Zweckel. Während des Studiums ging SV Zweckels Mehmet Önata nach Spanien - und lief nach einem Bolzplatzkick plötzlich in der vierten Liga auf.
Die Studentenzeit ist wohl eine Lebensphase, die kaum jemand vergessen wird. Neben Selbstdisziplin beim Lernen und der oft immer mal wiederkehrenden Geldnot, ist das Studium zumeist vor allem durch eins geprägt: Freiheit.
Die neuen Erfahrungen während des Studiums sind oft die wahren Schätze, auf die man gerne zurückblickt. So auch bei Mehmet Önata (35), der heute im Mittelfeld beim SV Zweckel die Fäden zieht.
Önata, damals 24 Jahre alt, studierte Spanisch und Sport auf Lehramt an der Universität Duisburg-Essen, nachdem sein erster Versuch der Sportwissenschaften in Zürich nichts wurde. „Ich war nach meinem Abitur ein Jahr lang in der Schweiz und habe mich dann auch zum ersten Mal mit der spanischen Sprache beschäftigt, da ich dort viele lateinamerikanische Freunde hatte. Nach einem Kreuzbandriss bin ich wieder nach Deutschland gekommen, habe hier meine jetzige Frau kennengelernt und bin in Deutschland geblieben“, erinnert sich Önata.
Mehmet Önata machte ein Erasmus-Jahr, um sein Spanisch zu verbessern
Die Zeit in der Schweiz war abgehakt, die Faszination für die spanische Sprache aber geweckt. Deswegen meldete sich der heutige Gymnasiallehrer während des Studiums im Ruhrgebiet für ein Erasmus-Jahr in Murcia, im Südosten der iberischen Halbinsel an.
Der Fokus lag klar auf der Sprache, Fußball spielte bei dem Weg gen Süden keine Rolle, auch wenn Önata damals in Deutschland für YEG Hassel in der Landesliga spielte. Doch dann kam es anders: „Es war nicht geplant, im Erasmus-Jahr Fußball zu spielen. Ich wollte mich eigentlich auf die Uni konzentrieren. Aber als ich ankam, war ich noch in der ersten Woche mit einem Freund meines Mitbewohners zocken und er hat mich dann gefragt, ob ich nicht mal zum Training bei seinem Verein kommen möchte“, sagt Önata.
Gestern noch Spieler bei YEG Hassel, heute beim spanischen Viertligisten
Also ging der Deutsche hin, trainierte plötzlich beim Viertligisten El Palmar CF mit - und überzeugte. „Aus einem Training wurden schnell zwei, drei. Insgesamt trainierte ich eine Woche mit. Dann hat der Präsident gesagt, dass er mich gerne verpflichten würde. Damals war ich aber noch bei YEG Hassel angemeldet. Nach drei Wochen habe ich die Zusage bekommen und durfte bei Meisterschaftsspielen mitmachen.“
Schnell kickte sich der Linksfuß nah an die Startelf. I n einem Testspiel traf er fünf Mal, beim ersten Meisterschaftsspiel kam er nach 60 Minuten aufs Feld und besorgte den 1:0-Endstand für El Palmar in der vierten Liga, die Önata, der sich selbst eher als Vorlagengeber als als Knipser sieht, vom Niveau her mit der Westfalen- oder der Oberliga vergleicht.
„Es war anspruchsvoller als die Landesliga hier. Wir hatten einen Top-Kunstrasenplatz. Da musste man technisch schon gut sein“, so der Flügelflitzer, der durch seine Herkunft in Spanien einen Vorteil hatte: „Die Spanier hatten sehr großen Respekt vor Deutschen. Die Disziplin, die Leistung und wie wir in Deutschland an Sachen herangehen, fanden sie sehr gut. Wenn du sagst, du kommst aus Deutschland, fängst du quasi schon mit einer 1:0-Führung an“, so Önata.
„Wenn du die Leute in Murcia verstehst, verstehst du alle Spanier“
Und das, obwohl Spanien zu der Zeit mit ihrem berühmten Tiki-Taka-Fußball zwei Mal in Serie die Europameisterschaft gewann und 2010 Weltmeister wurde. „Da waren die Spanier sehr stolz drauf. Sie sind fußballverrückt, ganz Egal, welche Probleme und welche Krisen sie haben. Beim Fußball kommen sie immer zusammen“, sagt Önata.
Insgesamt acht Monate lang ging er neben dem Studium vier Mal die Woche zum Training. Viel wichtiger als der Sport an sich waren für Önata dabei aber das soziale Leben und die Sprache. Er sagt: „Es war eine super Erfahrung. Der wichtigste Punkt war, dass ich zu spanischsprechenden Menschen komme. Wenn du die Leute in Murcia verstehst, verstehst du alle Spanier, weil sie einen speziellen Slang haben. Und in die Mannschaft wurde ich direkt integriert. Wir waren wie eine Familie. Mit einigen Mannschaftskollegen habe ich auch noch Kontakt. Es war eine sehr schöne Zeit, beim Abschied gab es eine große Feier. Ich möchte die Zeit nicht missen.“
Mit dem SV Zweckel will Önata eine ruhige Saison spielen
Zehn Jahre lang ist das alles nun schon her, die Aktualität heißt Deutschland statt Spanien, Gladbeck statt Murcia, Bezirks - statt vierter Liga. Doch dabei muss es mit dem SV Zweckel ja nicht bleiben, oder? „Der Aufstieg ist nicht das Ziel, da bin ich ehrlich“, so Önata.
Aber: „Wir sind zu Beginn der Saison auf Teams getroffen, die höchstwahrscheinlich oben mitspielen werden. Daher sind wir alles in allem bisher echt zufrieden. Wir haben in vier von fünf Spielen zu Null gespielt, zwei Gegentore kassiert, wovon wir eins selbst gemacht haben. Nach vorne ist aber noch Luft nach oben, da machen wir es gerade wie die Italiener und zeigen nur das Minimum. Aber da sehe ich viel Potenzial. Wir möchten den Schwung, den wir nun haben, mitnehmen und wenn es am Ende ein guter Abschlussplatz ist, umso schöner.“
Und dann fehlt eigentlich nur noch das Testspiel zwischen dem SV Zweckel und El Palmar. Önata: „Das wäre der perfekte Abschluss. Und ich kann mir das sogar vorstellen, so verrückt wie der Präsident von ihnen ist.“
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