Gelsenkirchen. Lisa Tüchter geht, aber bei der großen Bronze-Party des Gelsenkirchener Luftgewehr-Bundesligisten geht im Vereinsheim die Post ab – und zwar so!
Eine der letzten Amtshandlungen von Lisa Tüchter als Schützin des Gelsenkirchener Luftgewehr-Bundesligisten BSV Buer-Bülse ist Bierzapfen. Es ist Freitagabend, und Lisa Tüchter steht gemeinsam mit ihrer Teamkollegin Leila Hofmann und Trainer Frank Pawelke hinter der Theke im BSV-Vereinsheim. Um ihren Hals baumelt die Bronzemedaille, die die Bülser bei der Endrunde um die Deutsche Meisterschaft sensationell gewonnen haben.
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Es war Lisa Tüchters letzter Wettkampf für den BSV, denn die Kapitänin verlässt den Verein nach der Saison. Bei der großen Abschlussparty ist sie aber selbstverständlich noch dabei. „Ich bin eine richtig schlechte Thekenkraft. Deshalb bin ich Lehrerin geworden“, ruft Lisa Tüchter aus Scherz einem ihrer Vereinskollegen zu, als der ein Bier bestellt.
Rund 40 Mitglieder kommen, um die Bronze-Helden zu feiern
Ja, an diesem Abend übernimmt Bülses Bundesligateam höchstpersönlich die Bedienung im Vereinsheim. Rund 40 Mitglieder sind gekommen, um ihre Bronze-Helden zu feiern. Für die passende Verpflegung steht nicht nur reichlich Bier bereit, sondern auch Brühwurst, Kartoffelsalat und Suppe. „Wer hätte im Oktober gedacht, dass wir hier im März eine Medaillenparty feiern können“, fragt die Vereinspräsidentin Susanne Bohlenz am Anfang ihrer Begrüßungsrede. Sie überreicht allen Teammitgliedern jeweils eine Flasche Wein – und bringt dann das Ziel der Party auf den Punkt. „Quatscht die Schützen voll, lernt sie kennen, damit ihr nächste Saison alle Namen schreien könnt“, ruft sie.
Sechs Wochen liegt es nun zurück, dass der als Tabellenvierte der Nordstaffel angereiste BSV bei der Endrunde völlig überraschend gegen Südmeister SV Bund München und Nordmeister St. Hubertus Elsen gewann und damit Dritter wurde. Es war der größte Erfolg seit dem Gewinn der Silbermedaille vor 17 Jahren. Wie viel diese Bronzemedaille bedeutet, merkt man an diesem Abend jedem Bülser an. Zum Beispiel Klubchefin Susanne Bohlenz, die sich nach ihrer Begrüßungsrede erst einmal an die Theke setzt. „Ich hatte schon zwei Wochen vorher Rotz und Wasser geheult, als klar war, dass wir überhaupt in die Endrunde kommen. Eigentlich war das Ziel, eine sichere Saison ohne Abstiegskampf zu schießen“, erzählt sie.
Eine ganze Flasche Marillen-Schnaps wird geleert
Die Endrunde verfolgte sie dann mit einigen anderen aus dem Verein im Livestream. „Wenn uns da jemand gesehen hätte, hätte der gedacht, wir haben sie nicht mehr alle. Die Wettkämpfe waren ja haarscharf, ich sterbe bei so was.“ Wie sie den dritten Platz gefeiert haben? Susanne Bohlenz grinst. „Ich trinke selten Alkohol, aber an diesem Tag haben wir eine ganze Flasche Marillen-Schnaps leergemacht“, verrät sie.
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Währenddessen wird am anderen Ende der Theke schon eifrig unterschrieben. Auf den extra gedruckten T-Shirts des Teams dürfen sich alle Gäste mit ihrem Autogramm verewigen. Im Laufe des Abends wechselt dann die Besetzung hinter die Theke. Auch die Schützen Peter Hellenbrand, Henny Karen Reitz, Co-Trainer Oliver Frank und Physiotherapeutin Caro Upmeyer zapfen mal Bier.
Der Abschied Lisa Tüchters ist so, wie wenn dein Kind auszieht
Letztere hatte vor der Endrunde übrigens ein klares Ziel ausgegeben. „Ich habe gesagt, dass ich nicht wieder nach dem ersten Wettkampf rausfliegen will (bei den vorigen drei Endrunden-Teilnahmen war Bülse immer im Viertelfinale gescheitert, Anm. d. Red.). Dass wir dann sogar Dritter geworden sind, war ein überwältigendes Gefühl. Total geil. Ich bin dankbar, Teil dieses Teams sein zu dürfen“, schwärmt Caro Upmeyer. Schützin Henny Karen Reitz ergänzt: „Dass ich überhaupt bei einer Endrunde schießen konnte – damit habe ich mir schon einen Lebenstraum erfüllt. Nach dem dritten Platz sind dann viele Tränen geflossen.“
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Davon gibt es an diesem Abend keine mehr. Stattdessen wird die Partymusik aufgedreht, eine Polonaise zieht durchs Vereinsheim. Emotional wird es dann noch mal, als das Thema des nahenden Abschieds von Kapitänin Lisa Tüchter aufkommt: „Das ist so, wie wenn dein Kind auszieht“, meint Präsidentin Susanne Bohlenz und verweist darauf, dass die mittlerweile 30-jährige Lisa Tüchter mit 17 nach Bülse gekommen ist.
Noch emotionaler wird Schützin Leila Hofmann, die sich in den vergangenen sechs Jahren mit Lisa Tüchter an den Wettkampfwochenenden ein Hotelzimmer geteilt hat: „Lisa wird mir sehr fehlen. Ich habe nach dem letzten Wettkampf sehr viel geweint“, erzählt sie. Lisa Tüchter steht daneben und grinst. „Du hast sogar noch mehr geweint als ich“, flachst sie und fügt hinzu: „Aber ich werde ja immer mal wieder vorbeikommen und zuschauen.“ Dann muss sie wieder ran an den Zapfhahn.