Buer. „Es ist schade, dass vergessen worden ist, was er alles für das Land und die Stadt getan hat“, sagt Michael Kopzogs Tochter Kim Schneider.
Es ist faszinierend, Michael Kopzog zuzuhören, den Geschichten zu lauschen, die der gebürtige Erler als Boxer erlebt hat. Er weiß auch, wo er wohnt. „Boxen ist nicht gesund. Was soll’s?“, fragt er. „Ich habe jetzt betreutes Wohnen, aber ich bin gesund. Das ist optimal.“ Aber? „Ich bräuchte hier gar nicht zu wohnen“, sagt er und erzählt, was er glaubt: dass ihn seine (geschiedene) Frau Karyna rausgeschmissen, dass er sich selbst an der Pfefferackerstraße angemeldet habe, dass er schon lange dort wohne und vor allem auch, dass er finanziell so abgesichert sei, um diesen Platz in der Demenz-WG problemlos und immer zahlen zu können.
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Michael Kopzog geht im Nachbarschaftszentrum Löchterheide, in dem er der Jüngste ist, wieder die Treppen zu seinem Zimmer hinauf. Und Kim Schneider, seine Tochter, erzählt vor dem Haus, dass sie schon zahlreiche Tränen vergossen habe. Sie führt einen Kampf, der deutlich länger als dreimal drei Minuten dauert. Traurig macht die 32-Jährige vor allem eines. Nämlich? Dass ihr Papa keine Hilfe erhält, obwohl ihm die Stadt beziehungsweise Werner Kuhlmann (SPD), der von 1975 bis 1989 Gelsenkirchens Oberbürgermeister gewesen ist, Anfang der 80er Jahre bei der Sportler-des-Jahres-Auszeichnung im Hans-Sachs-Haus zugesagt hätten, das weiß sie von ihrer Mutter, ihn jederzeit zu unterstützen. „Es ist schade, dass vergessen worden ist, was er alles für das Land und die Stadt getan hat“, sagt Kim Schneider.
Geld reicht nur für elf Monate
Dass Michael Kopzog die Pflegestufe zwei und sie den Platz in der Demenz-WG für ihren Vater bekommen hat, ist für Kim Schneider ein erster Schritt, der schon sehr kompliziert gewesen ist. Ein kleiner Schritt, der viele weitere Probleme jedoch ungelöst lässt. „Für mich und meine Mama ist es wichtig, dass es Papa gutgeht“, sagt sie. So gut es eben geht. Zumal die Alzheimer-Erkrankung Michael Kopzogs inzwischen ein sehr langwieriger Prozess ist. „Wenn man ehrlich ist, schon seit 1999“, sagt Kim Schneider. „Deshalb ist er damals auch Frührentner geworden.“ Als 39-Jähriger.
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Weil der Platz in der Wohngemeinschaft monatlich 2064 Euro verschlingt und Michael Kopzog nur 1000 Euro Rente erhält, hat sich die Familie das, was der einstige Top-Boxer liebevoll gespart hat, auszahlen lassen. „Da nimmt man ihm den letzten Pfennig, auf den er stolz ist. Was mich so traurig macht, ist, dass das ja kein Einzelfall ist“, sagt Kim Schneider, die noch nicht weiß, wie es nach den ersten elf Demenz-WG-Monaten – dann wird das Geld aufgebraucht sein – weitergehen soll. „Wir haben Papas Ansparrente mit erheblichen Verlusten kündigen müssen“, sagt sie. „Mama ist raus, weil die beiden geschieden sind, und sie hat eh nur ein kleines Einkommen. Und ich kann das nicht bezahlen. Wir werden einen neuen Antrag stellen müssen. Wenn er in einem normalen Tagesablauf alles allein machen müsste, würde er das nicht schaffen.“
Der ganze Kampf und das ständige Hin- und Herrennen hätten Spuren hinterlassen, erzählt die Mutter der beiden Enkeltöchter Michael Kopzogs. Lily ist drei und Élise anderthalb Jahre alt. „Die Stadt“, sagt Kim Schneider mit leiser Stimme, „hatte ihm damals Großes versprochen.“ Damals. 1989. Aufgegeben hat sie die Hoffnung aber noch nicht, dass ihr Vater, der einer der berühmtesten Erler ist, in der bisher schwierigsten Phase seines Lebens auch unterstützt wird. (AHa)