Gladbeck. Wenn die Familie Stöhr in Gladbeck zusammen zu Tisch sitzt, ist Fußball eigentlich immer ein Thema. Was nun überhaupt nicht verwunderlich ist.
Natürlich ist, wenn die „Stöhrchen-Familie“ in Gladbeck zusammen zu Tisch sitzt, Fußball ein Thema, nicht selten sogar das dominante. Hin und wieder muss Vater Rolf Stöhr Frotzeleien über sich ergehen lassen, falls die eigene sportliche Karriere in allzu hellem Licht gezeichnet wird. „Ich freue mich natürlich, dass sowohl Julian als auch Christopher in höheren Ligen kicken als ich es seinerzeit geschafft habe,“ lässt Rolf Vaterstolz durchblicken.
Mit der Tatsache, dass der 28-jährige Julian glühender Bayern-Fan ist, haben sich die beiden anderen Männer der Familie mittlerweile abgefunden, in deren Adern – natürlich, möchte man sagen – königsblaues Blut fließt. Dabei trug auch Julian Stöhr einst die Kluft des FC Schalke 04. Nach jeweils einem Lehrjahr beim BV Rentfort und bei RW Oberhausen lockten ihn Scouts an den Schalker Markt, wo u. a. Joel Matip (der gerade mit dem FC Liverpool die Champions League gewonnen hat) und Pascal Testroet (Erzgebirge Aue) seine Mitspieler waren. Trainiert wurde er von Sven Hübscher und Köln-Aufstiegscoach André Pawlak. „Die fünf Jahre hatten schon was“, lässt Julian den Blick zurück schweifen. „Ganz besonders war ein C-Jugendturnier in Nantes, das wir gewannen, obwohl die Konkurrenz mit Paris Saint Germain, Grashoppers Zürich und dem BVB nicht von schlechten Eltern war.“
Julian Stöhr kickt künftig für Sinsen und arbeitet als Berufsschullehrer in Wesel
Als Senior wechselte er zur SG Wattenscheid 09 und RW Essen. Weitere Stationen waren Westfalia Herne und der SV Schermbeck, hier verpasste er nur knapp den Aufstieg in die Regionalliga. Es folgte eine Station beim TuS Hordel, demnächst spielt er für den TuS Sinsen. „Hier sehe ich bessere Möglichkeiten, in die Oberliga aufzusteigen“, sagt Julian Stöhr. Nicht voll und ganz auf die Profi-Karte gesetzt zu haben, bereut er keine Sekunde lang, mit seinem Beruf als Lehrer an einer Berufsschule in Wesel (Fächer Deutsch und Sport) ist er mehr als zufrieden.
Den Traum vom Fußball als Hauptberuf hat sein jüngerer Bruder Christopher noch nicht komplett ad acta gelegt. Gleichwohl hat er sich an der Universität eingeschrieben und auch das Lehramt an berufsbildenden Schule im Visier – mit der gleichen Fächerkombination wie der ältere Bruder. Nach einer Stippvisite beim BV Rentfort wechselte er schon früh zum FC Schalke 04. „Beim Training habe ich manchmal Julian Draxler zugesehen, zusammen haben wir Torschüsse geübt“, erinnert sich Christopher.
Christopher Stöhr traut sich die Regionalliga oder Dritte Liga durchaus zu
Einer seiner Mannschaftskameraden war Leroy Sané. „Schon in der U 10 hat man gesehen, welch eine Rakete da am Ball ist. Solch einen schnellen und dribbelstarken Spieler habe ich noch nie gesehen“, schwärmt Christopher Stöhr regelrecht vom ManCity-Profi. Im Alter von zwölf Jahren schloss sich der Gladbecker dem MSV Duisburg an und sicherte sich als Innenverteidiger oder auf der Sechser einen Stammplatz. „Beim 1. FC Köln lagen wir einmal zur Halbzeit mit 1:5 hinten. Nach der Pause haben wir uns regelrecht in einen Rausch gespielt und das Spiel noch mit 6:5 gewonnen“, erzählt er noch voller Begeisterung. Dass es ihm als Schalke-Fan zudem einmal gelang, gegen den BVB einen Freistoß direkt zu verwandeln, erfüllt Christopher Stöhr mit einer gewissen Genugtuung.
In der U 19 trug er das Trikot von Schwarz-Weiß Essen, die ersten beiden Jahre als Senior stand er beim TuS Hordel unter Vertrag. Christopher Stöhr: „Jetzt spiele ich bei Westfalia Rhynern, wo ich mich richtig wohl fühle. In dieser Saison habe ich 30 Spiele absolviert. Einmal musste ich wegen eines Nasenbeinbruchs pausieren, eine Woche später bin ich als Maskenmann aufgelaufen. Vor allem die Derbys gegen die Hammer Spielvereinigung haben es in sich, vor 2000 bis 3000 Zuschauern spielt man auch nicht alle Tage.“ Ganz verabschiedet hat er sich auch noch nicht von der Aussicht, das Hobby Fußball zumindest teilweise zum Beruf zu machen: „Regionalliga und Dritte Liga traue ich mir schon zu.“
Schon Rolf Stöhr, der Vater, war ein unermüdlicher Rackerer
Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm, weiß der Volksmund. Julian und Christopher begannen beide als Innenverteidiger, fühlen sich aber in der Rolle des defensiven Mittelfeldspielers auch pudelwohl. Den Sechser als Bezeichnung gab´s zu den Zeiten, als Vater Rolf das runde Leder vor sich her trieb, noch nicht. Aber irgendwie scheinen das unermüdliche Rackern, das hartnäckige Verrichten von Defensivarbeit und, wenn sich die Situation ergibt, der offensive Drang zum gegnerischen Tor, den beiden Söhnen in die Wiege gelegt worden zu sein.