Mülheim. Er gründete zwei Mülheimer Boxclubs mit, trainierte Deutsche Meister und ist parallel Platzwart beim Fußball. Manfred Henn wurde 80.
„Du bist noch nie so schnell über die Anlage gelaufen wie heute“, scherzt Jürgen Teschke in die Richtung von Manfred Henn, der mit dem Fotografen dieses Medienhauses auf dem Areal des Mülheimer SV 07 für den richtigen Schnappschuss von einer Stelle zur anderen läuft.
Auch nach seinem 80. Geburtstag am 3. März schaut Henn hier noch jeden Tag außer samstags nach dem Rechten. Ein Schlüssel ist abgebrochen, ein Tornetz zu flicken oder eine Werbebande abgebrochen? Der frühere Schlossermeister hat eine Lösung. In seinem Geräteschuppen nahe dem Eingang hat er alle notwendigen Utensilien untergebracht. Vor dem Interview hat er noch die Bepflanzung rund um den Sitzplatzbereich zurechtgeschnitten und frühjahrsfest gemacht.
„Manni“ Henn: Fußball ist nur seine zweite Leidenschaft
Zum MSV kam der 80-Jährige durch seine beiden Fußball spielenden Söhne Stephan und Markus. „Dann haben sie irgendwann einen Platzwart gesucht. Anfangs waren wir noch zu zweit“, berichtet Henn, der auch nach dem Tode seines Mitstreiters weiterhin der Mann für alle Fälle ist. Dabei gilt seine Leidenschaft gar nicht in erster Linie dem Fußball.
Sondern dem Boxen. Den Sport lernte er bei der Bundeswehr kennen. Als 1975 bei der SpVgg Dümpten 13 eine Boxabteilung mit dem Schwerpunkt Jugend aufgemacht wurde, war Manfred Henn sofort dabei. Gemeinsam mit Jürgen Teschke ist er das einzige Gründungsmitglied, das bis heute ununterbrochen dabei ist. Bis zur Insolvenz von Dümpten 13 und seit 2006 im eigenständigen Verein BC Mülheim-Dümpten (BCD). Teschke ist erster, Henn zweiter Vorsitzender.
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Mit den Jahren machte Henn alle notwendigen Trainerausbildungen im Boxen. Über 1000 Jungen und Mädchen gingen durch seine Schule, darunter alle heutigen Trainer des BCD. Spätere Deutsche Meister trainierten genauso bei ihm wie Bundesliga-Kämpfer.
Welche Aspekte dem Boxtrainer Manfred Henn immer wichtig waren
„Für mich galt immer: Boxen mit Kopf“, betont der 80-Jährige. Er bevorzugte immer das „Fechten mit der Faust“ und nicht das Kloppen. „Bei allen, die ich trainiert habe, ist nie ein Kneipenschläger oder so draus hervorgegangen“, unterstreicht Henn den Faktor Fairness.
Bis heute trainiert er im Boxclub jeden Dienstag die Jugend und die älteren Breitensportler. „Die Rechte muss oben sein, nicht die Deckung fallen lassen“, lautet auch mit 80 Jahren sein Credo. Wenn es sein muss, dann kann er auch immer noch mal laut werden. „Manni ist der einzige, der rumschreien kann – den lieben sie trotzdem“, sagt der Vereinschef Teschke.
„Ich war immer einer, der weiterkommen wollte“
Ans Aufhören dachte er in all der Zeit nicht. „Ich habe nie den Gedanken gehabt, irgendwas hinzuschmeißen. Ich war immer einer, der weiterkommen wollte, und das war im Boxsport genauso.“
Während sich der deutsche Verband immer wieder nach den aktuell erfolgreichen Nationen richtete, wurde in Mülheim lange nach dem DDR-Vorbild geboxt. Von den Möglichkeiten im Osten durfte sich Manfred Henn einst selbst überzeugen, als er bei einem Vergleichskampf am Stützpunkt in Frankfurt an der Oder den bekannten Trainer und Olympiasieger Manfred Wolke kennenlernte.
Boxtraining mit Henry Maske und Axel Schulz
„Das war ein altes Eisenbahngelände und wir mussten erstmal über 20 Gleise. Aber drinnen war alles top-modern. Das ganze Training wurde mit Kameras überwacht“, erinnert sich Henn bis heute. Kein Wunder, trainierten dort doch auch die beiden bekanntesten Wolke-Schützlinge: Henry Maske und Axel Schulz.
„Mir ist gleich aufgefallen, wie sich der Henry am Boxsack bewegt hat. Und Axel Schulz war ein Modellathlet“, sagt der Experte, der später in der Mülheimer Heimat auch Arthur Abraham und seinen Co-Trainer Uli Wegner sowie den späteren Weltmeister Yoan Hernandez kennenlernte. „Über die Erlebnisse im Boxen könnte man ein Buch schreiben“, sagt Henn.
„Wenn der einen Zollstock dabei hatte, hattest du gewonnen“
Darin käme mit Sicherheit auch das Eichbaumboxen von 2010 in der gleichnamigen und als eher verrucht geltenden U-Bahn-Haltestelle in Heißen. „Da wurden von Mitternacht bis zwei Uhr die Oberleitungen abgestellt, damit wir den Ring aufbauen konnten“, erinnert sich Henn.
Ohnehin war er immer der Gefragteste, wenn es um irgendetwas Handwerkliches ging. Egal, wie verrückt das Vorhaben war. „Wenn der einen Zollstock dabei hatte, hattest du gewonnen“, schmunzelt Jürgen Teschke. Manni macht das schon.
Mülheimer baute sogar einen Boxring fürs Kino
Dabei ging er einst in einem Stahlbaubetrieb als Schlosser an, ohne brennen und schweißen zu können. „Wenn alle anderen Pause gemacht haben, habe ich Schweißen geübt“, erinnert er sich. Dadurch wurde er schon mit 22 Jahren Vorarbeiter – und immer mehr zum Experten. Wenn jemand mal nicht mehr weiter wusste, hieß es oft: „Geh‘ mal nach dem Langen hin.“
2002 kam eines seiner Werke sogar ins Kino. Die Produktionsfirma des Films Elefantenherz mit Daniel Brühl benötigte einen Boxring. Natürlich kümmerte sich Manfred Henn. Boxer des Vereins bekamen Statistenrollen oder mimten die Gegner des Hauptdarstellers. „Immer wenn Daniel Brühls Beinarbeit gezeigt wurde, waren das in Wirklichkeit unsere Jungs“, sagt Teschke nicht ohne Stolz.
Rückkehr des Open-Air-Events auf dem Platz des MSV 07?
Auch der riesige sechs mal sechs Meter große Boxring, der noch heute bei den Veranstaltungen des BC Dümpten genutzt wird, ist Henns Werk. Im Sommer soll er wieder im Rahmen eines Open-Air-Events auf der Anlage des MSV 07 aufgestellt werden. Für Manfred Henn würde sich dann der Kreis schließen.
Auch mit 80 Jahren bleibt er ein Kümmerer in Sachen Boxsport und als Platzwart im Fußball. Und das soll auch noch eine ganze Weile so bleiben. „Nur zu Hause vorm Fernseher hocken, das kann und möchte ich auch nicht.“
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