Ückendorf. In den 1960er und 1970er Jahren spielt die SG Eintracht Gelsenkirchen in der Fußball-Regionalliga und ist somit zweitklassig in Deutschland.
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Die Freunde der Fußball-Nostalgie bekommen beim Blick auf die Tabelle der Kreisliga A glänzende Augen. An zwölfter Stelle der Staffel 2 finden sie dort nämlich einen Vereinsnamen, der in Gelsenkirchen vor allem in den 1960er- und 1970er-Jahren einen besonderen Klang besaß: die Eintracht. Um genau zu sein: die in Ückendorf beheimatete SG Eintracht Gelsenkirchen 07/12. Die Eintracht von heute hat wenig gemeinsam mit der Eintracht von damals und ist nicht einmal als ihr rechtlicher Nachfolger anzusehen. Für 19 Jahre, von 1978 bis 1997, verschwand der Name der Eintracht sogar völlig von der Bildfläche.
Die einstige Eintracht, die 1950 aus dem Zusammenschluss von SV Union 1910 und SV Alemannia 1911 entstand, war während ihres Bestehens über viele Jahre die zweite Kraft in Gelsenkirchen hinter dem FC Schalke 04. Sie stieg 1964 in die Regionalliga West auf. Das war damals, ein Jahr nach der Gründung der Bundesliga, die zweithöchste deutsche Spielklasse. Die Blau-Roten rissen dort zwar keine Bäume aus, aber es reichte in den ersten vier Jahren stets zu einem Platz im unteren Tabellenmittelfeld.
Willi Koslowski: „Die Eintracht war wie eine große Familie. Sie trug ihren Namen zu Recht“
Dieses Abschneiden wäre auch 1969 möglich gewesen, aber aufgrund des Mitwirkens des ehemaligen Schalkers Willi Kraus, der außerhalb des Platzes zu viel kriminelle Energie entwickelte, bekamen die Südstädter sechs Punkte abgezogen und mussten in die Verbandsliga absteigen. Das Exil im Amateurlager dauerte jedoch nur eine Saison. Umso gefestigter kehrte die Eintracht in die Regionalliga zurück. Zum Abschluss der Spielzeit 1970/71 landete der im Südstadion beheimatete Klub auf dem fünften Rang und erreichte damit seine beste Platzierung aller Zeiten.
Zu diesem Zeitpunkt war die SG Eintracht längst eine Anlaufstelle für ausgediente Schalker geworden. Neben Willi Kraus verbrachten dort beispielsweise auch Willi Koslowski und Hannes Becher ihren fußballerischen Abend. „Die Eintracht war wie eine große Familie. Sie trug ihren Namen zu Recht“, erinnert sich Alt-Nationalspieler Willi Koslowski, der auch eine Antwort darauf weiß, warum die Ückendorfer nie aus dem Schatten des großen FC Schalke 04 heraustreten konnten. „Die hatten nie Geld.“
Die Horster und die Ückendorfer kommen sich einfach nicht näher
Eine Wahnsinnsidee leitete schließlich das Ende der alten Eintracht ein: die Fusion mit der STV Horst-Emscher im Jahre 1973. Mit vereinten Kräften wollte man die Qualifikation für die ein Jahr später gegründete zweigeteilte 2. Bundesliga schaffen.
Die Eintracht hatte eine solide sportliche Basis, und die Horster hatten die nötigen finanziellen Mittel. Hörte sich in der Theorie gut an, entpuppte sich in der Praxis aber als Reinfall. Die Horster und die Ückendorfer kamen sich einfach nicht näher, was nicht allein an der großen Entfernung zwischen den beiden Stadtteilen lag.
Die STV Eintracht Gelsenkirchen-Horst, so der Bandwurm-Name des Fusionsklubs, scheiterte unter Trainer Friedel Elting an der Qualifikation und dümpelte anschließend vier Jahre in der Verbandsliga herum. 1978 folgte dann das dicke Ende: Nachdem Ückendorf im Fusionsverein nicht einmal mehr Nebenschauplatz gewesen war, zogen sich die Eintrachtler vollständig zurück. Übrig blieb, auch im Vereinsnamen, die STV Horst-Emscher.
Namensrechte liegen irgendwo im Osten Deutschlands
In den folgenden Jahren war vor allem der frühere Vertragsspielerobmann und inzwischen verstorbene Günter Wagner stets bemüht, den Namen Eintracht Gelsenkirchen durch Zusammenschlüsse mit anderen Vereinen nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Aber alle Versuche, ob mit Sportclub 07 oder mit Post-SV Gelsenkirchen, blieben ohne dauerhaften Erfolg.
Einige der alten Eintrachtler hatten eine neue fußballerische Heimat beim 1930 gegründeten SV Fortuna gefunden. Der SV Fortuna – das war ein redlicher Verein, der es bis zur Bezirksliga schaffte, aber nie diese Strahlkraft wie einst die SG Eintracht entwickelte, obwohl sie deren Nachfolge als Südstadion-Nutzer angetreten hatte. Die alten Eintrachtler in Reihen des SV Fortuna waren deshalb stets bemüht, den alten Namen wieder aufleben zu lassen. Das gelang ihnen 1997 – durch Umbenennung des SV Fortuna in SG Eintracht. Das war allerdings nicht so einfach, wie es sich anhört. Die Namensrechte an der alten, untergegangenen Eintracht lagen irgendwo im Osten Deutschlands, irgendjemand hatte sich diese Rechte gesichert.
In den Aufstiegsspielen an Türkspor Dortmund gescheitert
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Vier Jahre nach der Umbenennung gelang der neuen Eintracht der Aufstieg in die Bezirksliga. Nach zwei Vizemeisterschaften in den Jahren 2003 und 2006 hinter Karadeniz Herne und Rot-Weiß Leithe gelang dann 2007 der Aufstieg in die Landesliga. Zwei Jahre später stiegen die Ückendorfer wieder ab und wurden in der folgenden Saison 2009/10 in die Kreisliga A durchgereicht. Nach dem Abstieg im Jahr 2014 musste der Klub sogar runter in die Kreisliga B.
Im Sommer 2017 fusionierte die SG Eintracht Gelsenkirchen mit den Sportfreunden 07/12 Gelsenkirchen zur SG Eintracht Gelsenkirchen 07/12. Der neue Verein übernahm den Platz der Sportfreunde in der Kreisliga A und wurde dort zwei Jahre später Meister der Staffel 2. Die Rückkehr in den überkreislichen Fußball gelang trotzdem nicht, weil die SG Eintracht 07/12 in den Aufstiegsspielen gegen den VfB Kirchhellen und gegen Türkspor Dortmund das Nachsehen hatte.