Gelsenkirchen. Fabian Karst ist auf Hawaii, am Samstag beginnt dort die Triathlon-Weltmeisterschaft. Zur Vorbereitung hat er „den Gashahn noch einmal ordentlich aufgedreht“.

Noch bevor der Startschuss am Samstag abgefeuert worden ist, muss sich Fabian Karst unter Wettbewerbsbedingungen beweisen. Der Bambini-Lauf mit seinem Sohn steht für den gebürtigen Gelsenkirchener noch auf dem Programm. „Da muss ich noch mal die schnellen Beine rausholen“, sagt er mit einem Lachen. Die 400 Meter lange Strecke steht in keinem Verhältnis zu dem, was er und Hunderte andere Triathleten und Triathletinnen da einige Tage später vor sich haben. Der Ironman in Kailua-Kona ist mir besonderen Herausforderungen gespickt.

Die ersten hat Karst in der Woche seit seiner Ankunft auf Hawaii schon am eigenen Körper erleben müssen. „Die Temperatur und der Jetlag beschäftigen einen schon sehr“, erzählt er. „Beim Radfahren auf dem Highway wirst du gebraten. Die Hitze kommt von oben, von unten und aus einem selbst heraus.“ Solche Bedingungen sind kaum zu trainieren. Dabei hat er vor seiner Abreise noch einmal alles in die Waagschale geworfen. „In Deutschland habe ich den Gashahn noch einmal ordentlich aufgedreht und 20 bis 25 Stunden in der Woche trainiert. Dadurch bin ich jetzt wahrscheinlich noch fitter als bei der EM in Frankfurt.“

Ohne Sport wäre es auf Hawaii „wie im Paradies“

Die größte Sorge, sich kurz vor dem Flug oder währenddessen zu erkälten, wurde nicht Realität. So kann Karst ohne Probleme sein vergleichsweise lockeres Trainingsprogramm auf der Insel durchziehen – auch wenn die äußeren Bedingungen manchmal schon den Sportler in ihm herausfordern. „Wenn man hier keinen Sport macht, ist es wie im Paradies“, sagt er mit einem Lachen. „Für einen Sportler ist es eine Hassliebe.“ Einerseits natürlich, weil er endlich da ist. Hawaii, Ironman, der Traum eines jedes Triathleten. Andererseits aber auch, die schöne Kulisse, die nur so an einem vorbeirauscht.

Dagegen baut Karst aber vor. „Es geht auch darum, einige schöne Erinnerungen mitzunehmen.“ Die müssen nicht nur mit dem Sport zu tun haben. Zusammen mit Jonas Hoffmann, seinen Essener Teamkollegen Markus Kriege und Tobias Hallebach bildet er eine kleine Trainingsgruppe aus dem Westen. Wie die Kletten kleben sie aber nicht aneinander. Mal wird zusammen geschwommen, mal geht jeder wieder seine eigenen Wege. „Es geht um die Mischung“, sagt Karst. Irgendwo in der Mitte zwischen Entspannung und Anspannung scheint sie für ihn zu liegen, bevor sein Traum-Rennen am Samstag endlich startet.

Zitterpartie bei der Qualifikation für den Ironman

Anspannung genug erlebte Karst bei seiner Qualifikation für den Ironman. Als er mit seiner Gruppe in den Anstieg hineinfuhr, wusste er, dass noch ein hartes Stück Arbeit vor ihm lag. 40 Kilometer hatte der 33-Jährige schon auf dem Rad hinter sich gebracht, 120 standen ihm noch bevor, vom folgenden Marathon ganz zu schweigen. Als sich Karsts Gruppe etwas zusammenzog und er gerade ein Gel zu sich nahm, ertönte neben ihm ein Pfiff. Einem Schiedsrichter fuhr die Gruppe etwas zu nah beieinander. Den Windschatten auszunutzen, ist beim Ironman nicht gern gesehen. „Es gibt auch Schiedsrichter, die da mal ein Auge zudrücken“, sagt Karst. Aber nicht in diesem Fall. Die Ironman-Europameisterschaft, mit dem Ziel Qualifikation für die WM auf Hawaii, sollte für ihn zur Zitterpartie werden.

Der gebürtige Gelsenkirchener, dem sonst immer zum Lachen zumute ist, musste in diesem Moment schlucken. Die Verwarnung, die er sich so eingehandelt hatte, bedeutete fünf Minuten Zeitstrafe. Ein Rückschlag, nicht nur in diesem Radrennen, sondern möglicherweise auch darüber hinaus. Er ging kein Risiko mehr ein. Karst fuhr im Frankfurter Regen ins Ziel und auch in Richtung seines Traums: Hawaii.

9:00:59 Stunden brauchte Karst für die Strecke bei der Ironman-Europameisterschaft. Als 20. seiner Altersklasse 30 bis 34 kam er an und belegte insgesamt den 115. Platz. Damit war er zufrieden, auch wenn ihn die Zeitstrafe wurmte, die verhinderte, dass er unterhalb der magischen neun-Stunden-Grenze ankam. „Das war das erste Mal in meinem Leben, dass ich verwarnt wurde“, sagt er ein paar Tage später wieder mit einem Lachen und schiebt wieder ernst nach: „In der Endabrechnung wären das sechs Platzierungen besser gewesen.“

Fabian Karst: „Ich hatte im Sitzen einen Puls von 150“

Warum er um jeden Platz kämpfte, war ganz simpel. Nur elf Triathleten aus seiner Altersklasse konnten sich für die Weltmeisterschaft auf Hawaii im Oktober qualifizieren. Am Montag ging die Zitterpartie los. Neun andere mussten absagen. „Ich hatte selbst im Sitzen einen Puls von 150“, erinnert er sich. „Gott sei dank für mich, haben dann tatsächlich genügend Leute verzichtet.“

Die sportliche Qualifikation ändert aber nichts daran, dass alle Ironman-Teilnehmer ihren Start selbst bezahlen müssen. „Die erste Amtshandlung ist, die Kreditkarte zu zücken“, sagt er. 1600 bis 1700 US-Dollar kostet das, darin sind der Flug, Unterbringung und Verpflegung noch nicht enthalten.

Triathlon Gelsenkirchen
Fabian Karst ist mit Ambitionen zur Ironman-WM nach Hawaii geflogen. © Fabian Karst | Fabian Karst

Nicht ohne Ambitionen zur Ironman-WM auf Hawaii

Aber das kennt Karst schon. Schon 2022 nahm er an der WM teil. Damals fand der Wettkampf aufgrund der Corona-Pandemie nicht auf Hawaii, sondern in St. George/Utah statt. Mit zwei Jahren Verzögerung hat er es nun zum Heiligen Gral des Ironman geschafft. „Darauf habe ich 15, 20 Jahre hingearbeitet“, sagt Karst. Dabei sein, ist für ihn in diesem Fall zwar vieles, aber nicht alles: „Ich fahre schon dahin, um fit zu sein und etwas herauszuholen.“ Wie schon bei der WM 2022 soll es unter die Top 20 gehen. „Das motiviert mich jedes Mal beim Training.“

Die Woche nach der WM nutzte er noch, „um die Wunden zu lecken“. Der Körper sei noch immer müde, Karst hatte an vielen Stellen noch Schmerzen. „Aber dafür gibt es ja Mittagsschlaf“, meinte er mit einem Lachen im August. Sportlich ernst wird es jetzt wieder am Sonntag auf Hawaii.