Schalke. Schalkes verletzter Philipp Gemsa kommt für den letzten Siebenmeter und trifft zum 17:35-Endstand gegen die Füchse. Sieben kleine Geschichten.
Das sind diese sportlichen Momente, die glücklich machen und die so viele schöne Geschichten liefern. Als in der Schürenkamp-Halle der Schlusspfiff ertönt, feiern 1000 Handball-Fans alle Handballer, die auf der Platte gestanden und für ein tolles Fest gesorgt haben. Klar: Das Ergebnis spielt überhaupt keine Rolle. Obwohl: Die Oberliga-Handballer des FC Schalke 04 werden wohl noch das eine oder andere Mal daran denken, beim 17:35 (9:16) gegen den Bundesligisten Füchse Berlin nach Toren von Julian Ihnen und Maximilan Gill sowie einer großartigen Parade von Fabian Sinkovec mit 2:0 geführt zu haben.
Die erste kleine Geschichte
Die Strahlemänner: Das Spiel hat noch gar nicht begonnen, da blicken Schalkes Handball-Chef Hans-Christian Wichlacz und Trainer Sebastian Hosenfelder, der das Mini-Spielfest sehr gut hinter sich gebracht hat, glücklich nach oben. Nein, nicht in den Himmel, obwohl der für das Sommerfest des Gelsenkirchener Handballs in ausgezeichneter Form ist, sondern auf die Tribüne. Voll. 1000 Zuschauer. „Das ist für Gelsenkirchen enorm“, sagt Hans-Christian Wichlacz. Wäre das doch auch bei den Oberliga-Heimspielen so. „Da wäre“, sagt Sebastian Hosenfelder, „ein Traum.“
Die zweite kleine Geschichte
Die Berliner, die tags zuvor beim Landesligisten TV Borken mit 47:16 (26:6) gewonnen und sogar eine Taktik-Tafel dabei haben: Nach ihren Verletzungen sind die Nationalspieler Simon Ernst (Kreuzbandriss) und Fabian Wiede (Schulter) noch nicht so weit. Aber das Weltklasse-Trio zwischen den Pfosten ist da, und es muss anerkennen, dass Christopher Heming (gegen Champions-League-Sieger Dejan Milosavljev) und Bastian Schwengers (gegen den von den Fans am meisten begehrten Silvio Heinevetter) verdammt pfiffige Würfe in ihrem Repertoire haben.
Die dritte kleine Geschichte
Das Wiedersehen: Vor dem Anwurf stehen Schalkes Thorben Kirsch, der später mit vier Treffern als bester Schütze seines Teams aus dem Spiel geht, und Berlins Nationalspieler Paul Drux an der Mittellinie und quatschen. Sie kennen sich schon lange: 2009 ist es gewesen, als sie im Trikot des VfL Gummersbach gemeinsam Deutscher Vizemeister bei den B-Jugendlichen geworden sind (im Finale damals gegen die SG Flensburg-Handewitt).
Die vierte kleine Geschichte
Der Hallensprecher: Dirk große Schlarmann, der Sky-Experte für die königsblauen Bundesliga-Fußballer und Mann mit Handball-Vergangenheit, macht am Mikrofon einen ausgezeichneten Job. Und nach dem 8:14-Zwischenstand lobt er die Schalker Handballer sehr treffend: „Das ist eine Mega-Leistung!“ Sie bleiben in dieser Phase sechs Minuten lang ohne Gegentreffer. „Wir haben die Berliner zu sehr geärgert“, sagt Trainer Sebastian Hosenfelder, der gerne 20 Tore verbucht hätte. „Ich glaube, dass die Füchse teilweise richtig gegengehalten haben.“
Die fünfte kleine Geschichte
Der Namenlose: Todor Ruskov (Nummer 21, von den SGSH Dragons) und Nikolai Lenz (Nummer 10, vom VfB Homberg) haben ihre Nachnamen auf ihrem Trikot-Rücken stehen – aber Philipp Dobrodt (Nummer 22), der kräftige Kreisläufer vom TuS Hattingen, nicht. Warum nicht? Die Anprobe ist bei dem 24-Jährigen noch nicht ganz beendet gewesen. Ein 2XL-Trikot reicht nicht. „Er braucht ein 4XL-Trikot“, sagt Trainer Sebastian Hosenfelder und verspricht, dass die Buchstaben für den Namen Dobrodt bald folgen werden.
Die sechste kleine Geschichte
Der Weltmeister: Außenspieler lieben es ja, die gegnerischen Torhüter mit Drehern zu überwinden. Das ist aber gar nicht so einfach – erst recht nicht, wenn der Keeper Silvio Heinevetter heißt. Wie es astrein funktioniert, bekommen die Schalker in der 55. Minute von einem dänischen Weltmeister präsentiert. Hans Lindberg überwindet Fabian Zindel und verwandelt zum 32:15. Weltklasse-Handball in Gelsenkirchen!
Die letzte kleine Geschichte
Das letzte Tor: Und dann auch noch das, was eigentlich zur zweiten kleinen Geschichte passt, aber irgendwie dann doch nicht: Als die Schalker kurz vor dem Schlusspfiff einen Siebenmeter erhalten, schickt Trainer Sebastian Hosenfelder seinen Kreuzbandriss-Patienten Philipp Gemsa auf die Platte. Zwar schafft er es nicht mehr, ins etatmäßige Trikot zu schlüpfen, aber er trifft zum 17:35-Endstand – und das, obwohl er Füchse-Keeper Martin Ziemer, wie er später erzählt, verraten hat, wo er hinwirft. Nämlich ins Glück aller Handball-Fans, die am Samstagabend live in der Schürenkamp-Halle dabei gewesen sind.
Eine Fotostrecke unseres Fotografen Olaf Ziegler vom Gastspiel des Handball-Bundesligisten Füchse Berlin beim FC Schalke 04 finden Sie auf waz.de/sport/lokalsport/gelsenkirchen-und-buer