Gelsenkirchen. Nicht nur wegen dieses Zeitdokuments ist Schalke 04 für Handball-Abteilungsleiter Daniel Nienhaus ein ganz besonderer Verein. Was ihn am Klub besonders begeistert.

Im Juni vor 90 Jahren feierte Traditionsklub FC Schalke 04 seine erste Deutsche Meisterschaft. Kurz vor Schluss drehten die S04-Legenden Fritz Szepan und sein Schwager Ernst Kuzorra den 0:1-Rückstand gegen den 1. FC Nürnberg noch in einen 2:1-Sieg vor 45.000 begeisterten Fans im Berliner Poststadion.

Die Schalker Meistermannschaft 1937: Fritz Szepan, Hans Bornemann, Otto Schweissfurth, Ernst Kalwitzki, Torwart Hans Klodt, Ernst Kuzorra, Ernst Poertgen, Walter Berg, Otto Tibulski, Adolf Urban und Rudolf Gellesch (v.l.).
Die Schalker Meistermannschaft 1937: Fritz Szepan, Hans Bornemann, Otto Schweissfurth, Ernst Kalwitzki, Torwart Hans Klodt, Ernst Kuzorra, Ernst Poertgen, Walter Berg, Otto Tibulski, Adolf Urban und Rudolf Gellesch (v.l.). © picture-alliance/ dpa | dpa Picture-Alliance / Schirner Sportfoto

Kuzorra, der mit Schalke insgesamt sechs Deutsche Meistertitel abräumte, wurde an seinem 80. Geburtstag nach dem Ereignis gefragt, was für ihn ganz besonderen Stellenwert besaß. Seine Antwort: „Das ist ja ganz selbstverständlich: Die erste deutsche Meisterschaft gegen Nürnberg - und wie ich dann noch mit Leistenbruch spielte und mach in der letzten Minute das siegbringende Tor. Ja, ein Bombentor von 20 Metern. Ich wusste nicht wohin mit dem Ball. Da hab ich ihn einfach reingewichst.“

In der Gaststätte Bosch markiert ein Schild den ehemaligen Stammplatz des verstorbenen Meisterspielers Ernst Kuzorra.
In der Gaststätte Bosch markiert ein Schild den ehemaligen Stammplatz des verstorbenen Meisterspielers Ernst Kuzorra. © WAZ FotoPool | Martin Möller

Was viele nicht wissen: Ernst Kuzorra war nicht nur ein überragender Fußballer im Trikot des FC Schalke 04, sondern auch ein äußerst talentierter Handballer. Zum Gründungstag der Schalker Handballabteilung tauchte jetzt wieder ein Nostalgie-Foto auf, das Ernst Kuzorra beim Feldhandball zeigt. Die Aufnahme stammt aus dem Jahr 1934. Kuzorras Gegenspieler Friedrich Stein lüftete das Zeitdokument vor einigen Jahren anlässlich seines 101. Geburtstag für den WAZ-Fotografen. Kuzorra, so erinnerte sich Friedrich Stein, habe seinerzeit bei den Schalker Handballern „ausgeholfen.“

Erstes Spiel der S04-Handballer ist torarm

Das erste Spiel der Schalker Handballer endete im Herbst 1926 unter freiem Himmel 2:2 gegen den benachbarten SuS Schalke 96. Weil in der Anfangszeit noch auf großen Spielfeldern gespielt wurde, hielt sich die Trefferausbeute in Grenzen. In den 30er Jahren, in denen auch Ernst Kuzorra das S04-Handballtrikot überstreift, werden die Spieler nach Vereinsangaben auf einem umgebauten LKW, der wochentags Knochen zu Mühlen transportiert, zu Auswärtsspielen kutschiert.

„Das Kuzorra-Foto ist ganz besonders“

Daniel Nienhaus, Abteilungsleiter der Schalker Handballer, sagt rückblickend: „Unsere Handballabteilung hat jetzt gerade ihren 98. Geburtstag gefeiert. Das Nostalgiefoto mit Vereinslegende Ernst Kuzorra ist natürlich ein ganz besonderes Bild aus unserer Handballzeit. Den Erzählungen nach soll Ernst Kuzorra einer der besten Handballer hier in der Stadt gewesen sein. Er soll wohl mehrfach für die Schalker Handballer im Feld aufgelaufen sein, aber sein Hauptbetätigungsfeld war der Fußball.“

Schalkes Handball-Abteilungsleiter Daniel Nienhaus (l.) neben Moderator Jörg Seveneick beim Schalke-Tag im letzten Sommer.
Schalkes Handball-Abteilungsleiter Daniel Nienhaus (l.) neben Moderator Jörg Seveneick beim Schalke-Tag im letzten Sommer. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Nienhaus ist seit 2016 für S04 spielberechtigt

Nicht nur wegen wegen des sportlichen Abstechers von S04-Ikone Kuzorra besitzt die Handballabteilung von Schalke 04 einen hohen Stellenwert für Nienhaus. „Ich bin seit 2016 für Schalke spielberechtigt und seit 2019 Abteilungsleiter der Handballer. Vorher hatte ich mit Schalke keine Berührungspunkte. Ich bin gebürtig aus Marl, aber dann der Liebe wegen nach Gelsenkirchen gekommen. Meine Frau ist extremer Schalker Fan - und die ganze Familie ebenfalls“, sagt der frühere PSV Recklinghausen-Spieler.

„Schalke 04 ist kein normaler Verein“

Daniel Nienhaus: „Schalke 04 ist kein normaler Verein, weil der Klub eine enorme Ausstrahlung hat und für viele Menschen eine Religion ist. Es gibt zig Anhängerinnen und Anhänger, die alle 14 Tage auf ein Heimspiel in der Veltins-Arena hinfiebern. Es existiert nicht nur im Fußball, sondern auch bei uns im Handball dieses einzigartige Wir-Gefühl. Das kannte ich vorher so nicht.“ Nienhaus fügt hinzu: „Mit Blau-Weiß verbindet jeder etwas. Schalke ist ein Name und ein Begriff. Wenn ich in S04-Kleidung irgendwo hinkomme oder zum Beispiel noch etwas einkaufe, bevor es zum Training geht, dann werde ich oft auf Schalke 04 angesprochen. Wenn ich sage, dass ich zu Schalkes Handballern zähle, heißt es dann häufig: Wie? Schalke hat auch eine Handballabteilung?“

Schalke stürzte bis in die Kreisklasse ab

Sportlich lief es für Schalkes Handballer im Frühjahr 2023 ganz schlecht. Das Team stürzte in die Kreisklasse ab und erlebte damit einen absoluten Tiefpunkt. Doch Schalke 04 hielt das Team zusammen, entfachte neue Energie und packte im April 2024 als Tabellenzweiter den sofortigen Wiederaufstieg.

Nienhaus arbeitet jetzt mit seinen Mitstreitern daran, die Nachwuchsarbeit voranzutreiben, um Schalke mit Eigengewächsen für die Zukunft gut aufzustellen. „Wir sind auch in Schulen vertreten und spüren sofort die Begeisterung“, sagt der Handball-Abteilungsleiter. Quereinsteiger oder „Doppelspieler“, wie damals bei Ernst Kuzorra, gibt es heute allerdings nicht.

Ende April feierten die Spieler des FC Schalke 04 nach dem Sieg über Haltern-Sythen III in der Halle Schürenkamp den Aufstieg.
Ende April feierten die Spieler des FC Schalke 04 nach dem Sieg über Haltern-Sythen III in der Halle Schürenkamp den Aufstieg. © FUNKE Foto Services | Michael Korte