London. Mehr Kraft, mehr Fokus und echtes Selbstbewusstsein: Bei der Gelsenkirchenerin Mandy Böhm hat sich vor ihrem zweiten UFC-Kampf viel verändert.
Nach dem Kaffee am Mittwochmorgen hat Mandy Böhm Zeit zu telefonieren. Das ist nicht selbstverständlich, denn am Samstag kämpft die Gelsenkirchenerin zum zweiten Mal in der größten Mixed-Martial-Arts-Organisation der Welt, der UFC. Im Rahmen der UFC Fight Night in London (ab 17 Uhr, live bei DAZN) trifft Mandy Böhm auf Victoria Leonardo aus den USA. Normalerweise ist sie in der Woche vor einem Kampf so fokussiert, dass kurzfristige Interviews nicht möglich sind. Doch für die WAZ nimmt sich das Monster, wie sich Deutschlands aktuell beste MMA-Kämpferin nennt, trotzdem 45 Minuten Zeit. Im Interview erklärt Mandy Böhm, was sie aus der Niederlage in ihrem ersten UFC-Kampf gelernt hat und warum sie sich vor ihrem zweiten so stark fühlt wie noch nie.
Frau Böhm, als Sie sich in der Vorbereitung auf Ihren zweiten UFC-Kampf am Außenband verletzt haben, haben Sie gesagt, dass Sie am „Monster 3.0“ arbeiten werden. Fühlen Sie sich jetzt kurz vor dem Kampf auch so?
Ja. Ich weiß, dass ich am Samstag in der bestmöglichen Form im Ring stehen werde. Ich konnte wegen der Verletzung zwar nicht so starten, wie ich mir das vorgestellt hatte, aber vielleicht war das sogar gut so. Ich habe in der Zeit viel Kraftausdauertraining gemacht. Ich spüre, dass ich stärker und schneller geworden bin. Ich denke auch nicht mehr an die Verletzung, weil ich weiß, dass meine Muskulatur jetzt stärker ist als vorher. Ich bereue es keine Sekunde, fürs Training nach Las Vegas gezogen zu sein.
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Was unterscheidet das Training dort von dem in Deutschland und Irland, wo Sie vorher trainiert haben?
Die Professionalität ist auf einem anderen Level, allein schon die Regeneration: Physiotherapie, Sauna, Eisbad – alles, was man sonst extra bezahlen muss, war in dieser Vorbereitung mit drin. Dazu kommen die Trainer, da ist richtig Knowhow. Ich bin glücklich, mit solchen Leuten zusammenzuarbeiten. Das war die beste Vorbereitung, die ich je hatte.
Also wird am Samstag das beste Monster aller Zeiten im Ring stehen?
Auf jeden Fall. Ich bin ein Top-Monster.
Die Niederlage in Ihrem ersten UFC-Kampf haben Sie auch damit erklärt, dass sie zu beeindruckt von der Atmosphäre waren. Wie wird das diesmal sein?
Ich bin diesmal total distanziert von dem ganzen UFC-Trubel. Das ist normaler geworden, weil ich seit einigen Monaten bei der UFC in Las Vegas trainiere. Mein Fokus liegt brutal auf Samstag, ich will mich belohnen für all das, was ich investiert habe. Es werden auch ein paar Leute aus der Heimat kommen: Familie, Freunde, Trainingspartner und Fans. Die ganze Monster-Nation wird auflaufen, das ist richtig geil.
Was wollen Sie besser machen als zuletzt?
Ich bin mit meinen Gedanken überhaupt nicht beim vergangenen Kampf. Den habe ich hinter mir gelassen. Ich möchte einfach am Samstag abliefern.
Aber Sie müssen ja Ihre Fehler aus dem Kampf analysiert haben.
Natürlich habe ich das gemacht. Ich brauche vor allem meinen Fokus. Ich habe jetzt auch zum ersten Mal richtiges Selbstvertrauen, weil mir meine Stärken bewusster sind. Früher habe ich die Schwächen meiner Gegnerin analysiert, diesmal habe ich mich gar nicht so sehr auf sie fokussiert. Ich habe mich selbst wiedergefunden. Ich weiß, wer ich bin, was ich kann und was ich will. Und das ist der Sieg.
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Aber Sie wirkten auch vorher schon selbstbewusst.
Ich weiß, dass ich auf andere selbstbewusst gewirkt habe. Aber ich habe mich immer schwach und zerbrechlich gefühlt. Jetzt fühle ich mich zum ersten Mal in meinem Leben selbstbewusst. Und ich bin mir auch sicher: Hätte ich diese Niederlage nicht einstecken müssen, wäre ich nicht dahingekommen.
Ihre Gegnerin Victoria Leonardo hat ihre bisherigen zwei UFC-Kämpfe verloren. Wie schätzen Sie Ihre Chancen ein?
Wenn ich meine Chancen nicht gut einschätzen würde, würde ich hier nicht auflaufen. So einfach ist das. Wenn ich nicht daran glauben würde, jeden schlagen zu können, bin ich hier falsch.
Bei großen Kampfsport-Organisationen ist es so: Wer mehrmals verliert, ist schnell raus. Sie haben Ihren ersten UFC-Kampf verloren. Haben Sie Angst davor, eine zweite Niederlage zu kassieren?
Natürlich kann es sein, dass ich raus bin, wenn ich verliere. Das spielt für mich aber keine Rolle. Ich bin gerade die beste Version von mir, die ich sein kann. Deshalb bin ich zuversichtlich, dass ich gewinne. Sollte das nicht klappen, bin ich trotzdem stolz auf das, was ich geleistet habe.