Doha. . Mit einem Maßnahmen-Katalog ist der FC Schalke 04 nach Katar gereist, wo man sich intensiv auf die Rückrunde vorbereiten will. Eng für den Rückrundenstart wird es bei Julian Draxler. Mit Psychologin Theresa Holst steht auch mentale Hilfe für die Schalker in Doha bereit
Die Begrüßung fiel herzlich aus, gar keine Frage. „Ein frohes Neues“, wünschte Schalkes Finanzvorstand Peter Peters, der wie immer ins Trainingslager nach Katar mitgereist ist, als ihm Trainer Jens Keller am Samstag das erste Mal in diesem Jahr über den Weg gelaufen war: „Ein frohes Neues – und alles Gute.“ Die guten Wünsche können sie auf Schalke alle gebrauchen, nachdem die Hinrunde mehr Frust als Freude gebracht hatte. Doch Jens Keller ist ganz besonders darauf angewiesen: Schließlich ist es vor allem seine Aufgabe, die Mannschaft für die Rückrunde in eine bessere Verfassung zu bringen.
Vor vier Wochen hätten viele Beobachter noch Wetten darauf abgeschlossen, dass hier in Katar ein anderer Trainer auf Schalke das Zepter schwingen würde. Doch statt Kellers Rauswurf beschlossen die Vereins-Bosse eine Reihe von Maßnahmen, die mit Beginn des Wüsten-Trainingslagers nun umgesetzt werden sollen. „Es sind viele kleine Faktoren“, bestätigt Torwart Ralf Fährmann den Maßnahmen-Katalog, mit dem Schalke eine Aufholjagd in Richtung Champions League starten will.
Punkt eins: Personelle Korrekturen. Mit Jan Kirchhoff hat Manager Horst Heldt einen Wunschspieler verpflichtet; die Verletzung am rechten Knöchel, die er sich am Sonntag zugezogen hat, soll nur eine Prellung sein. Ob der bisherige Ersatzspieler des FC Bayern sofort eine Verstärkung wird, bleibt abzuwarten, aber er vergrößert auf jeden Fall die Möglichkeiten, da er in der Innenverteidigung und im defensiven Mittelfeld eingesetzt werden kann.
Punkt zwei: Ein neues Spielsystem. Um taktisch flexibler zu sein, will Schalke in der Vorbereitung eine neue Variante mit nur einem Sechser im defensiven Mittelfeld testen – dann sind die Halb-Positionen besser besetzt. Die Sechser-Position war in der Hinrunde eine der größten Schwachstellen: Von den Spielern, die vor der Saison dafür infrage kamen (Neustädter, Jones, Höger, Goretzka) wurde aus unterschiedlichen Gründen keiner in die Winter-Rangliste des Fachmagazins Kicker berufen. Schalke hat das Problem erkannt und plant künftig verstärkt mit Leon Goretzka, der wenigstens unglaublich viel Talent mitbringt. Pech für den 18-Jährigen: Aufgrund einer Mandel-Operation konnte er noch nicht mitfliegen. Es besteht aber Hoffnung, dass er nach Katar nachreist.
Punkt drei: Die Hoffnung auf das Ende der Verletztenmisere. Die Winterpause ist zu kurz, um alle Verletzungen auszukurieren, aber wenn alles gut geht, steht Anfang Februar mit Ausnahme von Marco Höger und Dennis Aogo (beide Kreuzbandriss) der komplette Kader wieder zur Verfügung. Eng wird es bei Julian Draxler, der noch 14 Tage lang nicht einmal Lauftraining absolvieren kann. Mit Klaas-Jan Huntelaar, der ebenfalls zu Hause seine Reha absolviert, wird spätestens beim ersten Heimspiel am 1. Februar gegen Wolfsburg wieder gerechnet. Benedikt Höwedes will noch in Katar die Belastung erhöhen, und Kyriakos Papadopoulos steht wieder so voll im Saft, dass er im Laufe der Rückrunde beinahe wie ein Neuzugang werden könnte.
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Punkt vier: Ein härteres Durchgreifen. In vielen Einzelgesprächen bereitet Keller die Profis in Katar darauf vor, dass künftig mehr von ihnen eingefordert wird. In der Hinrunde gab es Disziplinlosigkeiten und Alleingänge auf und neben dem Platz. Nun will man den Gemeinsinn fördern und „als Team zusammenrücken“ (Fährmann). Es macht eben stutzig, dass Vereine mit deutlich geringeren Mitteln (wie Hertha, Augsburg, Mainz) ihre Möglichkeiten viel besser ausschöpfen als Schalke mit seinen vermeintlichen Stars. Dass der Klub einwilligte, als Jermaine Jones mit dem Wunsch nach einem Vereinswechsel vorstellig wurde, passt dazu: Es müssen nicht immer die großen Namen sein, mit denen man Erfolg haben kann.
Punkt fünf: Die mentale Hilfe. Mit dabei im Trainingslager ist die Sport-Psychologin Theresa Holst, die den Spielern auf Wunsch beratend zur Seite stehen soll. „Jeder entscheidet selbst, ob er das Angebot nutzt oder nicht“, verrät Max Meyer. Bisher hat Theresa Holst in der Schalker Nachwuchsabteilung gearbeitet. Hier in Katar ist sie erstmals bei den Profis dabei: Sogar beim Training steht sie auf dem Platz und beobachtet das Geschehen.
Punkt sechs: Die Torwart-Position. Wenn es auf Schalke schon zum Ende der Hinrunde eine positive Entwicklung gegeben hat, dann hat sie im Tor stattgefunden: Seit Ralf Fährmann im November Timo Hildebrand abgelöst hat, war wieder Ruhe zwischen den Pfosten. In den letzten drei Spielen vor Weihnachten gab es kein Gegentor mehr – eine Statistik mit Seltenheitswert in der jüngeren Vergangenheit. Für Jens Keller kann es keinen Grund geben, diese Rangfolge zu überdenken.
Sechs von vielen kleinen Faktoren, damit es auf Schalke in der Rückrunde wieder besser läuft. „Es muss sich gar nichts Großes ändern“, glaubt Ralf Fährmann. Für ihn persönlich trifft das garantiert zu.