Hattingen. Der Sportler mit halbseitiger Lähmung verpasst durch eine Verletzung die WM. Um es 2020 zu den Paralympics zu schaffen, wartet harte Arbeit.

Während aktuell die Weltmeisterschaft der Para-Schwimmer in London läuft, schaut Tobias Pollap nur zu. Er hätte genauso dabei sein können, wenn ihn nicht eine Verletzung gestoppt hätte. Der Hattinger ist zwar immer noch etwas traurig, hat die Umstände aber abgehakt und längst sein hartes Training bei der SG Ruhr wieder aufgenommen. Denn er hat das nächste große Ziel vor Augen: die Teilnahme an den Paralympischen Spielen 2020 in Tokio.

Eigentlich lief es gut für Pollap, im Juni startete er noch bei den Deutschen Meisterschaften. Sehr gut sogar, gleich am ersten Wettkampftag schwamm er über 100-Meter-Delphin einen Europarekord (1:12,04 Minute). Doch dann passierte es, wenige Stunden später: an einer Bahnhofstreppe knickte der Schwimmer um und riss sich zwei Bänder am rechten Fuß. Das wusste er zunächst nicht, startete abends noch im Finale über 100-Meter-Delphin, musste aber aussteigen, da die Schmerzen ihn doch stoppten.

Knapp um eine OP herumgekommen

„Laut meinem Arzt bin ich knapp um eine OP herum gekommen, die hätte mich drei Monate außer Gefecht gesetzt“, erzählt Pollap. Er trainierte eine Zeit lang nur die Arme, über Krafttraining. Nach etwa fünf Wochen stieg er wieder ins Wasser, obwohl der Fuß anfangs noch schmerzte. Doch der Druck auf die Leistungsschwimmer ist hoch, wenn sie im Bundeskader stehen und dort bleiben möchten.

Tobias Pollap war schon zweimal bei den Paralympischen Spielen dabei. Dafür muss er allerdings hart trainieren.
Tobias Pollap war schon zweimal bei den Paralympischen Spielen dabei. Dafür muss er allerdings hart trainieren. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Regelmäßig muss Pollap der Bundestrainerin einen Plan schicken, wie sein Training aussieht. Und es wird für ihn nicht leichter, er ist mittlerweile 33 Jahre. Die jüngeren Konkurrenten spürt er international. „Man muss daher realistisch bleiben“, sagt er.

WM-Quali wäre greifbar gewesen

Seine Ambitionen steckt er deshalb allerdings nicht zurück. Tokio ist sein festes Ziel, trotz des Trainingsrückstandes, den er zuletzt hatte. Bereits 2012 in London und 2016 in Rio de Janeiro war der Schwimmer bei den Paralympischen Spielen dabei. Die Ereignisse hat er in Form der Logos auf seiner rechten Brust tätowiert. In seiner Laufbahn hatte er kaum Verletzungen. 2018 aber schon mal einen Bizepssehnenanriss, womit er jedoch trainieren konnte.

Nun musste er lernen, mit Trainingsverbot umzugehen. „Es kribbelte schon, aber ich musste mich zwingen, eine kurze Pause einzulegen“, gibt Pollap zu. Und wenn er sich nicht verletzt hätte, wäre womöglich über 50-Meter-Freistil auch die Qualifikation zur WM in London drin gewesen, schätzt er.

Schwierige Normen sind zu erwarten

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Nun muss er alles geben, um wieder in Form zu kommen und die Spritzigkeit sowie die Schnelligkeit zurück zu erlangen. Nach der WM wird die Weltrangliste aktualisiert, wovon die Norm für Tokio abhängen wird. „Zuletzt hat sich die Norm immer am Sechsten der Welt orientiert. Das war auch vor der EM 2018 schon so. Und der Deutsche Behindertensportverband will sich auf Weltniveau messen“, erklärt Pollap. Um im Bundeskader zu bleiben, muss er die Zeit erreichen, die der Achte der Weltrangliste schwimmt.

Der Schwimmer, der als Einziger in Deutschland aktuell in der Startklasse S7 auf den Block geht, hat sich auf kurze Strecken spezialisiert. Auf 100-Meter-Delphin und 50-Meter-Freistil sieht er Chancen, dazu noch auf 100-Meter-Brust. „Über 50-Meter-Delphin schwimmt die Konkurrenz zwei Sekunden schneller“, weiß Polllap. Zudem bestehe die Gefahr, dass vor den Spielen im Sommer neue junge Konkurrenten hinzukommen. Zehn Plätze sind insgesamt im Bundeskader.

Qualifikation für Tokio ist ab Dezember möglich

Qualifizieren kann sich der Hattinger ab Dezember. Im April 2020 möchte er an der offenen Europameisterschaft in Funchal auf Madeira teilnehmen. 2016 hatte er sich dort bereits über 50-Meter-Freistil für Rio qualifiziert. Gegen eine Wiederholung hätte er nichts. Dann bräuchte er nicht nur zugucken.