Gelsenkirchen. Gelsenkirchen und die Farbe gelb - das passt irgendwie nicht. Und trotzdem sorgte der Sportclub Gelsenkirchen 07 im gelben Dress für Furore.

Die gelbe Gefahr - nein, damit ist nicht der BV Borussia 09 aus Dortmund, sondern ein Verein aus Gelsenkirchen gemeint, der zwei Jahre vor dem inzwischen achtmaligen Deutschen Meister gegründet wurde und seit nunmehr fast vier Jahrzehnten von der Bildfläche verschwunden ist: der Sportclub Gelsenkirchen 07. Die größte Zeit hatten die Bismarcker in den 1920er Jahren zwischen den beiden Weltkriegen, noch bevor der FC Schalke 04 zu überregionalem Ruhm gelangte.

Vorgängerverein heißt SV Urania

Die jüngere Generation wird vielleicht gar nicht mehr wissen, dass es den Sportclub 07 mal gegeben hat. Im August 1907 kamen in einer Gaststätte an der Schalker Straße in der Nähe des heutigen Musiktheaters im Revier einige Jungs zusammen, die vorher schon als SV Viktoria Schalke auf der so genannten Unkelwiese kickten. Sie wählten Willi Pappert zu ihrem ersten Vorsitzenden und nannten den Klub während ihrer ersten Mitgliederversammlung in SV Urania um.

Kein besonders hohes Ansehen

Der SV Urania genoss anfangs kein besonderes Ansehen. Er vereinigte die Arbeiterschicht, die in bürgerlich besetzten Sportverbänden zu jener Zeit nicht gerne gesehen waren. Vor allem die etablierten Nachbarn SuS Schalke 96 und Ballspielverein 1904 Gelsenkirchen rümpften die Nase und sorgten mit dafür, dass der Antrag des SV Urania auf Aufnahme in den Westdeutschen Sportverband (WSV) abgelehnt wurde. Erst durch den Zusammenschluss mit dem Turnclub Bismarck im Jahre 1912 hatte der WSV ein Einsehen.

Kanarienfarbene Trikots

Kurz vor Ende des ersten Weltkriegs nannte sich der Verein ein letztes Mal um und firmierte fortan als Sportclub Gelsenkirchen 07. Wegen seiner kanarienfarbenen Trikots und seiner Spielstärke wurde der Klub schnell als „die gelbe Gefahr“ bekannt. Acht Jahre lang behauptet sich SC 07 in der Ruhrbezirksliga, auch dank seines Leistungsträgers Michel Gogalla, der in den 1920er Jahren zur Symbolfigur des Gelsenkirchener Fußballs wurde.

Schalke-Legende Ernst Kuzorra (r.), hier in seinem ehemaligen Tabakladen mit Kultspieler Stan Libuda, schaute oft am Bahnhof Bismarck vorbei.  Foto: Martin Möller / FUNKE Foto Services
Schalke-Legende Ernst Kuzorra (r.), hier in seinem ehemaligen Tabakladen mit Kultspieler Stan Libuda, schaute oft am Bahnhof Bismarck vorbei. Foto: Martin Möller / FUNKE Foto Services © WAZ | Martin Möller

Es wird überliefert, dass auch das spätere Schalke-Idol Ernst Kuzorra zu jener Zeit regelmäßig zum Platz am Bahnhof Bismarck gekommen ist, um den trickreichen Michel Gogalla spielen zu sehen. Das Leben von Michel Gogalla endete tragisch. Am 1. Mai 1937, damals war er Trainer von Altona 93, wurde er in Hamburg beim Kartenspielen erstochen.

Der Glanz des inzwischen zum Trinenkamp umgezogenen Sportclubs war zu jenem Zeitpunkt bereits etwas verblasst, auch weil ihm ein übermächtiger Nachbar namens FC Schalke 04 den Rang ablief. Als nach dem 2. Weltkrieg die 2. Liga West als Vertragsliga eingeführt wurde, verzichtete Null-Sieben auf die Lizenz und verblieb als Amateurverein in der drittklassigen Landesliga. In den Jahren danach hatte der Sportclub seine fußballerische Heimat in der Landesliga, in der Bezirksklasse und in der 1. Kreisklasse.

Höhenflug Mitte der 1960er-Jahre

Erst Mitte der 1960er-Jahre erlebten die Bismarcker noch einmal einen Höhenflug. Von 1964 bis 1967 ging es unter den Trainern Werner Kisker und Günter Lieberum im Sauseschritt von der 1. Kreisklasse hoch bis in die Verbandsliga. Dort, in der seinerzeit dritthöchsten deutschen Liga, hielt sich der Sportclub vier Spielzeiten, bevor es 1970 für acht Jahre wieder runter in die Landesliga ging.

Sein letztes Hurra gab der Sportclub 07 im Jahre 1978 nach der Rückkehr in die Verbandsliga von sich. Nach dem Abstieg vier Jahre später steuerten die Bismarcker ungebremst dem Abgrund zu. Es folgte erst der aus der Landesliga und dann, als das Geld ausging, im Jahre 1984 die Auflösung.