Bochum/Herne. Aus einer kleinen Gruppe wurde eine 10.000 Leute starke Facebook-Aktion. Ziel von Jenny Trzinski & Co: Sie wollen trotz Corona Eishockey gucken.
Unter der Woche gab es gute Nachrichten für den Herner EV: Auch die Eishockey-Oberliga-Clubs können Bundeshilfen beantragen, um die Corona-Pandemie zu überleben. Ein großer Schritt Richtung Oberliga-Spielbetrieb ist das auf jeden Fall. Klar ist aber auch: Ohne Fans geht fast gar nichts. Ein Geister-Spielbetrieb ist nicht finanzierbar.
Deshalb setzen sich deutschlandweit Eishockey-Fans dafür ein, dass ihre Anliegen von der Politik beachtet werden. Sie organisieren sich unter anderem in der Gruppe „Back to Hockey“, innerhalb einer Woche haben sich rund 10.000 Mitglieder gefunden.
Gestartet hat das ganze eine Hernerin: Jenny Trzinski, 40 Jahre alt, wohnhaft in Bochum, und vor allem: „ganz normaler Eishockeyfan“.
Herne-Fan Trzinski: „Meinetwegen nehme ich einen Einkaufswagen mit“
Trzinskis Ziel ist das, was auch Tausende Eishockeyfans wollen: Sie will wieder in die Eishalle, ihrem Team beim Spielen zusehen. Die Forderung: Unter Einhaltung von Hygienekonzepten sollen Fans in die Eishallen dürfen.
„Ich setze eine Maske auf, kann auch auf mein Bier verzichten, meinetwegen nehme ich einen Einkaufswagen mit“, sagt Trzinski, „das müsste doch möglich sein. Aber es gab ja überhaupt keine Bewegung, überhaupt nichts Greifbares in dieser Richtung.“
Mitgliederzahl der Facebook-Gruppe übersteigt die 10.000er-Marke
Nach einem Gespräch mit HEV-Geschäftsführer Jürgen Schubert entschloss sie sich dann, eine Facebook-Gruppe zu gründen. „Zwei Tage lange hatte ich die Gruppe aber noch unsichtbar gestellt, weil ich mir nicht sicher war. Ich habe dann ein paar Leute aus meiner privaten Freundesliste eingeladen und dachte, da kommen sicher 30 oder 40 zusammen. Am zweiten Tag wusste ich: Das hört nicht auf.“
Freitagmittag überstieg die Mitgliederzahl die 10.000er-Marke, Tendenz steigend (zur Facebookgruppe geht es hier).
Nicht alle Leute sind willkommen
Zusammengeschlossen haben sich längst nicht nur Oberliga-Fans, sondern auch Anhänger von DEL- und DEL2-Teams. Dabei sind nicht alle Leute willkommen: „Wir sind keine Corona-Leugner“, stellt Trzinski klar.
In der Gruppe postete sie: „Wir schaffen das auch ohne Rechte, Verschwörungstheoretiker und Reichsbürger.“
Charmante Idee gefunden: Pucks für Präsidenten
Auf die Straße gehen wollten sie deshalb auch nicht, „wir haben eine charmante Idee des Protests gesucht.“ Ein Gruppenmitglied entwickelte dann die Idee „A puck for every president“: Die Fans sollten kleine Päckchen mit einem Eishockeypuck und einem kurzen Brief an ihre Ministerpräsidentin oder -präsidenten senden, um auf das Anliegen aufmerksam zu machen – Armina Laschet genau wie Markus Söder oder Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher.
„Ich weiß, dass Armin Laschet den Brief nicht selbst aufmacht“, sagt Trzinski, „aber ich stelle mir vor, dass das auf der Poststelle oder im Vorzimmer schon für Aufsehen sorgt und sich herumspricht, dass plötzlich ganz viele Pucks mit der Post kommen.“
Auch HEV-Trainer Danny Albrecht macht mit
Mehrere hundert Leute hätten sich beteiligt, „ich hoffe, es werden noch mehr.“ Einer, der mitmacht: HEV-Trainer Danny Albrecht. „Als ich das gesehen habe, war ich erst mal perplex“, sagt Trzinski.
Das Anliegen, wieder Eishockey gucken zu wollen, ist an sich einfach – „aber es ist auch hochkomplex“, sagt Trzinski.
Denn in NRW gilt zurzeit bekanntlich die Obergrenze von 300 Fans bei Sportveranstaltungen, unabhängig von Sportplatz, Halle oder Stadion. „Es ist klar, dass wir mit diesem Pandemiegeschehen die Hallen nicht vollpacken können. Aber zum Beispiel mit einem Drittel der Zuschauerzahl und Masken müsste es doch gehen, damit wäre schon viel erreicht.“
Lichtblick am Freitag beim „Sportgipfel“
Die Hoffnung: Dass die Vereine in Zusammenarbeit mit den Behörden genau zugeschnittene Hygienekonzepte erarbeiten dürfen (der HEV zum Beispiel hat ein solches Konzept, darf es aber nicht anwenden). Dafür machen die Fans Druck. Angesichts der Größe der Facebook-Gruppe hat Trzinski inzwischen zwei weitere Administratoren dazugewonnen.
Einen Lichtblick zumindest für Herne gab es am Freitag: NRW-Ministerpräsident Laschet kündigte nach einem „Sportgipfel“ an, die Coronaschutzverordnung so zu überarbeiten, dass in Fußballstadien mehr als 300 Fans zugelassen werden können. Für andere Sportarten, darunter Eishockey, wolle man darüber verhandeln.
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Dass sich in der Fanszene etwas tut, geht jedenfalls auch an den Aktiven nicht vorbei. HEV-Spieler Michel Ackers sagte kürzlich im Interview mit Radio Herne: „Da passiert gerade etwas, auch bei den Fans, was zeigt, dass auch der Eishockey-Sport von seinen Fans lebt.“ Und, das hat auch Jürgen Schubert oft genug klargestellt: Nur mit ihnen überlebt.
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