Gelsenkirchen. WAZ-Interview mit Schalkes Joselpho Barnes, der mit Ghanas U20 den Afrika-Cup gewonnen hat: „Es waren einfach unglaubliche drei Wochen für mich.“

Es ist der 6. März, ein Samstagabend im Stade Olympique in Mauretaniens Hauptstadt Nuakchott, an dem Joselpho Barnes Afrika-Cup-Sieger 2021 wird. Im Finale setzt sich die U-20-Nationalmannschaft Ghanas mit 2:0 gegen Uganda durch. Zwar bleibt dem 19-Jährigen aus dem U-23-Team des FC Schalke 04 an diesem Abend nur ein Platz auf der Bank, aber dennoch ein riesiges Erlebnis.

Hallo Jo! Sagt eigentlich jemand Joselpho?

Joselpho Barnes: Nein, nicht wirklich. Außer, wenn die Jungs mich im Training vielleicht etwas aufziehen wollen (lacht).

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Bevor wir zum Jetzt kommen, gestatten Sie einen Blick zurück: etwa auf den 20. Oktober 2019. Da haben …

… wir mit der U 19 in Dortmund mit 4:0 gewonnen. Das war ein Traum! Ich habe schon viele gute Spiele erlebt, aber man kann auf jeden Fall sagen, dass das Spiel ein ganz besonderes war.

Joselpho Barnes: „Ich denke, Wille und Ehrgeiz zeichnen mich aus“

Sie waren im Team von U-19-Cheftrainer Norbert Elgert immer eine feste Größe. Was hat Sie so stark gemacht, wie hat er Sie so stark gemacht?

Ich denke, Wille und Ehrgeiz zeichnen mich aus. Ich versuche immer, der beste Jo zu sein, der ich an jedem einzelnen Tag sein kann. Norbert Elgert hat vor allem auf die kleinen Details geachtet. Das hat mich immer stärker gemacht. Manchmal war es nicht leicht, wenn er streng war und mich auf gewisse Dinge hinwies, aber nur so wurde ich besser und konnte von Tag zu Tag dazulernen.

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Apropos: Im Elgert-Team haben Sie oft in der Fünferkette hinten rechts gespielt. Wer im Internet nach Ihnen sucht, findet Joselpho Barnes aber immer als Stürmer beziehungsweise Striker. Was sind Sie denn nun?

Ich bin sehr flexibel einsetzbar. Meine feste Position ist auf dem rechten Flügel, aber ich kann fast überall spielen. In der U 19 habe ich als Sechser, Achter, rechter Verteidiger, rechter Flügel und als Stürmer gespielt – da war also fast alles dabei.

Vier Kollegen spielen in der Bundesliga: Malick Thiaw, Can Bozdogan, Matthew Hoppe und Mikail Maden

Nun, im U-23-Team, stehen für Sie gerade mal 19 Regionalliga-Minuten gegen Rot-Weiß Oberhausen Oberhausen zu Buche. Ist der Sprung von den Junioren zu den Senioren doch ein gewaltiger? Obwohl vier Ihrer Teamkollegen der vergangenen Saison – Malick Thiaw, Can Bozdogan, Matthew Hoppe und Mikail Maden – schon Bundesliga-Spieler sind?

Jo Barnes jubelt mit gereckter Faust nach der Siegerehrung.
Jo Barnes jubelt mit gereckter Faust nach der Siegerehrung. © JB

Klar gibt es Unterschiede zwischen Jugend- und Seniorenfußball. Die habe ich anfangs auch gemerkt. Jetzt fühle ich mich aber bereit für den Herrenfußball und werde jeden Tag versuchen, das Beste aus mir rauszuholen, um einerseits mehr Spielzeit zu bekommen und andererseits meinem Traum, Profi-Fußballer zu werden, näherzukommen.

2:0-Sieg im Finale gegen Uganda

Was glauben Sie, was Ihnen noch fehlt, um auch bei U-23-Cheftrainer Torsten Fröhling eine Alternative für das Stammpersonal zu werden?

Ich werde weiterhin hart an mir arbeiten, um mehr Spielzeit zu bekommen. Als Fußballer muss man auch in schwierigeren Zeiten an sich glauben, und ich bin auf jeden Fall von mir überzeugt.

Jetzt aber zu Ihrem Triumph: Nachdem Sie in den drei Gruppenspielen immer in der Startelf gestanden hatten, blieb beim 2:0-Finalsieg über Uganda nur ein Platz auf der Bank. War das blöd? Obwohl die Bilder von der Siegerehrung ja nicht unbedingt so aussehen, als ob Sie traurig gewesen wären.

Blöd war es auf keinen Fall, im Gegenteil. Ich war etwas angeschlagen und hatte zum Wohl des Teams den Trainer schon vor dem Spiel darüber informiert, damit jeder Spieler, der auf dem Feld steht, hundert Prozent geben kann.

Joselpho Barnes fällt es schwer, die ghanaische Sprache zu sprechen

Erzählen Sie doch mal kurz: Wie waren die drei Wochen in Mauretanien?

Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Es war ein tolles Erlebnis, das ich in meinem ganzen Leben nicht vergessen werde. Vom ersten Tag an wurde ich vom gesamten Team herzlich aufgenommen. Wir sind in drei Wochen wie eine Familie zusammengewachsen und haben es geschafft, einen Spirit aufzubauen, der uns geholfen hat, den Cup zu holen. Es waren einfach unglaubliche drei Wochen für mich.

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Wie lief das so? Sie sind in Oberhausen geboren und, wenn ich richtig informiert bin, der ghanaischen Sprachen nicht richtig mächtig.

Ja, ich bin in der Zeit geboren, als mein Vater damals in Oberhausen gespielt hat. Die ghanaische Sprache verstehe ich, jedoch fällt es mir schwer, sie zu sprechen. Die drei Wochen haben mir sehr geholfen, dazuzulernen, auch wenn es manchmal lustig mit meiner Aussprache wurde.

Wie viele ghanaische Sprachen gibt es eigentlich?

Es gibt so viele, die kann ich gar nicht alle aufzählen. Jedoch verwendet man in Ghana eine Sprache hauptsächlich – das ist Twi.

Haben Sie sich eigentlich schon wieder vom mauretanischen Hochsommer bei 30-Grad-Temperaturen an den Winter auf Schalke gewöhnt?

Noch nicht ganz. Beim Training muss ich mich leider immer noch sehr einpacken, aber das wird schon wieder (lacht).

Das Fußball-Blut haben Sie von Ihrem Vater Sebastian geerbt, der unter anderem im Oktober 1995 zwei DFB-Pokalspiele für die Profis von Bayer 04 Leverkusen und 1998 als 21-Jähriger sechs Zweitliga-Spiele für den FSV Mainz 05 bestritten hat.

Ja, genau! Mein Vater hat selbst viele Erfahrungen als Fußball-Spieler gesammelt und ist mein Wegbegleiter. Dafür bin ich ihm sehr dankbar.

Der Kindheitstraum, für Ghanas A-Nationalmannschaft zu spielen

Wäre die 2. Bundesliga auch etwas für Sie? Wie planen Sie Ihre Zukunft, zumal Ihr Vertrag auf Schalke zum 30. Juni ausläuft?

Mein Ziel ist es, Profi-Fußballer zu werden. Dafür versuche ich, immer mein Bestes auf dem Platz zu geben. Alles andere drumherum entscheidet sich dann automatisch. Ich hoffe sehr, dass meine Zukunft bei Schalke weitergeht, aber das liegt nicht in meinen Händen. Ich arbeite hart an mir weiter und schaue dann, was sich ergibt.

Nun aber noch einmal zurück nach Ghana: Sie haben mit den Black Satellites den Afrika-Cup gewonnen. Ist es nun Ihr Ziel beziehungsweise Traum, dort auch den nächsten Sprung zu schaffen und für die Black Stars zu spielen?

Klar, das ist es. Es ist mein Kindheitstraum, das Trikot der A-Najoselpho barnestionalmannschaft zu tragen. Ich denke, der Sieg des Afrika-Cups war ein guter Schritt. Für meinen Traum werde ich auch in Zukunft alles geben, damit ich mich weiterentwickeln kann.

Sie könnten sich aber auch noch für Deutschland entscheiden.

Ja, das wäre möglich. Eine Einladung habe ich bisher aber noch nicht bekommen.