Hattingen. Reimund Herberg hat für den PSV Ennepe international Medaillen geholt - heute ist der ehemalige Sportakrobat immer noch elegant unterwegs.
Er hat sich immer als ein großer Kämpfer präsentiert, den eigenen Anspruch so hoch geschraubt, dass er sich selbst jederzeit fordern musste. Das war es, was Reimund Herberg den Antrieb für sportliche Glanzleistungen gab. Der ehemalige Sportakrobat des PSV Ennepe hat so seinen Verein Ende der 1980er-Jahre auf höchster Ebene präsentiert - durch Höchstleistungen gewann der Gevelsberger Silber bei der Europameisterschaft und Bronze bei der Weltmeisterschaft, gemeinsam mit Partnerin Simone Metzmacher.
Seit mehreren Jahren ist er nun allerdings nicht mehr beim PSV Ennepe aktiv, war zuletzt noch Trainer und Betreuer. Doch so ganz lässt ihn seine Sportart doch nicht los, so präsentierte sich Herberg zuletzt auf Kirmesumzügen noch elegant. Das will er auch weiter machen, wenn es ihm wieder besser geht. Er erholt sich im Moment von einem Hausunfall, aber dazu später mehr.
Leben von Reimund Herberg ist vom Sport geprägt
Das Leben von Reimund Herberg war immer von Sport geprägt. „Seit ich fünf Jahre alt bin, habe ich immer irgendwo Sport getrieben“, erzählt der 60-Jährige. Als erstes Fußball, das war aber nicht seine Sportart, Doch schnell merkte er, dass es nicht seine Sportart ist. Über seinen Freund Udo Eberhardt kam er dann zum Handball, was ihm Freude bereitete und wobei er bis zur A-Jugend bei der SE Gevelsberg blieb.
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Nebenbei probierte Herberg noch weitere Sportarten aus: Tischtennis war dabei, Boxen, Schwimmen. Sogar Reiten mal kurze Zeit. „Eben alles, was vor Ort möglich war“, so Herberg, der als junger Erwachsener dann durch seinen Wehrdienst den Vereinssport unterbrach. Zu der Zeit gründete Ingbert Koppe die Sportakrobatik-Abteilung beim PSV Ennepe (1979) und suchte Sportler. Da er Polizeichef in Gevelsberg war, kannte er Herbergs Bekannten Uwe Jesinghaus, der beim Ordnungsamt in Gevelsberg tätig war.
Durch einen Freund kommt der Gevelsberger zur Sportakrobatik
„Uwe hatte mit Sportakrobatik begonnen und mich 1981 zur Deutschen Meisterschaft nach Dortmund mitgenommen. Ich dachte: Das ist eine feine Sache. Nach der Zeit bei der Bundeswehr habe ich mit dem Training in Holthausen begonnen“, erzählt Herberg. Der Startschuss zu einer glorreichen Zeit des Sportakrobaten. Dabei legte er erst locker in der Herren-Vierergruppe los, als Untermann aufgrund der Kraft, die er mitbrachte.
Da es zu Beginn der 80er noch keinen festen Standort für einen Stützpunkt gab, tingelte der damalige Bundestrainer, Micky Novkov, durch Deutschland. Und er hatte Herberg fest im Blick. Denn die Herren-Choreos wurden dynamischer, auch mit Ballett- und Tanzelementen. Herberg brachte den sportlichen Ehrgeiz dafür mit. Und der Bundestrainer erkannte sein Talent, wollte ihn für ein gemischtes Paar haben.
Der Bundestrainer bringt den Leistungssportler auf den Weg nach oben
Das bildete er 1983 zunächst mit Susanne Matecki, gewann die Westfalenmeisterschaft und nahm an Deutschen Meisterschaften teil. 1985 hörte Matecki auf, so wurde Simone Metzmacher aus einem Damen-Dreierpaar Herbergs neue Partnerin. Denn auch sie hatte Micky Novkov beobachtet. „Er war glücklich, als wir ein Paar wurden und hatte große Visionen, sprach vom Nationalteam. Wir standen in der Halle in Holthausen und schauten uns verblüfft an, konnten es gar nicht glauben“, erinnert sich Herberg.
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Doch genau den Weg schlug das Paar ein, mit fünfmal in der Woche Training, am Wochenende sowieso, dazu noch Wettkämpfe auf hohem Niveau. 15 Deutsche Meistertitel sammelten sie insgesamt in verschiedenen Kategorien. Verein und Bundestrainer förderten sie, beim PSV war es Trainerin Karin Jänkel. „Wir haben dann auch selbst an uns geglaubt, im Training ging es vorwärts“, so Herberg. Die internationale Erfahrung kam dazu, als erstes 1986 bei der WM im französischen Rennes, als Nachrücker.
Ein schwerer Nackenschlag vor der Weltmeisterschaft 1988
Dann gab’s einen Nackenschlag, als der Bundestrainer 1988 am Abend vor der WM an einem Herzinfarkt starb. Herberg spricht von einem „schweren Moment in der Karriere“. Mit Vico Kolev gab es einen - wie er sagt - würdigen Nachfolger, der ihn weiter formte. Nach ein paar Weltcups kam 1990 dann der Höhepunkt, bei der Europameisterschaft und Weltmeisterschaft am selben Tag in Augsburg. Herberg und Metzmacher holten EM-Silber und WM-Bronze.
Eigentlich sollte Schluss sein, doch die Einladung zum Weltcup 1991 nach Tokio reizte doch. Allerdings riss Herberg im Training vorher der Trizeps. Einen Auftritt gab es aber doch noch, da im selben Jahr die Deutsche Mannschaftsmeisterschaft in Dortmund stattfand - allerdings einen Tag nach der bereits geplanten Hochzeit von Herberg. „Der Verein wollte mich unbedingt dabeihaben, wusste aber, dass ich nicht wirklich fit sein werde. Am Ende haben wir die höchste Wertung erreicht“, kommentiert er seinen schönen Abgang von der Leistungssportbühne.
Von der Sporthalle in Hattingen zum Kirmeszug nach Gevelsberg
Er war noch lange als Sprungtrainer beim PSV und formte neue Talente mit, bis er sich 2013 zurückzog. Ins Kirmesgeschehen, beim Gevelsberger Verein „Vie vam Kopp“ ist er Vorsitzender, bereits seit 1994. „Der Nachwuchs fehlte, also habe ich damals die Gruppe übernommen“, erzählt Herberg, dessen Eltern bereits Mitglied waren. Mit seinem Verein, dem er neben dem Sport ebenfalls schon als Kind angehörte, hat einige Preise im Wagenbau abgeräumt. 1996 gab’s Platz eins für die Darstellung von „Starlight Express“, „Phantom der Oper“ und „Cats“.
Auch als Einzelgänger ist Herberg seit 2013 erfolgreich. 2020 sollte der letzte einzelne Gang beim Kirmeszug in Gevelsberg sein, wobei Herberg sein noch vorhandenes sportakrobatisches Talent nutzt. Corona verhinderte dies, also möchte der Gevelsberger noch eine Chance nutzen.
Das nimmt er sich nun erst recht fest vor, nachdem er Ende 2020 zuhause unglücklich stürzte und einen Schädelbasisbruch mit Hirntrauma erlitt. Doch er hatte Glück und nun steht die Reha an. Danach möchte der Ex-Sporakrobat sein Leben lang weiter der Kirmes verbunden sein. Das Amt des Vorsitzenden möchte er demnächst an Jüngere übergeben, aber noch mal einen Preis holen - ein echter Kämpfer eben.
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