Essen. Erst droht der Traum zu platzen, dann läuft alles gut – und dann rennt Ruderer Finn Wolter hilfesuchend über den Regatta-Platz am Baldeneysee.
Plötzlich drohte der Traum zu platzen. Als Finn Wolter am vorletzten Wochenende mit Erkältungssymptomen aufwachte und die Signale seines Körpers klar dafür sprachen, die nächsten Tage nirgendwo anders als im warmen Bett zu verbringen, begann das Kopfkino.
„Da war schon große Angst. Ich hatte eigentlich große Pläne. Wir mussten den leichten Doppel-Zweier irgendwie gewinnen und uns für die WM qualifizieren. Alles andere stand im Hintergrund“, sagt der Sprockhöveler Ruderer (RC Witten).
Wolter hatte sich die vergangenen Wochen Meter für Meter auf dem Wasser geplagt, sich Schritt für Schritt verbessert – alles, um bei den Deutschen Junioren- und Jahrgangsmeisterschaften der U23 topfit zu sein und sich für die vom 19. bis zum 23. Juli anstehende U23-Weltmeisterschaft im bulgarischen Plovdiv zu qualifizieren. Und ausgerechnet jetzt streikte der Körper.
Finn Wolter verzichtete auf den Start im Einer
Tag für Tag hoffte Wolter auf Besserung, die sich glücklicherweise rechtzeitig einstellte. Nach einem Gespräch mit einer Regatta-Ärztin – Wolter muss nach einem kleinen Eingriff am Herzen nach festgestelltem Herzrhythmusfehler 2021 besonders aufpassen – gab es grünes Licht. Wolter durfte starten. „Ursprünglich wollte ich einen Dreierstart machen, im Einer, Zweier und Vierer starten. Ich hatte mir durchaus Chancen ausgemalt“, so Wolter, der auf den Einer schlussendlich verzichtete.
Doch die Woche, die mit einem Schrecken begann, endete dann doch mit purer Euphorie beim 22-jährigen Sprockhöveler. Zwar merkte er seine Krankheit zu Beginn des Wochenendes, als es in die Bahnverteilungsrennen ging, schon noch deutlich, insgesamt stimmte ihn diese Erfahrung jedoch schon positiv: Das Boot lief deutlich schneller als die Nase.
„Wir konnten beide Bahnverteilungsrennen gewinnen. Und auch am Samstag haben wir im Doppelzweier souverän Rang eins erreicht“, freut sich Wolter. Schon nach 500 Metern hatten er und sein Partner Nikita Mohr (RTHC Leverkusen) einen Vorsprung von sechs Sekunden herausgefahren. Am Ende waren es knapp über sieben Sekunden. Mit 06:53,48 Minuten distanzierte das Duo die Konkurrenz. Das Ziel war erreicht, Plovdiv gesichert.
Eine Stunde vor dem Start des Vierers herrscht Hektik
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Nach dem Erfolg im Zweier wollte es der U23-Weltmeister von 2021 auch im Vierer wissen. An der Seite von Adrian Reinstädtler, Raavi Nasser und Nikita Mohr reichte es mit 06:19,11 Minuten zwar nur für Rang drei, doch auch das sorgte für ein breites Strahlen bei den Ruderern.
Denn zum Einen war das Rennen nur dafür gedacht, den gesetzten Booten auf den Zahn zu fühlen, wie es Wolter ausdrückt und zum anderen ging es auch hier nicht ohne Drama. Eigentlich sollte der Herdecker Moritz Küpper mit ihm Boot sitzen, doch der hatte sich etwas überanstrengt und lag nach einem Sonnenstich mit einer Infusion im Arm im Krankenwagen – eine Stunde vor Rennbeginn.
„Ich wollte mich aber nicht damit abfinden, den Start so kurzfristig abzusagen. Ich bin dann über den Regatta-Platz und habe fast wahllos Leute angesprochen, ob sie nicht mit uns fahren wollen und ob sie das richtige Gewicht von 70 Kilogramm haben“, so Wolter lachend.
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Seine Mühen lohnten sich, als er auf Raavi Nasser traf. Ihn kannte Wolter noch aus gemeinsamen, früheren Zeiten. Mittlerweile ist Nasser eigentlich Trainer beim Hannoverschen Ruder-Club. „Er hat immer Leistungssport betrieben, war aber nie so ganz erfolgreich, hatte nie eine Medaille gewonnen. Als er gesagt hat, er macht es und er genau 70 Kilogramm auf die Waage brachte, haben wir noch etwas beim Schiedsrichter auf die Tränendrüse gedrückt, weil die Ummeldezeit eigentlich schon vorbei war. Aber wir durften starten und haben ihm seine erste Medaille geschenkt. Das hat das Wochenende versüßt“, so Wolter gut gelaunt.
U23-Weltmeisterschaft, Welthochschulspiele – und Olympia?
Nach der U23-Weltmeisterschaft geht es für Finn Wolter zu den World University Games im chinesischen Chengdu. Die Welthochschulspiele finden vom 28. Juli bis zum 8. August statt.
Durch die Qualifikation zur U23-WM haben Wolter und sein Partner Nikita Mohr möglicherweise auch noch Chancen auf Olympia 2024 in Paris. „Wir werden in Bulgarien versuchen, weit nach vorne zu fahren. Wir wollen als U23-Boot schnell sein. Dann haben wir eventuell noch eine Chance“, sagt Wolter.
Für ihn könnte es als Leichtgewicht die letzte Chance sein. Denn ob das Leichtgewichtsrudern olympisch bleibt, ist mehr als fraglich. „Die Konkurrenz ist schon hoch und es hat sich dieses Jahr schon ein Doppelzweier gefunden, der sehr stark ist. Aber wir haben nichts zu verlieren und versuchen natürlich alles. Es ist aber nicht klar, ob es eine Möglichkeit geben wird, den jetzt bestehenden Doppelzweier herauszufordern, oder ob dieser direkt auch für das nächste Jahr nominiert wird“, so der Sprockhöveler.
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