Schalke. Die Gelsenkirchen Devils sind nach Schalke 04 einer der größten Zuschauermagnete der Stadt. Einen eigenen Sportplatz hat der Klub aber nicht.
Sven Kicza steht das Gras bis zu den Knien. Der 46-Jährige stapft in seiner Arbeitshose über die Wiese, nebenan im Baum zwitschern einige Vögel, die Blätter rascheln im Wind. Hört sich nach idyllischem Landleben auf dem Bauernhof an? Mag sein, ist aber genau das Gegenteil. Eigentlich fetzen hier American-Football-Spieler über den Rasen und ringen um den Ball. Kicza ist nämlich kein Bauer, sondern Vorsitzender des einzigen Football-Vereins der Stadt: der Gelsenkirchen Devils. Und Kicza steht auch nicht auf einer Heu-Wiese – selbst wenn die etwa 30 Zentimeter hohen Grashalme diesen Schluss nahelegen – sondern auf dem Sportplatz der Devils.
Normalerweise trainieren hier rund 135 Nachwuchsspieler der Devils, denn die neben dem Schalker Gymnasium liegende Wiese ist der Haupt-Trainingsort der Jugendabteilung. Diesmal aber müssen sie in das Horster Fürstenbergstadion ausweichen. „Solange der Rasen nicht gemäht ist, müssen wir improvisieren. Ich weiß nicht, wo die U19 morgen trainiert“, hadert Kicza. Die Graslänge – sie ist nur eine von vielen weiteren Sorgen der Devils.
Verletzungsrisiko ist auf dem Platz sehr hoch
Denn selbst wenn der Rasen kurz wäre: Wer dort Sport macht, braucht stabile Knöchel, um den vielen Schlaglöchern auszuweichen. „Die Verletzungsgefahr ist sehr groß“, stellt Kicza ernüchtert fest und erklärt: „50 Prozent unserer Spieler sind adipöse Jugendliche, sie hätten in jeder anderen Sportart keine Chance. Beim Football sind sie die Haupt-Schlüsselspieler. Aber wenn 120 Kilo umknicken, bedanken sich die Bänder.“ Kiczas Fazit: „Hier kann man keinen Sport treiben.“
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Die Hölle der Devils (Deutsch: Teufel) ist also eine Hoppelwiese. Die Jugend trainiert trotzdem seit 2012 darauf. Bis 2014 fanden dort auch die Einheiten der Herrenmannschaft statt, die mittlerweile in der Regionalliga, der dritthöchsten Klasse Deutschlands, spielt. Die damalige Verletzungsstatistik der Herren spricht Bände: „Pro Training hatten wir mindestens zwei Verletzungen“, erzählt Kicza und nennt verstauchte Knöchel oder verdrehte Knie als Beispiele. Dank guter Kontakte zum Fußballverein Teutonia Schalke trainieren und spielen die Herren inzwischen in der Glückauf-Kampfbahn.
Zuschauer strömen zu den Devils
Zu seinen Heimspielen begrüßt der Klub dort im Schnitt 800 bis 1000 Besucher und ist damit nach dem FC Schalke 04 einer der größten Zuschauermagnete in der Stadt. Entsprechend groß ist der Wunsch der Devils nach einem eigenen Sportplatz, um nicht ständig zwischen Wiese, Glückauf-Kampfbahn und Fürstenbergstadion pendeln zu müssen. „Das ist auch ziemlich kostenintensiv, weil wir das Trainingsmaterial für alle drei Standorte besorgen und dort lagern müssen“, wirft Kicza ein.
Welche Fläche die Devils für ihren eigenen Sportplatz im Blick haben? Tatsächlich die Hoppel-Wiese am Schalker-Gymnasium, denn andere geeignete Flächen sowie das nötige Kleingeld für einen Neubau sind in Gelsenkirchen bekanntlich rar. „Die Fläche der Wiese“, betont Kicza, „ist ja ausreichend. Wenn sie vernünftig begradigt wird, wären wir schon zufrieden.“ Der Klub würde sich auch selbst darum kümmern: „Wir haben genug Ehrenamtliche, mit denen wir den Platz fitmachen könnten. Wir wollten den Rasen schon mal selbst begradigen, aber da das keine städtische Sportanlage ist, ging das ohne Bauanträge nicht.“
Verein bietet Unterstützung bei der Platzpflege an
Tatsächlich gehört die Wiese zum Schulgelände, ist also keine offizielle Sportanlage. Frank Witulski, bei Gelsensport für die Sportstättenvergabe zuständig, zeigt sich auf WAZ-Anfrage aber offen für den Wunsch der Devils: „Mir hat noch niemand gesagt, dass der Verein selbst zur Pflege beitragen will. Aber wir sind natürlich nicht dagegen. Die Devils sollen uns noch mal informieren, inwieweit sie durch Manpower helfen können. Wir werden das aufnehmen und mit der Schule besprechen“, sagt er.
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Sven Kicza hofft, dass nun wirklich etwas passiert. „Wir hatten schon drei, vier Ortstermine mit Stadt und Gelsensport. Geändert hat sich danach nichts“, erzählt er und appelliert: „Es heißt immer, dass wir die Kinder von der Straße holen und beschäftigen sollen. Aber so kann ich sie nicht beschäftigen.“ Immerhin sei der Rasen einige Tage nach dem Termin mit der WAZ etwas gemäht worden, berichtet Kicza später. „Du kannst aber immer noch ein Klemmbrett in den Rasen stecken, so hoch ist er.“ Statt bis zu den Knien steht dem Vorsitzenden das Gras nun bis zu den Waden.