Hattingen. . Dass er mal mit Sportlern trainiert hat, die Nationalmannschaftsluft geschnuppert haben, das können nicht viele von sich behaupten. Ich schon: „Hey, ich bin Bob.“ Und ich Liliane. „Ok, Lilly“, sagt Bob. Und später auf dem Spielfeld merke ich, dass die kurzen Namen gut sind zum Zurufen. Bob Doughton (58) ist Rugby-Co-Nationaltrainer und zusammen mit seinem Sohn Liam Doughton (26), der Nationalspieler ist, Trainer beim „Rugby für Familien“ des TuS Hattingen 1863 e.V.

Dass er mal mit Sportlern trainiert hat, die Nationalmannschaftsluft geschnuppert haben, das können nicht viele von sich behaupten. Ich schon: „Hey, ich bin Bob.“ Und ich Liliane. „Ok, Lilly“, sagt Bob. Und später auf dem Spielfeld merke ich, dass die kurzen Namen gut sind zum Zurufen. Bob Doughton (58) ist Rugby-Co-Nationaltrainer und zusammen mit seinem Sohn Liam Doughton (26), der Nationalspieler ist, Trainer beim „Rugby für Familien“ des TuS Hattingen 1863 e.V.

Und weil es ein Angebot für Familien ist, habe ich gleich meinen Vater Bruno (72) und meinen ältesten Sohn Fabio (9) mit zum Training auf dem Rasenplatz am Schulzentrum Holthausen gebracht. Fußball gucke ich gerne. Volleyball mag ich gar nicht. Basketballspielen bereitet mir Freude. Rugby habe ich mal im Fernsehen gesehen – und nicht begriffen. Das soll sich beim Training ändern.

Fabio schnappt sich gleich einen Ball, lässt ihn auf den Boden titschen – und guckt erstaunt, wie er verspringt. Der Rugby-Ball „hat ein kleines Gehirn innendrin“, warnt Bob. Ein Mitspieler sagt: „Man bekommt ein Gefühl dafür. Am Anfang denkt man aber, der macht, was er will.“ Damit er das nicht tut und der Pass meinen Mitspieler erreicht, erklärt Bob: Nie den Ball mit der ganzen Handfläche halten, sondern in der Mitte mit den Fingerspitzen. Und zwar erst auf Zwölf-Uhr-Stellung vor dem Körper. Dann zum Passen in die Sechs-Uhr-Stellung gehen, den Oberkörper zum Mitspieler drehen und die Arme lang durchziehen, sie folgen dem Ball. Idealerweise fliegt der dann gerade auf Fabio. Tut er am Anfang nicht, sondern dreht sich in der Luft um sich selbst. Mit etwas Übung klappt’s dann aber.

Liam und Bob stellen uns Neulinge in einer Dreier-Reihe auf, um den Pass zu üben. Da habe ich schon ein Hemdchen an und gehöre zur gelben Mannschaft – und damit nur noch halb zum Rest der Familie ohne Hemdchen. Zum Warmmachen haben wir nämlich zu Beginn gespielt.

Gepasst wird nur nach hinten

Das passiert ohne Tackling, also Tiefhalten zum Aufhalten des Gegners. Das wirkt im Fernsehen immer recht robust. Wenn Liam es mit einem Mitspieler vormacht, wird klar, dass auch das klaren Regeln folgt. „Wir deuten das Tackling hier nur an, indem wir den Gegner berühren. Mit Vollkontakt spielen wir nicht.“

Das Aufnehmen des Balles üben wir als Trio. Fabio stößt ihn mit dem Fuß an, lässt ihn nach hinten rollen. Der Ball eiert, er hat das andere Bein berührt. Wiederholung. Ich stehe knapp hinter meinem Filius, nehme den Ball auf, spiele ihn zu meinem Vater einige Meter hinter mir. Denn: „Pässe werden beim Rugby immer nur nach hinten gespielt.“ Das umzusetzen, fällt mir enorm schwer, geht es doch sonst bei Spielen meist nach vorn. „Vorbau“ nennt man das Passen nach vorn – das ein Fehler ist. Immer wieder will ich im Spiel vor meinen Teamkollegen mit dem Ball rennen. Bob ruft mich geduldig ein ums andere Mal zurück. „Lilly, fünf Schritte zurück, alle auf einer Linie bleiben.“

Wer den Ball hat, muss rennen – jetzt aber nach vorn. Bis ihn ein Gegner durchs Tackling stoppt. „Egal, Hauptsache wir haben einige Meter gemacht“, ruft Bob. Fluchen ist übrigens verboten – da sind die Trainer streng. Die Fairness ist verblüffend. Wer berührt wurde, gibt das zu. Geht ein Pass daneben, kommt schon mal ein „Sorry, Liam“. Der klatscht in die Hände, motiviert: „Come on!“ Kleine Englischeinheiten gibt’s gleich dazu.

Training fast ohne Altersgrenzen

Vor dem Spiel zum Trainingsabschluss ist für Fabio und Bruno Schluss. Fabio muss zum Schwimmtraining. „Och, das ist so toll, kann ich nicht noch bleiben“, fragt er. Und auch mein Vater, der erst überlegt hatte, ob er sich umzieht und mitmacht oder doch lieber am Spielfeldrand zuguckt, ist begeistert: „Das ist wirklich klasse hier.“

Das Spiel läuft. Immer wieder gibt’s dabei Tipps von den Trainern: „Was ist falsch gelaufen“, fragt Bob Nicky, der gerade den Ball verloren hat. „Du hast den Ball nicht angesehen“, erklärt er. Das Lob folgt schnell danach: „Du hast den Ball gut aufgenommen!“ Selbstbewusster sind hier manche Jugendliche geworden. Ich verstehe warum. Jeder wird akzeptiert. Ab neun Jahren dürfen Kinder mitspielen und dann „so lange, wie man laufen kann“. Jugendliche trainieren mit Senioren, Jungen mit Mädchen, Fortgeschrittene mit Anfängern, die gleich selbstverständlich ins Spiel eingebunden, angespielt und motiviert werden – auch wenn man vielleicht dann eben mal keinen Punkt macht. Obwohl es keinen Leistungsdruck gibt, gibt jeder sein Bestes – aus Spaß am Spiel. Genau darum macht mir Laufmuffel sogar das Rennen Riesenfreude. Dass nebenan das Fußballtraining läuft, nehme ich erst wahr, als wir aufhören zu spielen. So konzentriert war ich bei der Sache. Und bei Freunden singe ich später am Abend das Loblied auf den Sportexport aus Großbritannien.