Herne. Der Herner TC führt zur Halbzeit schon 34:18 bei ALBA Berlin. Doch dann nimmt das Drama seinen Lauf – zum 59:65 nach erneuter Verlängerung.
Aus und vorbei. Der Herner TC ist im Kampf um die deutsche Meisterschaft zum zweiten Mal in Folge bereits in der ersten Playoff-Runde ausgeschieden. Und das auf bittere, ja geradezu tragische Weise. Denn wie schon im Hinspiel spürten Hernes Basketballerinnen den Sieg auch in der zum Bersten gefüllten Sömmeringhalle schon fast in ihren Händen, wieder mussten sie in letzter Sekunde den Ausgleich hinnehmen und hatten dann in der Overtime der Leidenschaft und Euphorie von ALBA Berlin nichts mehr entgegenzusetzen.
Nach ihrem 65:59 (55:55, 18:34)-Erfolg tanzten jubelnde Berlinerinnen übers Parkett, während die HTC-Frauen mit betretenen Mienen in die Kabine trotteten.
Herner TC: Ärger und Enttäuschung
Ärger und Enttäuschung waren mehr als verständlich. Denn nötig war diese Niederlage nun absolut nicht. Obwohl personell geschwächt - Headcoach Marek Piotrowski war erkrankt nicht mitgefahren, Sarah Polleros saß nur für den Notfall auf der Bank – dominierten die Hernerinnen die erste Hälfte eindeutig. Zwar leisteten sich auch die Gäste den einen oder anderen Ballverlust, aber das konnten sie verkraften, ließen sie doch unter dem eigenen Korb kaum etwas zu.
Das Herner Trainerteam hatte das Hinspiel offenbar gut analysiert und die richtigen Mittel gefunden, um Schlüsselspielerinnen wie Grigoleit, Thomas oder Mulligan an die Kette zu legen. Und weil ALBA Nerven zeigte und etliche leichte Korbleger ausließ, konnte sich der HTC von einem 0:4-Rückstand (1.) bis zum Ende des ersten Viertels eine komfortable 16:8-Führung erspielen.
Veronika Liubinets spielt eine bärenstarke erste Halbzeit
Im zweiten Viertel das gleiche Bild. Herne blieb obenauf, hatte dank Kristina Topuzovic und der bis zur Pause bärenstarken Veronika Liubinets auch beim Rebound klare Vorteile und konnte einige schön herausgespielte Angriffe auch mit freien Dreiern veredeln. Beim 11:22 (13.) war der Abstand erstmals zweistellig, und als es mit einer Herner 16-Punkte-Führung (34:18) in die Halbzeit ging, fiel es sicherlich auch den rund 2500 Berliner Zuschauern schwer, noch an eine Wende zu glauben.
Vielleicht hatten die HTC-Frauen ähnliche Gedanken und das Spiel innerlich schon gewonnen. Denn nach Wiederbeginn war von der Herner Herrlichkeit nichts mehr zu sehen. Fast fünf Minuten lang warteten sie auf ihren ersten Punkt, und bevor Topuzovic einen von zwei Freiwürfen nutzte, war ALBA mit einer 12:0-Serie wieder auf Tuchfühlung gekommen.
Plötzlich war die Euphorie da, die auch auf das Publikum übergriff und die Halle zum Hexenkessel machte. Herne konnte sich zwar noch einmal leicht absetzen (32:39/27.), aber die Gastgeberinnen glaubten jetzt an ihre Chance, verteidigten noch galliger und ließen kaum noch freie Würfe zu. Mehrfach schaffte es der HTC nicht, in 24 Sekunden einen annehmbaren Abschluss zu kreieren. So kam ALBA bis zum Viertelende auf 38:40 heran, und man konnte ahnen, was im letzten Abschnitt auf Herne zukommen würde.
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Zunächst schien Berlin das Momentum auch nutzen zu können. Zwar eröffnete Stella Johnson das Schlussviertel mit zwei Punkten für Herne, aber dann rollte die ALBA-Lawine auf die entkräftet wirkenden Gäste zu und nach einem 7:0-Run zum 45:42 (33.) für Berlin kochte die Halle. Noch aber gab sich Herne nicht geschlagen. Die unermüdliche Kämpferin Topuzovic war es, die mit einem fulminanten Dreier den Herner Überlebenswillen dokumentierte.
Als nach ihr auch Ilse Kuijt und Katarzyna Trzeciak von außen trafen und Tayler Mingo endlich mal ein Korbleger gelang, war Herne wieder mit sechs Punkten vorn (47:53/37.) und der Sieg greifbar.
55:55 für Berlin fällt eine Zehntelsekunde vor Schluss
73 Sekunden waren noch auf der Uhr, da hatte Herne bei einer 55:51-Führung Ballbesitz. Mingos Schrittfehler ermöglichte Laina Snyder 30 Sekunden vor Schluss den Korb zum 53:55, der HTC spielte den nächsten Angriff lange aus. Den Wurf nahm schließlich Trzeciak, doch ihr Dreier aus der Ecke prallte vom Ring zurück. Der Ball kam zu Snyder, und die dribbelte über das halbe Feld und legte ihn eine Zehntelsekunde vor Schluss zum 55:55 in den Herner Korb.
Trainer Predrag Stanojcic konnte es nicht fassen. „Da müssen wir Snyder doch mit Foul stoppen, wir hatten doch erst drei Teamfouls“, haderte der Coach später. „Ich habe es laut gefordert, aber die Spielerinnen haben nicht nachgedacht.“
Nervenspiel in der Verlängerung
So ging es in die Verlängerung, und die geriet zum Nervenspiel. Zweieinhalb Minuten fiel nichts durch die Reusen. Bis Lisa Gohlisch mit einem weiten Dreier zum 58:55 (43.) die Tribünen zum Beben brachte. Das war zu viel für die Herner Nerven. Trzeciak patzte zweimal an der Linie, den Gegenzug nutzte Kreyenfeld zum 60:55. In den Schlusssekunden hielten Liubinets und Trzeciak mit zwei Körben zum 61:59 die Spannung hoch, aber Topuzovics Dreier fiel nicht, und ALBA blieb an der Linie nach schnellen Herner Fouls eiskalt und machte den Halbfinaleinzug klar.
Aus Predrag Stanojcic sprach die schiere Enttäuschung. „Wir haben in der ersten Halbzeit genau das gespielt, was wir spielen wollten. Das war gut. Aber in der zweiten Halbzeit war davon nichts mehr zu sehen“, wunderte sich der Herner Trainer. Wie dieser krasse Einbruch zu erklären sei, das wusste er kurz nach dem Spiel auch nicht. „Jetzt sitzen die Spielerinnen in der Kabine und weinen. Aber jetzt ist es zu spät.“
ALBA Berlin – Herner TC 65:59 (8:16, 10:18, 20:6, 17:15; Overtime: 10:4)
ALBA: Snyder (19/1 Dreier), Gohlisch (16/2), Thomas (9/1), Stammberger (7), Grigoleit (6), Mulligan (3), Feldrappe (3), Kreyenfeld (2), Reuß, Höfermann, Rosemeyer, Schwartau.
HTC: Topuzovic (14/2, 12 Rebounds), Trzeciak (13/3), Liubinets (10), Zolper (8/1), Johnson (6), Salmi (3/1), Kuijt (3/1), Mingo (2), Polleros, Szajtauer, Tkachenko.
Statistik (ALBA – HTC): Zweier: 41 % (20/49) – 42 % (15/36); Dreier: 24 % (4/17) – 31 % (8/26); Freiwürfe: 72 % (13/18) – 56 % (5/9); Rebounds: 37 – 43; Assists: 16 – 10; Steals: 11 – 14; Turnovers: 23 – 29); Fouls: 16 – 20.
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