Gelsenkirchen. Holger Brauner (49) aus Buer bewirbt sich für einen Platz im Schalker Aufsichtsrat. Der Wirtschaftsprüfer setzt dabei auch auf den Heimvorteil.

Block 35, ein Sitzplatz in der Nordkurve über den Stehrängen: Hier hat Holger Brauner seinen Stammplatz in der Arena. Der 49 Jahre alte Wirtschaftsprüfer kandidiert am 13. Juni für einen Platz im Schalker Aufsichtsrat und kann dabei einen Heimvorteil ausspielen: Er kommt aus Buer, gehört dem Supportersclub an und ist Mitglied im Polsumer Schalke-Fan-Club „Der Mythos lebt“.

Herr Brauner, wenn man sich Ihre Vita anschaut: Viel mehr Schalker geht nicht, oder haben wir etwas vergessen?

Holger Brauner Meine Frau habe ich vor 27 Jahren bei einem Auswärtsspiel auf dem Betzenberg in Kaiserslautern kennengelernt, es war ihre erste Auswärtsfahrt mit Schalke, sie wollte das mal ausprobieren (lacht). Ansonsten: Ich bin in Resse geboren, habe an der Ruhr-Uni in Bochum studiert und halte mich für einen ganz normalen Schalker mit einem engen Bezug zum Verein. Ich kenne viele Leute, im Moment meckern und motzen alle – das ist wie in der Politik. Aber nur wenige sind bereit, Verantwortung zu übernehmen, und das möchte ich ändern.

Sie sind Wirtschaftsprüfer, sehen Sie darin Ihre Kompetenz für den Aufsichtsrat?

Das ist sicher ein Punkt. Der andere ist die soziale Komponente: Ich weiß, was Schalke für die Leute bedeutet. Ich brauche mich nicht zu vernetzen, um zu erfahren, was die Leute bewegt: Mein Feedback bekomme ich beim Bäcker oder beim Metzger, wenn alle über Schalke reden. Ich bin nah an der Basis.

Als Wirtschaftsprüfer können Sie aber die Zahlen einschätzen, die Schalke im Geschäftsbericht vorlegt: Wie schlimm ist es aus Ihrer Sicht um die Finanzen bestellt, wenn Sie von außen drauf schauen?

Sie sagen es richtig: Ich kann das nur von außen beurteilen. Mein Eindruck aus dieser Warte ist: Wir haben kein kleines Problem, sondern ein großes – der Ernst der Lage ist meiner Meinung nach noch nicht allen bewusst. Man muss es jetzt sehr kurzfristig hinkriegen, die Kosten zu senken und neue Quellen zur Finanzierung zu erschließen. Natürlich hat Corona diese Lage beschleunigt. Hineingeraten sind wir aber durch den Risikokurs aus der Vergangenheit, immer alles auf den kurzfristigen sportlichen Erfolg zu setzen. Ich bin mir nicht sicher, ob man das in den letzten Jahren immer offen und ehrlich kommuniziert hat, wo wir wirklich stehen.

Diskutiert wird beim Thema Finanzen über eine Ausgliederung. Ihr Standpunkt?

Grundsätzlich bin ich ein absoluter Freund des eingetragenen Vereins. Ich bin überzeugt, dass wir das Alleinstellungsmerkmal haben, um als Verein erfolgreich zu sein. Dazu braucht es aber eine strategische Ausrichtung und nicht nur den Gedanken, mit allen Mitteln den kurzfristigen Erfolg einzukaufen – das steht übrigens in ähnlicher Form auch in unserem Leitbild. Zur Frage der Rechtsform: Es ist die Pflicht der Gremien, sich mit allen Optionen auseinanderzusetzen und dann die Möglichkeiten aufzuzeigen, die wir haben – erst dann kann man darüber diskutieren. Ich halte diese Diskussion für wichtig, um wieder Ruhe in den Klub zu bekommen. Vielleicht kommt dabei ja sogar heraus, dass wir derzeit gar keine lohnenswerten Optionen haben.

Der Verein ist derzeit in vielen Bereichen zerstritten. Was wollen Sie dagegen tun?

Aus der Krise kommen wir nur gemeinsam: Die verschiedenen Interessensgruppen müssen zusammenkommen, und dazu braucht es eine gemeinsame Sprache. Ich spreche diese Sprache und glaube schon, dass viele sagen: „Der Brauner ist einer von uns.“ Dass sich alle Schalker an einen Tisch setzen wollen, ist für mich unbestritten.