Gladbeck. Jessica Steiger kann das Abenteuer Olympia 2021 angehen. Sorgen bereiten ihr die Wettkampfpause und die Dopingkontrollen in anderen Ländern.
Als klar war, dass die Olympischen Spiele ins Jahr 2021 verschoben wurden, zog das Schwimmerin Jessica Steiger kurz den Boden unter den Füßen weg. Ihre Lebensplanung war auf die Spiele 2020 ausgelegt, danach wollte die Gladbeckerin eigentlich kürzer treten.
Nach intensiven Gesprächen mit der Familie war aber klar: Steiger macht weiter. Da einige Sponsorenverträge aber in diesem Sommer auslaufen, stand die Schwimmerin des VfL Gladbeck vor der Frage, wie sie das Verwirklichen ihres Lebenstraums finanzieren soll. Sie entschied sich für eine Crowdfunding-Kampagne. Am 7. Mai, um 20 Uhr läuft diese aus. Das Ziel von 7000 Euro hat Steiger längst übertroffen.
Steiger übertrifft ihr selbstgestecktes Spendenziel deutlich
11.820 Euro zeigte die Spendenuhr am Dienstag an. 108 Unterstützer haben für die Gladbecker Schwimmerin gespendet – weit mehr als Steiger erwartet hatte. „Ich war richtig pessimistisch. Deshalb habe ich das Spendenziel auch nur auf 7000 Euro gesetzt“, gesteht die Schwimmerin.
Denn: Wäre das Ziel nicht erreicht worden, hätte Steiger gar kein Geld bekommen. Diese Sorgen muss sie sich jetzt nicht mehr machen. Etwas mehr als zehn Prozent der Summe muss sie an die Organisation fairplaid, die die Crowdfunding-Platform gemeinsam mit Toyota betreibt, abgeben – den Rest kann sie in ihren Olympiatraum investieren.
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Trainingslager, Nahrungsergänzungsmittel und Badeanzüge auf der Kostenliste
Wie viel am Ende nötig sein wird, steht noch nicht fest – fünfstellig wird es aber mit Sicherheit. Allein die beiden Trainingslager kosten über 5000 Euro, dazu kommen Nahrungsergänzungsmittel im Wert von 1200 Euro. Ein Badeanzug für die Wettkämpfe liegt bei rund 450 Euro. „Je nachdem wann wieder Wettkämpfe geschwommen werden können, brauche ich mehr oder weniger davon“, sagt Steiger. Dann könne sie aber auch noch auf Ersparnisse zurückgreifen, ihren Lebensunterhalt finanziert sie sich durch die deutsche Sporthilfe.
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„Ich hätte nie gedacht, dass so viele Menschen so hilfsbereit sind. Viele haben sich bei mir gemeldet weil sie nicht wollen, dass mein Traum am finanziellen scheitert. Da bin ich unglaublich dankbar für“, sagt Steiger. Und dann wäre da ja noch die Wette mit Papa Ralf. „Er hat gesagt, dass er sich die Olympischen Ringe auf den Hintern tätowieren lässt, wenn ich es zu Olympia schaffe. Das wollen sehr viele sehen“, sagt Steiger mit einem Schmunzeln.
Steiger kritisiert fehlende Planung für die Zeit nach Corona
Bei all der Erleichterung das zumindest die finanziellen Hürden aus dem Weg geräumt sind, ist die Coronapause für die Leistungssportlerin keine leichte Zeit. „Ich finde es total schwierig, weil noch keinerlei Struktur vorhanden ist, wie es weitergeht“, sagt Steiger. So wisse sie nicht, ob ihre bisher in der Olympiaquali geschwommen Zeiten schon in die Wertung eingehen, oder ob es am 1. Januar bei null losgeht. Einen internationalen Terminkalender gibt es zudem noch nicht.
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Eigentlich sollte sie auch im August bei den Europameisterschaften starten – die wurden jetzt allerdings in den Mai 2021 verlegt. „In diesem Jahr war die EM für die jüngeren geplant, wer nach Tokio gefahren wäre, hätte dort eh nicht teilgenommen“, sagt Steiger. Erst durch die Verlegung der Olympischen Spiele ins nächste Jahr und der damit verbundenen Verschiebung der EM auf den August kam ein Start in Budapest für sie in Frage. Sie betont: „Sollte ich mich 2021 für Olympia qualifizieren, kommt die EM nicht für mich infrage.“ Dann wäre sie zu dieser Zeit nämlich bereits mitten in der Olympiavorbereitung.
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Mehr Zeit mit dem neuen Trainer
Überhaupt sei der Wettbewerb mit der Konkurrenz wichtig. „Das hält die Motivation hoch, man steckt sich Zwischenziele. Wenn ein halbes Jahr nichts passiert, ist das schon blöd. Aber so habe ich auch mal Zeit ein wenig runterzukommen“, sagt Steiger. Unter anderem stehen Spaziergänge mit dem Hund an.
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Außerdem könnte sich durch die Verlegung um ein Jahr der Effekt des neuen Trainers bemerkbar machen. Im Spätherbst 2019 hatten sich die Wege von Steiger und ihrem damaligen Trainer Harry Schulz getrennt. Seitdem trainiert sie bei Marcel Karow. „Er wollte mich eh überreden weiterzumachen und im letzten Trainingslager in der Sierra Nevada haben wir schon an einigen Schwachstellen gearbeitet“, sagt Steiger.
In anderen Ländern lassen die Dopingkontrollen nach
Während die gewonnene Zeit für die 28-Jährige also auch Vorteile mit sich bringt, sieht sie die große Gefahr, dass das Doping weltweit zunimmt. „Ich habe gelesen, dass die Proben in Amerika per Skype durchgeführt werden, in China sind sie seit Anfang des Jahres unterbrochen. Die trainieren aber ganz normal weiter. Das ist richtig lächerlich. Meine letzte Kontrolle war im März“, sagt Steiger. Jederzeit könne sie wieder kontrolliert werden. Das schürt natürlich Zweifel über die Fairness im internationalen Wettbewerb.
Die Freude über den großen Rückhalt durch die Unterstützer trübt es aber nicht. „Ich habe richtig Bock, das Ziel anzugehen. Gerade weil so viele hinter mir stehen und daran glauben“, sagt Steiger. Ihren Traum von Olympia hat sie nur um ein Jahr verschoben.