Schipper spielte mehr als 200mal für Schalke. Er erlebte eine aufregende Karriere – und hat von Beckenbauer bis Keegan viel zu erzählen.
In puncto Bekanntheit dürfte er den oftmals zitierten „bunten Hund“ locker in den Schatten stellen, nicht nur hier in Gladbeck, sondern im fußballverrückten Pott allgemein – und nicht nur dort. Kein Wunder: Für den FC Schalke 04 streifte Mathias Schipper 221mal das königsblaue Trikot über, für Alemannia Aachen kleidete er sich immerhin noch 107mal in Schwarz-gelb. Auf derart viele Einsätze als Profi wird in absehbarer Zeit in Gladbeck niemand kommen. Eine Vorhersage, die keinerlei prophetische Gabe voraussetzt.
In der D-Jugend von Blau-Weiß Ickern startete der 1957 in Castrop-Rauxel geborene Schipper seine Laufbahn, die ihn nach den Stationen VfB Habinghorst und Westfalia Herne schnell an den Schalker Markt führte. Hier debütierte der zweikampfstarke Verteidiger – als A-Jugendlicher – gegen den Hamburger SV.
„Mein Gegenspieler war Kevin Keegan, ich wurde direkt ins kalte Wasser geworfen,“ erinnert sich Schipper, der im gleichen Jahr mit der A-Jugend deutscher Meister wurde. „Günter Siebert hatte mich nach einem Spiel in der westdeutschen Auswahl, damals noch für Westfalia Herne, angesprochen und gesagt, ich werde als Schalker mein erstes Spiel im Nationaldress machen.“ In der Jugendnationalelf kickte er unter anderem mit Klaus Allofs und Uli Stein, „zu ihm habe ich noch regelmäßig Kontakt.“
Von Beckenbauer hart gefoult
Sein erstes Profijahr in Schalke absolvierte Schipper unter Trainer Max Merkel. „Das war schon ein Bekloppter, aber für uns junge Spieler ein Glücksfall. Er ließ uns unter Co-Trainer Friedel Rausch Sondereinheiten absolvieren und setzte so die Etablierten unter Druck,“ lacht er. Ob Punktspiele oder Pokal – als einziger stand Schipper in der Saison 1978/79 immer auf dem Rasen.
Sein Vertrag wurde verlängert, und trotzdem war Schluss mit Schalke: Siebert setzte plötzlich auf zwei Kicker aus Jugoslawien. „In der Situation war ich froh, bei Alemannia Aachen unterzukommen.“
Besondere Begegnung mit Franz Beckenbauer
Am Tivoli fühlte er sich rundum wohl. Hier hatte er auch eine Begegnung der besonderen Art mit Franz Beckenbauer, die so ganz und gar nicht „kaiserliche“ Züge trug. „Wir spielten richtig gut mit und hatten den HSV im Griff. Nach etwa einer Stunde fuhr mir Beckenbauer von hinten heftig in die Parade und signalisierte mit dem Foul: Schluss mit lustig! Am Ende hatten die Gäste deutlich die Nase vorn.“
Nach drei Jahren in der Kaiserstadt holte ihn Rudi Assauer 1982 für knapp eine Million Mark nach Schalke zurück.
Bei einem Schalker Gastspiel im Olympiastadion in München durfte Schipper sogar kurzzeitig von einer Sensation träumen. Es stand 1:0 für die Gäste aus dem Revier, ausgerechnet Abwehrrecke Schipper hatte Keeper Jean-Marie Pfaff das Nachsehen gegeben. Die Hausherren, die sich nach gewonnener Meisterschaft und durchzechter Nacht darauf eingestellt hatten, das Ding ruhig nach Hause zu schaukeln, wurden dadurch „geweckt“.
„Bist du verrückt geworden“, raunte Lothar Matthäus
„Bist du verrückt geworden, raunte mir Lothar Matthäus nach meinem Treffer zu.“ Konsequenz: Die Hausherren machten ernst und hatten am Ende mit 7:1 klar die Nase vorn. „Ich glaube, ich habe durch mein Tor schlafende Hunde geweckt,“ muss Schipper heute noch grinsen.
Vom Anpfiff an hellwach war der harte, aber zumeist faire Abwehrspieler gegen den 1. FC Kaiserslautern, „Seppl Pirrung war mein unangenehmster Gegenspieler. Ständig trat er mir auf den Fuß und versuchte, mit Kneifen und Beißen zum Erfolg zu kommen.“ Ausgesprochen gern spielte er gegen Popivoda von Eintracht Braunschweig. Der jugoslawische Dribbelkünstler, der manchem Gegner Gleichgewichtsprobleme bescherte, sah gegen Schipper kein Land, so dass ein Sportjournalist aus Popiv(w)oda flugs „Popi(nie)da“ machte. Sechs Jahre später beendete Schipper seine Profikarriere und schulte um zum Physiotherapeuten. Seit vielen Jahren ist seine Praxis „Gesundheit & Sport“ im Gladbecker Hallenbad eine weit über die Stadt hinaus bekannte Adresse.
Vertrauen in S04-Verantwortliche
Weiterhin eine gute Adresse ist für Schipper Schalke, für seinen Ex-Klub ist er seit vier Jahren als Repräsentant tätig. Unter anderem organisierte er vor einem Jahr die Benefizaktion „Schalke auf Rentfort“ mit.
„Wie Martin Max, Ingo Anderbrügge, Olaf Thon oder die Kremers-Zwillinge bin ich an Wochenenden bei Fanklubs in ganz Deutschland zu Gast und erzählte königsblaue Storys. Das macht einen Riesenspaß. Zudem bin ich in den Wahlausschuss gewählt worden, kann also ein wenig im Verein mitgestalten.“ Dass der „Fehlstart“ in die Bundesliga-Saison rasch korrigiert wird, daran hegt er nicht den geringsten Zweifel, „die Verantwortlichen arbeiten ruhig und professionell,“ so sein Eindruck.