter finanzieller Risiken aus der Ausrichtergemeinschaft ausgetreten war.
Vizemeister 1. TSZ Velbert hatte umfassendes Organisations-Konzept erstellt
„Daraufhin haben wir dem DTV eine neue Bewerbung geschickt, in der wir klargemacht haben, dass wir das auch alleine schaffen“, wie Kallrath berichtet. Ihr läge eine Liste mit rund 120 freiwilligen Helfern für die DM vor, zudem gebe es für das Düsseldorfer Castello, in dem an den beiden Tagen je 1000 Zuschauer hätten Platz finden können, ein fertiges Hygienekonzept (u. a. werden dort die Deutschen Meisterschaften im Turnen eine Woche zuvor ausgetragen). Und was die Finanzen anbelangt: Die Velberter hatten einen Kontrakt mit einem dem Tanzsport seit vielen Jahren verbundenen Sponsor geschlossen, so dass es auch dort kein Risiko gegeben hätte. „All das lag dem DTV-Präsidium als E-Mail vor“, so Kallrath. Auch die TV-Übertragung sei fest vereinbart worden mit einem Team des NDR, das sich vor Ort mit der Situation vertraut gemacht hatte.
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Ulrich Wohlgemuth, Vorsitzender des Bundesliga-Ausschusses für den Formationssport, hatte dem Verbandspräsidium einen Bericht zukommen lassen, in dem er nach Berücksichtigung aller Fakten dem DTV sogar ausdrücklich empfahl, dem 1. TSZ Velbert die Ausrichtung auch allein zu überlassen. „Astrid Kallrath ist in NRW so gut vernetzt, dass man ihr aus mehreren anderen Vereinen Hilfe für die DM zugesagt hatte“, so Wohlgemuth. Und Kallrath ergänzt: „Es gibt keinen einzigen plausiblen Grund, warum wir die Meisterschaft nicht hätten ausrichten können. Man macht sich da offenbar keinerlei Gedanken über die Auswirkungen. Das wirft alles kein gutes Licht auf den Tanzsport.“
DTV-Präsidentin Heidi Estler: „Mussten Situation neu bewerten“
Dass der DTV letztlich die Meisterschaft an die Bremer weitergereicht hat, die vom Verband darüber auch noch vor den düpierten Velbertern informiert wurden, macht auch Wohlgemuth stutzig. „Wir werden als Bundesliga-Ausschuss dazu ein Statement von Bundessportwart Michael Eichert einfordern.“ Zwei Tage, nachdem die Bremer grünes Licht bekamen - und darüber später in Person des Vorsitzenden Jens Steinmann in einer TV-Sendung berichteten -, erhielt das die Mitteilung, dass die Wahl auf den zweiten Bewerber gefallen sei. „Dabei hat es gar keine neue Ausschreibung gegeben“, so Astrid Kallrath. Die das Vorgehen des Grün-Gold-Clubs aus Bremen als „unmoralisch und völlig unsportlich“ erachtet. „Wie kann ein zweiter Verein so dazwischen grätschen, nachdem wir schon durch den Wegfall des Bundesliga-Turniers im März so gebeutelt waren? Sowas kann ich einfach nicht nachvollziehen.“
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DTV-Präsidentin Heidi Estler begründet die Verbandsentscheidung so, dass man „die Sorge hatte, Velbert würde sich finanziell und personell mit einer DM-Ausrichtung übernehmen. Der Verein hat ja nur rund 45 Mitglieder. Wir mussten die Situation neu bewerten, ein konkretes neues Konzept aus Velbert lag uns nicht vor. Wir haben uns diese Entscheidung nicht leicht gemacht und wollten Velbert auch nichts Böses oder Bremen einen Vorteil verschaffen.“ Über weitere Gründe wollte sie öffentlich nicht sprechen.