Gelsenkirchen/Las Vegas. Die MMA-Kämpferin verliert bei ihrem ersten Auftritt in der UFC nach Punkten. Die Gelsenkirchenerin schwärmt trotzdem von ihrer Premiere.
Mandy Böhm ist gerade auf der Autobahn unterwegs, als sie über den größten Moment ihrer Karriere im Mixed-Martial-Arts (MMA) spricht. Die 32-jährige Gelsenkirchenerin feierte kürzlich ihr Debüt in der Ultimate Fighting Championship (UFC), der größten MMA-Organisation der Welt. In Las Vegas verlor die zweite deutsche UFC-Kämpferin überhaupt gegen die Brasilianerin Ariane Lipski einstimmig nach Punkten. Im Interview erklärt Böhm, warum sie ihrem Spitznamen „Monster“ diesmal nicht gerecht wurde, wie das mit Weihnachtsbäumen zusammenhängt und wie ihre Heimat sie aufgebaut hat.
Frau Böhm, wie geht’s Ihnen mittlerweile? Sie hatten nach dem Kampf einige blaue Flecken unter den Augen.
Mandy Böhm: Jetzt geht’s mir wieder gut, die Wunden sind geleckt. Gesundheitlich war das sowieso kein Problem, eher emotional. Aber ich habe die Niederlage inzwischen verkraftet.
Wie lange hat es gedauert, Ihre erste Niederlage als Profi-Kämpferin zu verarbeiten?
Nicht so lange. Ich bin ein positiver Mensch und finde, dass sich Charakter nicht im Sieg zeigt, sondern darin, wie man mit Niederlagen umgeht. Ich würde diese Niederlage auch nicht gegen einen Sieg eintauschen wollen, selbst wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte. Es war die richtige Erfahrung zur richtigen Zeit.
Wie meinen Sie das?
Es war überwältigend, da auf der großen Bühne zu stehen. Ich war wie das kleine Kind vor dem Weihnachtsbaum. Meine Augen haben geglänzt. Ich habe gedacht, ich wäre abgeklärt genug, um die Eindrücke zu verarbeiten. Aber die UFC hat es geschafft, mir etwas zu zeigen, was ich so nicht kannte. Diese Erfahrung bringt mich weiter. Natürlich ist die Niederlage schmerzhaft, aber sowas gehört zum Leben dazu. Ich lerne daraus.
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Sie sprechen Ihre Eindrücke an. Was hat Sie besonders beeindruckt?
Die UFC ist die größte Promotion (Organisation; Anm. d. Red.) der ganzen Welt. Ich stehe da als Gelsenkirchener Mädel und merke, dass ich an meinem größten Ziel angekommen bin. Das ist Wahnsinn. Und dann läufst du in die Halle ein. Ich war ganz verloren im Octagon. Da hat vielleicht der Fokus für die Aufgabe gefehlt.
War dies das zentrale Problem, das zur Niederlage geführt hat?
Ja, ich war erschlagen von den Eindrücken, meine Gedanken waren an vielen Stellen, aber nicht beim Kampf. Vielleicht war ich zu glücklich. Ich bin zwei Wochen später noch aufgewacht und habe gedacht, ich bin in Las Vegas. Auch die anderen Umstände waren nicht perfekt. Mein Mann konnte nicht mitkommen, weil er sein Visum nicht rechtzeitig bekommen hat. Er weiß, wie er mich im Kampf wachrütteln kann. So eine vertraute Person fehlte. Zumal ich erst seit zwei Monaten mit meinem Team zusammenarbeite und die Abstimmung noch nicht so gut funktioniert hat.
Wie lief der Kampf allgemein?
Ich war sehr defensiv, sonst bin ich viel aggressiver. Ich habe irgendwie mit angezogener Handbremse gekämpft und konnte das Monster in mir nicht aufwecken. Die Gegnerin war zwar stark, aber ich habe mich letztlich selbst besiegt.
Was nehmen Sie aus dem Kampf mit?
Dass es zählt, in den fünf Minuten abzuliefern. Ich werde jetzt an meinem Fokus arbeiten. Das Training ist zwar auch wichtig, aber das Hauptaugenmerk liegt jetzt darauf, wach zu sein, wenn es drauf ankommt.
Wie kann man das denn trainieren?
Indem man bewusst Dinge tut. Ich werde zum Beispiel eine Stoppuhr auf fünf Minuten stellen und in der Zeit ein Buch lesen, ohne etwas anderes dabei zu tun. Es geht darum, den Fokus fünf Minuten lang auf eine Sache zu lenken und so konzentriert wie möglich dabei zu bleiben.
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Welche Reaktion gab es von Ihren Fans auf die Niederlage in Las Vegas reagiert?
Das Feedback war total schön, vor allem von Gelsenkirchenern. Ich habe so viele wunderbare Nachrichten bekommen. Das liebe ich an unserer Stadt: Es gibt Unterstützung, auch wenn du in die Scheiße fällst. Gelsenkirchen stärkt dir den Rücken, egal ob Sieg oder Niederlage. Diese Mentalität hier ist einmalig.
Wie geht’s jetzt für Sie weiter?
Es wird definitiv einen zweiten UFC-Kampf geben. Wir peilen den Februar an, mein Management verhandelt gerade mit der UFC. Bis dahin werde ich trainieren. Ich bin motivierter denn je, zu zeigen, dass ich in die UFC gehöre. Die Niederlage lag nicht daran, dass ich nicht gut genug bin, sondern dass ich meine PS nicht auf die Straße gebracht habe. Diesen Fehler werde ich nicht wiederholen.