Langenberg. Der Torwart und Multifunktionär ist das letzte verbliebene Gründungsmitglied. Unter seiner Regie wurde aus dem Hobby-Team ein A-Kreisligist
Während viele Fußballfreunde wegen hoher personeller Fluktuation die fehlende Identifikation von Spielern und mittlerweile auch immer mehr Trainern mit den Vereinen beklagen, gibt es doch vereinzelt noch echte „Dinosaurier“, die ihren Klubs ein Leben lang die Treue halten. In loser Reihe stellt die WAZ diese scheinbar aussterbende Spezies vor. Den Anfang machte jüngst Peter Kurka von SV Union Velbert.
Ein Musterbeispiel ist sicherlich auch Salih Gümüs, der am 20. Januar 1991 mit einigen Freunden den FC Langenberg gründete und heute das letzte verbliebene Gründungsmitglied des Klubs ist.
Fußball soll Freundschaft festigen
„Wir waren damals eine Gruppe von Hobbyfußballern, die sich aus dem Jugendzentrum kannten. Ich selbst spielte damals schon im Verein bei Hellas Velbert, war dort Torwart und Kapitän und habe die Jungs zum Training mitgebracht. Die Verantwortlichen haben aber nur Wert auf Qualität gelegt und wollten die Jungs nicht mittrainieren lassen. Darüber war ich so sauer, dass der Plan reifte, einen eigenen Verein zu gründen, in dem nicht nur nach Talent und Können sondiert wird“, erinnert sich der aktuelle 1. Vorsitzende, der dann vor mehr als 30 Jahren die Umsetzung des Vorhabens verkünden konnte.
„Die meisten aus unserer Mannschaft, bis auf drei oder vier, hatten noch nie einen Spielerpass gehabt, aber unsere Intention war ohnehin eher, die Freundschaft untereinander zu festigen“, schildert Gümüs, was damals Priorität hatte. Im August absolvierte der FC Langenberg das erste Meisterschaftsspiel und kam mit 0:5 bei der Zweitvertretung von Türkgücü Heiligenhaus unter die Räder. „Da musste ich gleich fünfmal den Ball aus dem Netzt holen, aber unser Ärger währte nur vom Abpfiff bis zur Kabine, denn danach überwog die Freude darüber, endgültig im Vereinsleben angekommen zu sein“, betont der Multifunktionär, der neben dem höchsten Amt im Verein auch die Geschäftsführung übernommen hat und selbst auch noch die dritte Mannschaft trainiert.
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Das ist tatsächlich dann auch wieder ein Team so richtig nach seinem Geschmack, denn dort bekommen auch diejenigen die Möglichkeit zu kicken, die aus Altersgründen vielleicht nicht mehr höchsten Ansprüchen genügen oder die aus Alters- bzw. gesundheitlichen Gründen oder wegen beruflicher oder familiärer Verpflichtungen nicht regelmäßig trainieren können, aber weiterhin noch dem Ball nachjagen möchten.
Gümüs selbst musste seine aktive Laufbahn aber inzwischen beenden. „Nach 26 Jahren, in denen ich mich als Torwart nie geschont habe, ging es definitiv nicht mehr. Ob auch mein Beruf als Fernsehtechniker, in dem man früher auch die schweren Geräte schleppen musste, dabei eine Rolle gespielt hat, weiß ich nicht, aber mittlerweile musste ich schon zweimal am Rücken operiert werden“, berichtet der ehemalige Keeper, der immer wieder Angebote aus höheren Ligen bekam, die er aber allesamt zugunsten seines Vereins ablehnte.
Salih Gümüs zieht sich langsam aus dem operativen Geschäft zurück
Mittlerweile hat er sich aus dem operativen Geschäft ein wenig herausgezogen, denn er hat gute Mitstreiter gefunden, die ihn im Vorstand entlasten. „Auswärts schaffe ich es auch nicht mehr, alle drei Mannschaften zu begleiten, aber bei Heimspielen bin ich bei allen dabei. Ich bin nicht geltungssüchtig, muss auch nicht immer in der ersten Reihe stehen, sondern bin jetzt vielleicht so etwas wie die letzte Instanz, wenn wichtige Entscheidungen anstehen“, beschreibt der 51-Jährige seine aktuelle Rolle.
Viele Beobachter der hiesigen Fußballszene sind sicher, dass es ohne Salih Gümüs den FC Langenberg heute gar nicht mehr geben würde. „Natürlich macht es mich auch ein bisschen stolz, dass mein Name eng mit dem FC Langenberg in Verbindung gebracht wird, aber es haben einige Leute mehr einen großen Anteil an der Entwicklung des Vereins. So zum Beispiel Alex Viro, der schon 26 Jahre lang dabei ist, und auch immer alle Angebote, höher zu spielen, abgelehnt hat und heute noch für die dritte Mannschaft aufläuft. Es gibt schon einige Leute um mich herum, die mit mir durch dick und dünn gegangen sind“, stellt er klar.
Er erinnert sich, dass der Verein nach dem Abstieg in die Kreisliga C einst vor dem Aus stand. „Wir hatten nur noch acht Spieler und wussten nicht, ob wir überhaupt noch eine Mannschaft stellen können. Dann kam in Person von Nils Weihsenbilder ein Schüler des Nikolaus-Ehlen-Gymnasiums zu uns und bot an, ein paar Freunde mitzubringen. Das wurden dann immer mehr, am Ende fast 20. Kaum einer von denen hatte vorher Fußball gespielt, aber alle waren gute Sportler und kamen teilweise aus anderen Sportarten.“
Das hatte Vorteile, findet Gümüs: „Das hat unserem Verein wieder ein neues Gesicht gegeben, auch in der Außendarstellung, nachdem wir vorher schon einige Spielabbrüche hatten, und das war in der Phase entscheidend, dass der Verein nicht in der Versenkung verschwunden ist. Am Ende der Saison sind wir dann sogar als Meister wieder in die Kreisliga B aufgestiegen“, schildert der Funktionär den Beginn des sportlichen Aufschwungs, der vor ungefähr fünf Jahren dann weiter fortgesetzt wurde und zuletzt sogar erstmals bis in die Kreisliga A führte – sicher der größte Erfolg der Vereinsgeschichte.
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In der kommenden Saison geht der FCL in sein zweites Jahr in der Kreisliga A – eine doppelte Herausforderung.
„In dieser Liga wollen wir uns mit unserer ersten Mannschaft etablieren, aber auch das Vereinsleben weiter ausbauen. Dafür fehlt uns aber ein Vereinsraum, dass wir uns öfter treffen und sehen können, die Familien sich auch kennenlernen können, aber in dieser Hinsicht fühlen wir uns von der Stadt im Stich gelassen, denn seit Jahren werden wir vertröstet, aber dann lässt man uns doch immer wieder hängen“, ärgert sich Gümüs.
Saison in der Kreisliga A wird eine doppelte Herausforderung
Aufgeben ist aber keine Option für ihn. Und er kündigt an, dass seine Zeit noch lange nicht vorbei ist. „Solange Gott will, dass ich gesund bleibe und noch in der Lage bin, zum Sportplatz zu fahren und das Gefühl habe, gebraucht zu werden, bleibe ich dabei. Ich stehe nach wie vor für die ursprüngliche Idee, dass nicht nur die sportliche Qualität, sondern der Charakter entscheidend ist. Ich mag es nicht, wenn alle sechs Monate Spieler kommen und gehen“, betont er.
„Für mich ist es im Verein so wie in einer Ehe, wenn ich einmal mein Herz vergeben habe, dann bleibt man in guten wie in schlechten Zeiten zusammen“, sagt Gümüs.
Denn den Verein mache Bodenhaftung aus. „Wir sind zuletzt gewachsen, haben einige Sponsoren dazu gewinnen können, ohne Klinkenputzen zu müssen, und haben auch mehr Zuschauerzuspruch. Aber ich werde auch dafür sorgen, dass jetzt niemand größenwahnsinnig wird. Wir haben nicht die Ambitionen, zweite oder dritte Kraft in Velbert zu werden. Wir brauchen keinen Großsponsor, sondern haben lieber mehrere kleine, die zu den Spielen kommen und auch mit uns zusammensitzen.“