Mülheim. Der Super Bowl zwischen den Chiefs und den Buccaneers naht. Die Mülheim Shamrocks erwarten massig Punkte, sind sich aber nicht einig.

Der Montag wird die Hölle, wissen Florian Kosidowski und Thorsten Bartel von den Mülheim Shamrocks und meinen damit nicht einmal direkt den oft so quälenden Start der Arbeitswoche. Vielmehr müssen sie versuchen, den Tag mit möglichst wenigen Blicken in die sozialen Medien rumzubekommen, denn ansonsten droht ein großer Spoiler.

„Ausgerechnet nächsten Montag fange ich in einer neuen Abteilung an und muss um acht Uhr auf der Matte stehen“, sagt Kosidowski, der Verantwortliche der Flagfootball-Abteilung bei den Shamrocks, mit wehmütigen Gedanken zum anstehenden 55. Super Bowl in der Nacht von Sonntag auf Montag.

Besser hat es schon da Jessica Goltsche, die seit September 2020 in Mülheim in der Frauenmannschaft Football spielt. „Ich habe extra Urlaub eingereicht. Bei mir ist es Standard, dass ich mir den Montag nach allen Playoff-Spielen und nach dem Super Bowl freinehme“, so Goltsche.

Mülheim Shamrocks müssen in diesem Jahr auf das gemeinsame Kino-Erlebnis verzichten

Ganz so wie immer wird es bei den Shamrocks zum Super Bowl in diesem Jahr aber auch nicht laufen. Statt der Gepflogenheit des Buchens eines Kinosaals für alle, wird das gemeinsame Verfolgen des weltweit größten Sportevents des Jahres in die digitale Welt verfrachtet.

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„Das Zusammenschauen hat bei uns Tradition. Es ist etwas, was uns ausmacht, und damit versuchen wir auch dieses Jahr, so gut es geht weiterzumachen. Wir haben extra einen Server eingerichtet, auf dem sich alle zuschalten können. Da haben sich schon große Grüppchen gefunden“, sagt Kosidowski und hofft damit auf eine angemessene Alternative zum Kinosaal.

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Schon einige Tage vor dem großen Match haben die Shamrocks in den Super-Bowl-Modus umgeschaltet und teilen über ihre Kanäle in den sozialen Medien fleißig ein Gewinnspiel mit Fragen rund um die Begegnung und sorgen so neben dem Zusammenhalt im Verein auch für Vorfreude und Spannung.

Die Kansas City Chiefs sind leicht in der Favoritenrolle im Super Bowl

Das verspricht auch das Spiel der Tampa Bay Buccaneers gegen die Kansas City Chiefs selbst, bei dem mit Tampa Bay zum ersten Mal in der Geschichte überhaupt ein Team den Super Bowl im eigenen Stadion – und übrigens vor rund 22.000 Zuschauern - gewinnen kann.

„Ich glaube, das wird ein Spektakel“, so Kosidowski. In der Favoritenrolle ist der amtierende Meister aus Kansas City, der in der Saison einen extrem offensiven, auf Passspiel ausgelegten Stil an den Tag legte und häufig den vierten Versuch noch ausspielte, statt aufs Laufspiel zu wechseln.

Allerdings haben sich die Tampa Bay Buccaneers in den Play-offs gegen die New Orleans Saints und die Green Bay Packers schlussendlich mindestens genauso souverän durchgesetzt wie die Chiefs gegen die Cleveland Browns und die Buffalo Bills.

„Für mich sind die Chiefs relativ klarer Favorit. Sie waren so cool und überragend diese Saison und ich finde, dass die Receiver der Buccaneers sich noch zu viele Fehler leisten“, sagt Thorsten Bartel, der in Mülheim Elternvertreter ist, dessen Söhne ebenfalls im Verein aktiv sind und der am Wochenende zu den Chiefs hält, schränkt aber auch ein: „In den Play-offs waren die New Orleans Saints auch Favorit gegen die Buccaneers, und in der Runde danach waren es die Green Bay Packers.“

Die Tampa Bay Buccaneers haben den Vorteil Tom Brady

Und trotzdem sind es nun die Bucs, die nach der Vince Lombardi Trophäe greifen, sehr zur Freude von Goltsche, die selbst auch Buccaneers-Fan ist. Sie sagt: „In der Offense sind beide Teams meiner Meinung nach gleich stark. Beide haben vergangenes Jahr sehr gut gedraftet und Spielern eine Chance gegeben, die woanders verstoßen wurden. Aber ich glaube auch als Bucs-Fan, dass die Chiefs gewinnen werden, auch wenn ich es natürlich nicht hoffe.“

Während bei Bartel und Goltsche das Pendel der Voraussage demnach doch Richtung Kansas City ausschlägt, ist Kosidowski zwiegespalten – wegen Tom Brady, der Quarterback-Legende der Tampa Bay Buccaneers.

„Ich glaube, er ist der Difference-Maker, den die Bucs brauchen. Ich sehe bei den Chiefs auch enorme Anfälligkeiten in der Defensive. Das Allgemeinpaket spricht trotzdem für sie, aber genau das könnte Brady den Extra-Kick geben“, so Kosidowski.

Tom Brady könnte mehrere Rekorde brechen

Denn auch der Super Bowl ist freilich wieder ein Duell der Quarterbacks. Auf der einen Seite ist da eben der 43-jährige Brady, der nun zum zehnten Mal im Super Bowl steht, den Titel schon sechsmal gewinnen konnte, die Buccaneers direkt im ersten Jahr nach seinem Wechsel von den New England Patriots und zum ersten Mal seit 2003 wieder ins Endspiel führte.

Gewinnt er mit Tampa Bay den Super Bowl, wäre das sein siebter Titel, häufiger hat noch kein einziges Team die Trophäe hochgereckt. Er ist der erst zweite Quarterback nach Craig Morton, der in beiden NFL-Conferences den Super Bowl erreichte, der vierte, der mit zwei verschiedenen Teams im Endspiel stand, und wäre nach Peyton Manning der zweite, der den Super Bowl mit zwei verschiedenen Mannschaften gewinnt.

„Es ist unfassbar, was er erreicht hat. Er ist mit seiner ganzen Erfahrung und Nervenstärke das Zünglein an der Waage“, sagt deshalb auch Bartel und Kosidowski ergänzt: „Ich glaube, dass er in den entscheidenden Situationen ein Quäntchen cooler sein wird als Patrick Mahomes.“

Patrick Mahomes: "Er ist längst eine Legende"

Dieser steht auf der anderen Seite, ist der Quarterback der Kansas City Chiefs und mit seinen 25 Jahren quasi in der Rolle des Schülers gegen den Lehrmeister, könnte man meinen. Allerdings ist es für ihn nun auch bereits die zweite Teilnahme am Superbowl in seiner erst dritten Saison als Starter-Quarterback, weshalb Goltsche auch sagt: „Mahomes ist längst eine Legende.“

Das sieht Bartel zwar noch nicht so, sagt aber auch, dass der Texaner „eine Ausnahmeerscheinung“ sei. „Was ihn ausmacht, sind die Mentalität und der Glaube, es immer zu packen, ganz egal, wie hoch das Team zurückliegt. Er ist super mobil auf den Beinen und haut auch mal überraschende Würfe aus der Hüfte raus“, sagt Bartel.

Sein Vereinskollege pflichtet ihm da voll und ganz bei: „Der Mann ist unberechenbar und wirft mit Armwinkeln, bei denen jeder Handballer durch die Biegung im Ellbogen nervös wird. Er agiert zudem physisch auf einem Level, das Brady nie hatte, und läuft auch einfach mal 20 Meter quer, um noch einen Passempfänger zu finden. Das einzuschränken, wird ein Schlüssel sein", zeigt sich Kosidowski beeindruckt.

Brady hätte dem indes seine Erfahrung entgegenzusetzen. Kosidowski: "Und da wird das Mentalitätsspiel zwischen den beiden Quarterbacks sehr interessant sein. Es ist ein Spiel, das auch im Kopf entschieden werden wird.“

Die Mülheim Shamrocks setzten alles daran, auch selbst im Fernsehen aufzutauchen

Während Kosidowski genau deshalb auf Tom Brady und die Buccaneers setzt, erwarten die anderen beiden einen Sieg der Chiefs. „Mahomes wird sich durchsetzen, traurig, aber wahr“, befürchtet Bucs-Anhängerin Goltsche und Bartel sagt: „Es wird wichtig sein, welcher Quarterback den besseren Tag hat. Ich glaube aber, die Chiefs liegen am Ende vorne. Denn ich finde ihre Spielzüge viel innovativer als die eher konservativen der Buccaneers. Ich rechne mit ganz vielen Punkten, vielleicht schaffen beide Teams über 30n und dann könnten die Spielzüge der Chiefs entscheidend sein.“

Völlig unabhängig davon, welches Team sich in den USA am Ende der Partie Super-Bowl-Sieger nennen darf, geht es in Deutschland für die Mülheimer auch um etwas anderes. Denn was die Profis und die Amateure eint, ist die Leidenschaft für den Sport – und eventuell ein mal etwas länger andauernder und mal etwas kürzerer Moment Ruhm.

Denn möglicherweise schafft es ja jemand der Shamrocks mit einem Foto seines Outfits für das Spiel in die Live-Übertragung des Senders Pro Sieben zu kommen. Bartel: „Das ist auf jeden Fall das Ziel. Und dafür ist von uns sogar ein Überraschungspreis ausgeschrieben.“

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