Herne. Er wurde als Frau geboren, lebt aber seit zwei Jahren als Mann. Im Fußball, sagt Joshua Koj, „kann ich ich sein“.

  • Joshua Koj wurde als Frau geboren, lebt aber seit zwei Jahren als Mann.
  • Der leidenschaftliche Fußballer berichtet von seinem Outing und darüber, wie die Reaktionen wären.
  • Als Spieler legt er grade eine Auszeit ein, will aber auf Sicht bei den Männern mitspielen.

Joshua Koj wurde als Frau geboren, seit zwei Jahren ist er ein Mann. Der 26-Jährige ist Fußballer durch und durch und erzählt von seiner Leidenschaft, von der Phase der Selbstfindung, von seinem Outing, den Reaktionen und darüber, wie er sich die Zukunft im Fußball vorstellt.

Eine Sache stand für Joshua Koj schon früh fest: Ohne Fußball geht es einfach nicht. „Seitdem ich denken kann, spiele ich Fußball. Das wollte ich immer machen“, sagt der 26-Jährige. Zunächst ganz unbewusst hat er sich so schon von frühester Kindheit an im Sport eine zweite Familie aufgebaut. Eine, die seine Interessen teilt, die auch in schwierigen Phasen für ihn da ist. Und die ihn so akzeptiert, wie er ist.

Das Outing machte Joshua Koj im Jahr 2022

Das hat sich vor allem in den letzten beiden Jahren als Segen erwiesen. 2022 outete sich Joshua Koj zunächst vor dem damaligen Trainerteam der Frauen-Mannschaft der SpVgg Horsthausen, danach vor der Mannschaft als Trans-Mann. „Ich habe lange drumherum geredet und vorher viel darüber nachgedacht, wie ich es sagen soll“, erinnert er sich. „Die erste Reaktion war dann: ‚Poah, wir dachten du hörst auf.‘“

Eine Last fiel in diesem Moment von seinen Schultern. „Ich habe mir vor meinem Outing schon Sorgen gemacht. Ich wusste ja nicht, wie es ankommt“, sagt Koj. Das gute Gefühl, das er schon bei seinem Wechsel nach Horsthausen 2020 hatte, hatte ihn nicht getrogen. Die Unterstützung ist ihm wichtig, auch dass es danach in der Mannschaft kein großes Thema mehr war. Er war einfach Joshua, die Nummer 3. „Es war wichtig für mich, den Fußball zu haben, weil er immer ein Bestandteil meines Lebens war und ist.“

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So groß die Akzeptanz in der Mannschaft auch war, auch Koj dürfte sich damals schon bewusst gewesen sein, dass es nicht überall so ankommen würde. „Es gibt immer Leute, die es nicht akzeptieren.“ Beleidigungen oder Anfeindungen, die von der Seitenlinie auf ihn einprasseln mögen, bekomme er während eines Spiels gar nicht mit.

Eine Szene abseits des Platzes blieb aber haften. Ein Schiedsrichter sah, wie er die Männer-Toilette benutzte. Der Unparteiische habe sich dann bei seinen Mitspielerinnen nach ihm erkundigt. „Das war ein negatives Erlebnis, weil er nicht direkt auf mich zugekommen ist“, sagt Koj. Auch das von Außenstehenden einfach hingeworfene: „Du hast nichts mehr im Frauenfußball zu suchen“, habe ihn getroffen. „Da hat Hass mitgeschwungen.“

Joshua Koj trifft auf viel Unterstützung, aber manchmal auch Hass.
Joshua Koj trifft auf viel Unterstützung, aber manchmal auch Hass. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Um sich von solchen Anfeindungen aus der Bahn werfen zu lassen, bedeutet ihm sein Sport aber zu viel. Der war und wird immer sein Begleiter sein. „Im Fußball kann ich ich sein. Er ist der Bereich, in dem ich mich ausleben kann“, sagt Koj. „Ich versuche trotz allem, das Positive zu sehen.“

Joshua Koj hatte das Gefühl, „dass ich nicht wirklich ich bin“

Bis Joshua Koj zu sich selbst gefunden hat, wie er sagt, hat es allerdings gedauert. Es gab nicht den einen Moment, in dem er gemerkt habe: Ich bin ein Mann. „Es gab in der Grundschule die Zeit, in der ich gesagt habe: ‚Ich wäre gerne ein Junge.‘ Da habe ich mir aber noch keine Gedanken über mein Geschlecht gemacht.“ Frauen könnten kurze Haare tragen oder in der Männerabteilung shoppen, „das hat ja erstmal nichts zu bedeuten“.

Über die folgenden Jahre hat er das Thema an die Seite geschoben. „Ich habe das irgendwie verdrängt, mich nicht damit auseinandergesetzt“, erzählt er. „Ich weiß gar nicht mehr, wie es dann nach und nach dazu kam. Was der Anfang gewesen ist.“ Aber über die gesamte Zeit begleitete ihn das innere Gefühl, „dass ich nicht wirklich ich bin“. Die Pandemie bot ihm Zeit und Raum, sich mit diesem Gefühl anzufreunden und mit der Transition zu beginnen.

Seit 2023 feiert er einen zweiten Geburtstag

Im Juni 2022 begann Koj dann mit der gegengeschlechtliches Hormontherapie. Vor einem Jahr erfolgte auch die Mastektomie, die Entfernung der Brustdrüsen. Der Weg der Transition sei aber für jeden unterschiedlich, betont er. Seine psychotherapeutische Begleitung erfolgte in Düsseldorf, dort fühlte er sich sehr gut aufgehoben. „Es war schwierig, einen Platz dafür zu finden. Es ist enttäuschend, wenn sich niemand verantwortlich fühlt“, sagt er.

Bei einem abschließenden Gespräch vor der Namens- und Personenstandsänderung mit Gutachtern hatte er Glück. Da hatte er von Anderen schon wahre Horrorgeschichten gehört, mit Fragen, die über das Persönliche hinausgegangen waren. „Es ist schon fragwürdig, dass so etwas dann noch von außen bewertet werden muss.“ Aber mit seinen Gutachtern hatte er Glück.

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Seit dem vergangenen Jahr hat Joshua Koj nun auch noch einen zweiten Geburtstag. Den 7. Februar 2023. Seit diesem Tag ist seine Namens- und Personenstandsänderung offiziell. Im Fußball verlief das alles einigermaßen problemlos. Vom Verband gab es, nach seinen Informationen, keine Einwände, dass er nun noch eine Saison im Frauenfußball spielen kann.

Männer-Kreisliga? „Wie kommt das dort an?“

Die nächsten Schritte will er aber im Männer-Fußball machen, wahrscheinlich in der Kreisliga. „Ein paar Vorbehalte habe ich da schon“, sagt Koj. „Ich habe ein Stück weit Angst vor der Kreisliga. Wenn ich sage: ‚Ich bin ein Trans-Mann.‘, wie kommt das dort an? Dann heißt es vielleicht, ich sei ja gar kein Mann. Was so etwas angeht, ist der Frauenfußball doch offener als der Männerfußball. Aber es gibt sicherlich auch dort tolerante Ansichten.“

Seine Spieler-Karriere hat er dennoch erstmal auf Eis gelegt. In der kommenden Saison wird er den Trainerstab um Pascal Schumacher unterstützen. Ans Aufhören denkt Joshua Koj noch lange nicht. Einfach nur Fußballer sein - als Vorbild empfindet er sich nicht. „Ich finde es aber wichtig, Sichtbarkeit zu schaffen und den Leuten zu zeigen, dass es Trans-Menschen gibt, die einfach ohne Sorgen Fußball spielen und ihrem Hobby nachgehen wollen.“ Es gebe viele Trans-Menschen, die aufhören würden. „Das ist schade. Ich bin froh, dass ich weitergespielt habe.“ Und wenn er anderen mit seiner Geschichte Mut machen kann, „ist das sehr schön. Man muss nicht nur Sorgen haben.“

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