Gelsenkirchen. Für den U23-Kapitän schließt sich im Juni das Kapitel Schalke 04. Im Interview spricht er über seine Zukunft und seine Ziele.

Der Führungsspieler der U23-Mannschaft des FC Schalke 04 erhält kein neues Arbeitspapier mehr bei den Königsblauen und sondiert aktuell den Markt. Der 31-Jährige fühlt sich noch motiviert und fit genug für eine neue reizvolle Aufgabe.

Herr Candan, Sie gehören zu den sieben Spielern, die bei der U23 keinen neuen Vertrag für die neue Saison erhalten. Wie gehen Sie mit dieser Entscheidung um, wie groß ist die Enttäuschung?

Fatih Candan: Es gehört im Fußball dazu, solche Entscheidungen professionell aufzunehmen und zu akzeptieren. Im ersten Moment war es keine große Überraschung, da ich es geahnt hatte. Eher überwiegt der Gedanke, dass eine schöne Zeit mit den Jungs zu Ende geht. Die U23 war auf jeden Fall eine Erfahrung wert, jetzt blicke ich nach vorne.

Was konnten Sie den vielen jungen Spielern als Kapitän mitgeben?

Ich versuche vor allem, den Jungs für ihre Zukunft und Entwicklung Tipps zu geben. Es ist wichtig, ihnen zu vermitteln, worauf es im Fußball ankommt und, dass hier niemandem etwas geschenkt wird. Nur durch harte Arbeit erreichst du deine Ziele. Ich hoffe, der eine oder andere nimmt von meinem Erfahrungsschatz etwas mit. Die Jugend heutzutage ist ja schon sehr anstrengend geworden. (lacht)

Wie fällt Ihr sportliches Fazit nach fast zwei Jahren und knapp 50 Spielen bei Schalkes U23 aus?

Im Großen und Ganzen war und bin ich glücklich auf Schalke. Ich war im Ruhrgebiet endlich wieder zuhause. Wir haben eine gute Zeit innerhalb des Teams, es wird viel gelacht, und natürlich ist mir der eine oder andere schon ans Herz gewachsen. Sportlich betrachtet war die Zeit Neuland für mich, auch mal öfter auf der Bank zu sitzen, da ich sonst fast immer Stammspieler war. Die Entscheidung habe ich aber professionell aufgenommen und mich zu hundert Prozent mit der Rolle innerhalb des Teams identifiziert.

Was haben Sie sich im Endspurt mit Schalkes U23 noch vorgenommen?

Im hoffe, dass wir die letzten Spiele erfolgreich bestreiten werden, um die Saison mit einem Lächeln im Gesicht zu beenden.

Im Sommer-Trainingslager 2020 waren Sie mit den S04-Profis in Mittersill und kamen beim Test gegen den spanischen Erstligisten FC Villarreal zum Einsatz. Gab es seinerzeit die Hoffnung, dass vielleicht sogar etwas mehr auf Schalke gehen könnte?

Als der Trainer uns mitteilte, dass wir zu den Profis ins Trainingslager nachreisen, war ich erst sprachlos und dachte, es sei ein Witz. Es war ein sehr schöner Moment, nach ein paar Wochen auf Schalke direkt bei den Lizenzspielern gegen Villarreal auflaufen zu dürfen. Aber ich wusste, dass mein Platz in der U23 ist. Da war ich natürlich realistisch genug und konnte als erfahrener Spieler einschätzen, dass ich bei den Profis „nur“ ausgeholfen habe.

Ihre Karriere hat Sie unter anderem zu Karabükspor in der erste türkische Liga geführt. Was haben Sie mit Mitte 20 in der Türkei-Zeit gelernt?

In meinem Heimatland Fußball spielen zu dürfen, war mir eine große Ehre. Ich habe dort sehr viel mitgenommen. Nicht unbedingt sportlich, vor allem als Mensch bin ich viel stärker und reifer geworden. Der Abstieg mit Karabükspor war schon bitter, da eben gerade erst ein Sprung in meiner Karriere begann und ich direkt so eine Erfahrung machen musste. Solche Erlebnisse sind nie schön.

Sind Sie mit Ihrer sportlichen Laufbahn zufrieden oder würden Sie heute vielleicht etwas anders entscheiden, um noch mehr zu erreichen?

Wie heißt es so schön: hinterher ist man immer schlauer. Ich bereue definitiv keine Entscheidung in meiner Karriere. Mit 18 Jahren habe ich in der Kreisliga B beim VFR Bottrop Ebel auf Asche gekickt. Andere Spieler haben da schon im Bundesliga-Unterbau die Jugend durchlaufen oder hatten eine andere Grundausbildung vorzuweisen. Ich habe mir alles hart erarbeitet, Jahr für Jahr, und dabei immer an mich geglaubt. Meinem Papa habe ich dabei auch viel zu verdanken, da er mich immer unterstützt hat. Ich habe mir meinen Kindheitstraum erfüllt und über volle 90 Minuten in Istanbul gegen Galatasaray Istanbul gespielt. Das kann mir keiner mehr nehmen.

Wie sehen Ihre sportlichen Pläne für die Zukunft aus? Welche Vereinsphilosophie und welche Ligen wären für Sie interessant?

Ich möchte in der Regionalliga West in einem Verein mit professionellen Strukturen spielen. Ich bin sehr ehrgeizig und mein Körper ist seit mehreren Jahren verletzungsfrei, ich fühle mich noch sehr fit. Sollte das nicht klappen, vor allem, da Corona noch einmal alles erschwert und der Fußball sehr darunter leidet, würde ich mich mit Plan B beschäftigen. Dann würde ich mich in einer niedrigeren Spielkasse umschauen, ob auch dort eine reizvolle Aufgabe für mich in Frage käme.

Ist in vier, fünf Jahren der Trainer Fatih Candan vorstellbar? Oder geht die Tendenz dahin, vielleicht ganz ohne Fußball auszukommen?

Mit dem Fußball, so wie ich ihn erlebt und gelebt habe, könnte ich wahrscheinlich nie komplett abschließen. Der Trainerposten wäre definitiv eine sehr spannende Herausforderung für mich. Darauf hätte ich große Lust.

Was macht einen guten Trainer aus: Sollte er eher Kumpel oder eher harter Hund sein?

Es sollte eine Mischung aus beidem sein. Man muss zur richtigen Zeit auch mal die Zügel anziehen und durchgreifen, aber sich andererseits auch gegenüber den Spielern öffnen können. Die Basis muss stimmen. Ein regelmäßiger Austausch ist wichtig, dass sich beispielweise kein Spieler benachteiligt fühlt.