Mülheim. Die beiden Mülheimer Badminton-Asse wohnen nebeneinander – nun geht es gemeinsam zu den Olympischen Spielen. Nach einer Schrecksekunde.

Die erleichternde Nachricht kam gegen 12 Uhr. Yvonne Li hat sich nicht schwer verletzt, der Teilnahme an den Olympischen Spielen steht wohl nichts im Wege. Beim Aufwärmen vor dem Training war sie umgeknickt, der Pressetermin am Freitagmorgen startete ohne sie – Li war zur Untersuchung ins Krankenhaus gefahren. So waren die Augen im Mülheimer Leistungszentrum zunächst auf den männlichen Einzelteilnehmer im Badminton, Kai Schäfer, gerichtet.

Der Trainingsunfall war der dritte Stimmungsdämpfer innerhalb von 24 Stunden für Yvonne Li. Erst die Nachricht, dass die Spiele in Tokio ohne Publikum stattfinden würden, dann die Auslosung am Donnerstag, die ihr ein Treffen mit der an drei gesetzten Japanerin Nozomi Okuhara und der Russin Evgeniya Kosetskaya bescherte. „Da hat es die Losfee mit mir nicht so gut gemeint, das war schon schwer zu verdauen“, gibt Li zu.

Schweres Los für Yvonne Li – Kai Schäfer hat es besser getroffen

Gerade der Spielstil von Okuhara, die schnell und wendig ist und jeden Ball zurückbringt, liegt der gebürtigen Hamburgerin nicht „Was diese Spielweise angeht, ist sie die Beste der Welt“, sagt Li. Das einzige Aufeinandertreffen vor vier Jahren ging an die Japanerin.

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Besser meinte es das Losglück dagegen mit Kai Schäfer. Er trifft in seiner Gruppe auf den Thailänder Kantaphon Wangcharoen (14) und den Briten Toby Penty. „Es hätte mich schlechter treffen können. Ich habe gegen beide Spieler Siegchancen“, so Schäfer. Nur die 16 Gruppensieger schaffen den Sprung in die K.o.-Phase, für alle anderen ist das Turnier beendet.

Keine Zuschauer bei den Olympischen Spielen

Ein Turnier, das unter ganz besonderen Umständen stattfindet. Im badmintonverrückten Japan wäre die 10.000 Zuschauer fassende Halle unter normalen Umständen bis auf den letzten Platz gefüllt gewesen. Nun wird vor einer Geisterkulisse aufgeschlagen. „Selbst wenn nur 500 hätten kommen dürfen, wäre es schon cool gewesen“, sagt Kai Schäfer.

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Er hofft, dass das olympische Flair trotzdem zu spüren ist und freut sich darauf, Sportlerinnen und Sportler aus anderen Disziplinen kennenzulernen. „Mit Malaika Mihambo oder Angelique Kerber, die sehr sympathisch rüberkommen, ein Gespräch zu führen oder die Stars aus der NBA zu sehen, darauf freue ich mich“, sagt er. Wohlwissend, dass es die geselligen Abende im deutschen Haus nicht geben wird. „Wir haben aber eine App bekommen, über die wir mit den anderen deutschen Sportlern kommunizieren können“, sagt Kai Schäfer.

Großer Olympia-Fan seit der Kindheit

Auch Yvonne Li bedauert, dass sie die anderen Sportarten nicht live erleben kann. „Als Kind habe ich die Olympischen Spiele 2008 und 2012 komplett verfolgt. Vor allem Wasserspringen und Volleyball finde ich cool“, erzählt sie.

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Trotz allen Umständen erfüllt sich für das Mülheimer Duo, das Tür an Tür im gleichen Haus wohnt, ein Lebenstraum. „Als klar war, dass ich die Quali geschafft habe, ist eine gewisse Anspannung abgefallen“, sagt Yvonne Li.

Langer Weg zu den Olympischen Spielen

Gerade dadurch, dass die Olympia-Quali wegen der Corona-Pandemie um ein Jahr verlängert wurde, war der Druck lange hoch. „Ich hätte es lieber gehabt, dass die Quali letztes Jahr durch gewesen wäre und ich mich dann ein Jahr lang hätte darauf fokussieren können, mich zu verbessern“, sagt sie.

Dieser Form den letzten Feinschliff zu verpassen, dass ist die Aufgabe die Chef-Bundestrainer Detlef Poste und Einzeltrainer Xu Yan Wang in den kommenden Tagen angehen. Da nur zwei Trainer mitfliegen dürfen wird Poste in Deutschland bleiben, Wang begleitet die Athleten nach Tokio, ebenso wie Doppel-Coach Diemo Ruhnow.

Feinschliff im Training – vor allem für die mentale Stärke

„Wir sprechen mit Yvonne und Kai vor allem noch mal darüber, was die Spiele bedeuten, wie es unter den Rahmenbedingungen abläuft. Die beiden dürfen nicht zu viel Energie verlieren und müssen auf den Punkt da sein“, sagt Poste.

Bis es kommende Woche ins Flugzeug geht, müssen beide noch viel organisieren, Koffer packen und vor allem regenerieren. „Die Aufregung steigt“, sagt Kai Schäfer. Aufregende Momente wie im Training am Freitagmorgen brauchen sie da nicht mehr.