Mülheim. Kaum ein Fußballverein aus Mülheim hat so viele bekannte Namen hervorgebracht wie der SV Rot-Weiß Mülheim. Am Samstag wurde er 100 Jahre alt.

Quizfrage an die Mülheimer Sportexperten: Welcher heutige Verein begann seine Geschichte als Turn- und Sportvereinigung (TuSpo) Mülheim-Ruhr? Der Bezug zum gleichnamigen Saarner Verein wäre zu einfach. Die damals bis heute bestehenden Vereinsfarben rot und weiß geben den ersten Hinweis. Tatsächlich heißt der gesuchte Klub seit 1930 SV Rot-Weiß Mülheim. Am Samstag wurde er 100 Jahre alt.

Denn vor der Umbenennung in den heute bekannten Namen hatte der Verein schon stolze zehn Jahre auf dem Buckel. Genau genommen begann die Historie schon unmittelbar nach dem ersten Weltkrieg, als der Fußball offiziell in das Programm des Mülheimer Turnvereins 1856 aufgenommen wurde. Allerdings standen die Turner dem Fußball damals ablehnend gegenüber, so dass die Kicker einen eigenen Verein gründeten.

Kuriose Abteilung zu Beginn: Theater und Gesang

Neben dem Fußball gab es aber schnell auch die Abteilungen Leichtathletik, Schwimmen und Frauenturnen. Zudem gab es eine Musik- und Theatergruppe sowie später auch eine Gesangsabteilung.

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Gespielt wurde zunächst auf dem Kahlenberg, wo aber noch andere Vereine beheimatet waren. Da die meisten Mitglieder im Norden der Stadt wohnten, suchte der Verein dort nach einer neuen Heimat – und fand sie mit der alten Aschenkippe an der Aktienstraße gegenüber der Johanniskirche. Neun Monate lang schufteten die Vereinsmitglieder. Da die vorhandene Schuttmasse nicht ausreichte, mussten 9000 Kubikmeter Schutt vom „Panhasberg“ am Bahnhof Eppinghofen an die Aktienstraße gebracht werden.

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Umzug an die Bruchstraße im Jahr 1924

Einer der bekanntesten Ex-Rot-Weißen: Hans-Günter Bruns.
Einer der bekanntesten Ex-Rot-Weißen: Hans-Günter Bruns. © imago sport

1924 erfolgte der Umzug an die heutige Wirkungsstätte an der Bruchstraße. Die Anlage wurde 1926 eingeweiht. „In unseren ersten Jahren wurde also vor allem gebaut und es gab kaum Sport“, musste der heutige Vorsitzende Christian Bär in seiner Jubiläumsrede feststellen.

Vier Jahre später – 1930 also – erfolgte die bereits erwähnte Umbenennung in SV Rot-Weiß. In dieser Zeit machte sich vor allem Ernst Stiepel um den Verein verdient. Er war 20 Jahre lang erster Vorsitzender. Weitere Meilensteine waren der Aufbau der Lichtanlage 1964/65 sowie der Aufstieg in die Landesliga in den 80ern.

Wofür RWM steht, ist die Tatsache, dass kaum ein Verein in Mülheim so viele bekannte Spieler hervorgebracht hat.

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Bruns schaffte es bis in die Nationalmannschaft

Bei der Verabschiedung des alten Ascheplatzes war auch Willi Landgraf mit dabei.
Bei der Verabschiedung des alten Ascheplatzes war auch Willi Landgraf mit dabei. © Rot-Weiß Mülheim

n allererster Linie Hans-Günter Bruns, der es sogar (wenn auch nur in vier Spielen) bis in die deutsche Nationalmannschaft gebracht hat. 366 Bundesligaspiele stehen in seiner Vita – die meisten davon für Borussia Mönchengladbach, mit der er 1979 auch den UEFA-Pokal gewann. Bruns war auch beim offiziellen Festakt am Samstagabend im Atrium zu Gast.

Daneben wird Mülheim wohl für alle Zeiten den Rekordspieler der zweiten Bundesliga stellen: Willi Landgraf. 580 Spiele bestritt der bei Rot-Weiß (nur 1,66 Meter) groß gewordene Fußballer im deutschen Unterhaus. Immerhin auf 321 Spiele in Liga zwei kommt Dirk Pusch. Als Trainer kehrte er zwischen Sommer 2015 und März 2019 an die Bruchstraße zurück.

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Ohne Kunstrasen liefen zunächst die Mitglieder weg

Der Rot-Weiß-Platz aus der Vogelperspektive
Der Rot-Weiß-Platz aus der Vogelperspektive © Hans Blossey

Von solchen Zeiten ist der Verein momentan weit entfernt. Als in der Umgebung nach und nach die Kunstrasenplätze entstanden, liefen RWM die Mitglieder weg. Seit 2018 wird auch in Eppinghofen auf einem neuen Grün gespielt. „Seitdem geht es wieder nach oben, der Verein hat sich stabilisiert“, freut sich Christian Bär.

Sein Klub beherbergt heute Spieler aus zehn Nationen. „Integration ist eine Herausforderung, die das Vereinsleben verändert und belebt“, so der Klubchef. Die Jugendabteilung liegt dem Vorsitzenden besonders am Herzen. „Wir werden stark daran arbeiten, um sie wieder dorthin zu führen, wo man Rot-Weiß früher kannte“, verspricht Bär. Um irgendwann vielleicht doch wieder einen neuen Bruns, Landgraf oder Pusch hervorzubringen.

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Handballer gehen bei der HSG Mülheim auf Torejagd

Heute Darts und Pilates neben Fuß- und Handball

Neben den Fußballern stellte Rot-Weiß Mülheim in seinen Anfangsjahren auch eine damals ganz bekannte 4x100-Meter-Staffel in der Leichtathletik.

Die Schwimmer machten sich nach einiger Zeit unter dem Namen Schwimmverein Stern selbstständig. Aus ihm wurde später der Schwimmverein Sportfreunde und anschließend die bis heute existierenden Wassersportfreunde.

Heute gibt es neben den Fuß- und Handballern noch eine Dartsmannschaft und eine Pilatesgruppe unter dem Dach von RWM.

Auch im Handball geht Rot-Weiß Mülheim seit Jahren auf Torejagd – bloß taucht der Name nicht mehr in Ergebnissen und Tabellen auf.

Im Jahr 1995 taten sich die Rot-Weiß-Handballer mit dem Mellinghofer TV zusammen. Als SG MTV/Rot-Weiß bestritt man die ersten Jahre, ehe daraus die HSG Mülheim wurde. Die stieg 2005 in die Verbandsliga auf und war über Jahre die ranghöchste Herrenmannschaft der Stadt. Seit 2018 spielen die Mülheimer in der Landesliga.

Mit Kurt Hoffmann zieht ein langjähriger Rot-Weißer die Fäden im Vorstand. „Den Handballbereich sehen wir bei ihm seit Jahren in den besten Händen“, lobte der RWM-Vorsitzende Christian Bär.