Hattingen. Die Sportfreunde Niederwenigern bleiben gegen den 1. FC Mönchengladbach lange ohne Ideen. Doch dann kommen die perfekten Joker ins Spiel.
Wenn die Sportfreunde Niederwenigern in der bisherigen Oberliga-Saison eins versprachen, dann waren es Tore. Gleich 16 Mal klingelte es in den vier bisherigen wilden Partien. Was bei den Zuschauern überwiegend Freude über das Spektakel auslöst, treibt einem Trainer wohl eher Sorgenfalten ins Gesicht, zumindest in Hinblick auf die Defensivarbeit.
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Gegen den 1. FC Mönchengladbach sollte nun der erste Heimsieg für die Hattinger her, zuvor gab es im Glück-Auf-Stadion ein 4:4 gegen Teutonia St. Tönis und eine 0:3-Niederlage gegen Germania Ratingen. Mit Fokus auf die Defensive tat sich Niederwenigern schwer, offensiv Akzente zu setzen, und kam in den ersten 30 Minuten zum Unmut von SFN-Trainer Marcel Kraushaar, der dies auch lautstark seinen Spielern auf dem Feld mitteilte, zu keinerlei torgefährlichen Aktionen.
Die Mönchengladbacher präsentierten sich indes aktiver, machten ihre eigenen Ansätze aber durch ein sehr konfuses Positionsspiel selbst zunichte. Stets wechselte der Gegner von einem 4-1-3-2 über ein 4-3-3 bis hin zu einem 4-2-4. Statt für Chaos in der Hattinger Deckungsarbeit, sorgte dies aber zunächst nur für Fragezeichen in den Gesichtern der eigenen Akteure. Zu unvorhersehbar war, was die Mitspieler taten.
Sportfreunde Niederwenigern wachen nach einer Großchance für den 1. FC Mönchengladbach auf
Eine Ecke mit viel Schnitt, die Alexander Golz wegfaustete, war noch die gefährlichste Aktion. „Stets bemüht“ war ein Ausdruck, der zu dieser Spielphase gut passte – bis Mönchengladbachs Stürmer Daniel Nkongo in der 40. Minute nach einem Chipball plötzlich frei vor Golz auftauchte, den Versuch, am Torhüter Niederwenigerns vorbeizudribbeln aber ein wenig verstolperte, und so bei seinem Schuss gerade noch so von der Hattinger Defensive gestört wurde.
Es war so etwas wie der Wachruf in dieser Partie, beide Teams legten kurz vor dem Pausenpfiff einen Zahn zu, sodass nun auch die Sportfreunde die ersten Chancen verbuchten. Zunächst trug Dominik Enz die Kugel aus dem Mittelfeld mit weiten Schritten nach vorne und bediente Simon Bukowski, dessen versuchter Schlenzer ins lange Eck abgewehrt wurde. Dann drosch Marc Rapka einen Dropkick nach einem Freistoß über das Tor, ehe sich ein Mönchengladbacher gerade noch in Bukowskis aussichtsreichen Versuch nach Hereingabe von rechts warf.
Der Pausenpfiff kam zur falschen Zeit aus Hattinger Sicht, durchbrach er doch die mit Abstand beste Phase der Hausherren.
Auch in Hälfte zwei finden die Sportfreunde lange nicht zu ihrem SPiel
Mit Florian Machtemes statt Bukowski kehrten die Sportfreunde zurück. Machtemes übernahm die linke Außenposition, Dominik Enz rückte dafür mehr ins Zentrum. Bevor sich zeigen konnte, ob dieser Wechsel den Hattingern mehr Zugriff auf die Partie ermöglichte, mussten sie zunächst einen Rückschlag verkraften.
Mönchengladbachs Kaies Alaisame bediente Nkongo, der links in den Strafraum drang. Sein Schuss wurde abgefälscht, landete aber genau vor den Füßen von Alaisame, der keine Probleme hatte, auf 1:0 zu stellen (52.).
Die Sportfreunde brauchten, um das Gegentor zu verkraften, versuchten mit Ruhe und Besonnenheit zu reagieren. Was aber weiterhin fehlte, war Spielwitz und Kreativität. Der Mönchengladbacher Sechzehnmeter-Raum blieb zu lange unberührt. Das Spiel war fast eine Kopie der ersten Hälfte. Der einzige Unterschied war, dass die Mönchengladbacher nun mehr auf Konter aus waren und auf aggressive Zweikämpfe setzten. „Wir haben wirklich 60 Minuten gebraucht, um uns fußballerisch anzupassen, sodass wir eine Chance haben. Wir haben 60 Minuten überhaupt nicht gut Fußball gespielt, mit dem Ball war es eine Katastrophe. Dann haben wir es aber besser gemacht und wurden ruhiger“, sagte SFN-Trainer Marcel Kraushaar nach der Partie.
Die Hausherren mussten sich etwas einfallen lassen, die Zeit lief ihnen so langsam weg. Kraushaar zog die Karte Yo Kinoshita, der in der 65. Minute David Gonzalez ersetzte.
In der letzten halben Stunde machen die Hattinger richtig Druck
Kurz darauf nutzte Niederwenigern beinahe die allererste, eigene Tormöglichkeit im zweiten Spielabschnitt. Eine Freistoßflanke in Richtung von Enz und Machtemes sorgte für Überraschung in der Mönchengladbacher Defensive, der Torhüter konnte die Situation gerade so bereinigen.
Wie schon in Hälfte eins, brauchten die Sportfreunde auch in Hälfte zwei diesen einen Aufreger, um den eigenen Motor anzuschmeißen. Kurz nach dem Freistoß schoss der aufgerückte Jason-Lee Gerhardt knapp am Tor vorbei.
Dann sah Gerhardt Kinoshita, der sich mit einer sehr starken Bewegung zum Tor aufdrehte und den eingelaufenen Rapka bediente. Frei vor dem Torhüter konnte sich Rapka die Ecke aussuchen und traf links unten souverän zum 1:1-Ausgleich.
Die Joker stechen
Plötzlich kippte die Partie. Die Mönchengladbacher wurden nervös und gerieten durch ein taktisches Foul und die folgende Gelb-Rote-Karte 15 Minuten vor Schluss in Unterzahl, was Mönchengladbachs Sportlichen Leiter Tito Thissiadis so echauffierte, dass er sich an der Seitenlinie daneben benahm und mit der gelben Karte noch gut bedient war.
Niederwenigern war nun am Drücker, den so lange fast utopisch erscheinenden Sieg doch noch verbuchen zu können. Eine scharfe, perfekte Flanke des eingewechselten Paul Schiffer, setzte Rapka, der aufgrund seiner Laufleistung später ein Sonderlob des Trainers erhielt, haarscharf am Tor vorbei. Dann wurde Kinoshitas Treffer aufgrund einer vorherigen Abseitsposition zurückgepfiffen, ehe erneut der extrem auffällige Japaner im Strafraum zu Fall gebracht wurde. Die Partie lief aber weiter, Luca Hauswerth zog aus der Distanz ab, verpasste den Führungstreffer aber um Zentimeter.
Paul Schütte zieht ab – der Rest ist Jubel
Niederwenigern drückte: Rapkas Versuch aus spitzem Winkel wurde zur Ecke geklärt, Hauswerths Schuss flog vorbei. Die Sportfreunde ließen sich davon aber nicht mehr abbringen, machten weiter und belohnten sich tatsächlich noch. Schüttes wuchtiger Linksschuss wurde zunächst noch stark vom Torhüter abgewehrt, nur wenige Sekunden später kam er aus dem Gewühl im Strafraum aber noch einmal zum Abschluss. Statt mit Gewalt versuchte er es diesmal mit der Innenseite und Genauigkeit: zum Glück für Niederwenigern. Der Ball schlug im Tor ein, der Rest war Jubel.
Drei Minuten später war die Partie, die Niederwenigern aufgrund der zwei Druckphasen verdient gewann, drumherum aber auch sehr viel Steigerungspotenzial offenbarte, abgepfiffen.
„Es war ein verrücktes Spiel, in der Summe sehr zerfahren. Am Ende war es ein Sieg der Mentalität. Wir holen nach den Partien gegen TuRu Düsseldorf und Monheim nun zum dritten Mal Punkte durch die Mentalität“, so Kraushaar.
Sportfreunde Niederwenigern: Golz, Gerhardt (73. Schütte), Stahl, Barrera, Lümmer - Hauswerth, Köfler - Rapka (91. Rueter), Gonzalez (65. Kinoshita), Enz - Bukowski (46. Machtemes)
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