Gelsenkirchen. Schalkes U19-Trainer Norbert Elgert hat noch Spaß an seiner Aufgabe. Pläne für die Zukunft gibt’s aber schon. Von den Profis ist er enttäuscht.
Hinter Norbert Elgert liegt die 23. Saison als Trainer der Schalker U19. Und es war aus seiner Sicht wohl die kräftezehrendste, die turbulenteste. Der Kader der Königsblauen schien der Konkurrenz sportlich nicht gewachsen zu sein. Immer wieder wies der 62-Jährige darauf hin, dass Schalke aufpassen muss, den Anschluss in den nächsten Jahren nicht zu verpassen. Am Ende feierte Elgert mit seiner Mannschaft aber doch wieder die Westdeutsche Meisterschaft – die sechste in den vergangenen zehn Jahren. Im Interview spricht Elgert nicht nur über seine A-Jugend, sondern auch über die enttäuschende Saison der Profis, seine Erwartungen in der Zusammenarbeit mit der neuen Führungsriege und seine Zukunftspläne.
Herr Elgert, sind Sie nach dieser Saison mehr urlaubsreif als in den vergangenen Jahren?
Nobert Elgert: Ja, das kann man wohl sagen. Es war eine hochintensive, spannende, anstrengende und am Ende auch noch sehr erfolgreiche Saison. Außerdem habe ich ja in den vergangenen anderthalb Jahren gemeinsam mit Kai Psotta mein Buch „Gib alles – nur nie auf!“ geschrieben, sodass die Belastung noch etwas höher als sonst war. Ich habe auf Schalke allerdings noch keine Saison erlebt, die nicht anstrengend war. Das soll aber auch so sein. Erfolg muss man sich immer wieder hart erarbeiten.
Inwieweit hat die schwache Saison der Profis Einfluss auf Ihre Arbeit genommen?
Elgert: Als Trainer der U19 hat das sicher enttäuschende Jahr der Profis eigentlich gar keinen Einfluss auf meine Arbeit genommen. Ich fokussiere mich sowieso immer zu hundert Prozent auf das, für das ich die Verantwortung trage und was ich beeinflussen kann. Als großer Fan des FC Schalke 04 war auch ich natürlich nicht begeistert von dieser Saison.
Als Domenico Tedesco im März beurlaubt wurde, gab es nicht wenige, die sich gewünscht hätten, dass Sie nun endlich auf dem Cheftrainerstuhl der Profis Platz nehmen.
Elgert: Das freut und ehrt mich. Gespräche dahingehend gab es aber nicht, denn ich habe in der Vergangenheit sehr oft und deutlich formuliert, dass es für mich vorläufig nicht in Frage kommt, Trainer der Profis zu werden.
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Huub Stevens hat sich schließlich bereiterklärt. Eine gute Entscheidung?
Elgert: Das war es auf jeden Fall – auch in der Verbindung mit Co-Trainer Mike Büskens. Huub und Mike waren aufgrund ihrer Popularität, ihrer Erfahrung und ihres Könnens die Ideallösung für Schalke 04.
Huub Stevens hat nach der Saison gesagt, dass sich vieles ändern muss, damit Schalke wieder erfolgreich sein kann. Teilen Sie seinen Eindruck?
Elgert: Wenn du als Deutscher Vizemeister ein Jahr später so abschneidest, muss vieles falsch gelaufen sein. Ich möchte, wie auch Huub, nach außen hin aber nicht so sehr ins Detail gehen. Ich kann nur noch einmal betonen, dass ich meinem Klub, insofern es gewollt ist, immer gerne mit Rat und Tat zur Verfügung stehe. Generell wünsche ich mir, dass das durchaus vorhandene Potenzial und die menschlichen Ressourcen, die im Klub zweifelsohne vorhanden sind, stärker genutzt werden – und das meine ich nicht nur in Bezug auf meine Person.
Mit Jochen Schneider ist ein neuer Sportvorstand gekommen. Michael Reschke wird Technischer Direktor, David Wagner Trainer der Profis. Haben Sie sich schon bezüglich der Ausrichtung Ihrer Mannschaft ausgetauscht?
Elgert: Jochen Schneider ist schon ein paar Monate bei uns, da gab es schon häufiger Kontakt und gute Gespräche. Auch mit David Wagner und Michael Reschke, die ich beide viele Jahre gut kenne und sehr schätze, gab es schon Gespräche. Ich glaube, dass unser Club da gute Entscheidungen getroffen hat. Aber ich werde das Spiel nicht mitmachen: Der neue Messias ist da, Hosianna! Und dann heißt es schon bald: Kreuzigt ihn! Aber eines ist doch klar: Die Verantwortlichen haben wie immer meine hundertprozentige Unterstützung.
Mit Ahmed Kutucu hat ein Spieler aus Ihrer Mannschaft während der Saison den Sprung zu den Profis geschafft.
Elgert: Ahmed hat eine Entwicklung genommen, die ich im Ansatz mit der von Joel Matip damals vergleiche. Wobei Ahmed noch ganz am Anfang steht und Joel mit dem FC Liverpool im Finale der Champions League. Ahmed hat einen guten Charakter und eine Topeinstellung. Seine große Stärke ist seine Intensität auf dem Platz. Er hat keine Angst, ist mutig. In der Sommerpause hätte im Sinne des Spielers in der Kommunikation und in der Zusammenarbeit zwischen Profi- und Jugendabteilung einiges besser laufen können. Dass ihm eine gesteuerte Vorbereitung fehlte, war am Ende der Saison deutlich zu spüren, seine Kräfte haben dann irgendwann verständlicherweise nachgelassen. Das war allerdings zu erwarten. Schließlich hat sich Ahmed zwischen beiden Mannschaften bewegt, und er hat auch noch seine Abiturprüfungen absolviert.
Trauen Sie weiteren Spielern aus der U19 den Durchbruch zu? Kapitän Görkem Can hat schon bei den Profis mittrainiert, auch Levent Mercan hat sich gut entwickelt.
Elgert: Görkem und Levent sind zwei durchaus talentierte Jungs. Ich weiß allerdings nicht genau, wie weit die Planungen mit ihnen fortgeschritten sind. Vielleicht bekommen sie ja die Chance, sich in der Vorbereitung bei den Profis zu zeigen. Dann muss David Wagner beurteilen, ob einer schon so weit ist, dass er im Laufe der nächsten Saison eine ähnliche Rolle wie Ahmed spielen kann.
Weston McKennie, der noch vor zwei Jahren bei Ihnen in der U19 gespielt hat, gehört bereits zu den Leistungsträgern der Profimannschaft.
Elgert: Weston hat viel Talent und ist auch körperlich sehr stark. Vor allem ist er aber ein Einstellungsspieler, ein Profi. Unter einem Profi stelle ich mir vor, und jetzt übertreibe ich ein bisschen: dass er nach jedem Training und jedem Spiel vom Platz getragen werden muss, weil er vor Erschöpfung nicht mehr laufen kann. Wenn du das Privileg hast, Profi zu sein – dann hast du mindestens die Pflicht, jeden Tag alles rauszuhauen, was du hast.
Fehlen der Profimannschaft mehr Spieler aus dem eigenen Nachwuchsbereich?
Elgert: Es waren schon mal deutlich mehr. Wir werden das gemeinsam in den nächsten Jahren wieder korrigieren.
Sie haben zuletzt nicht nur einmal laut ausgesprochen, dass für die Knappenschmiede, auch für Ihre Mannschaft, im Sommer zahlreiche Spieler geholt werden müssen. Haben Sie bei den Verantwortlichen Gehör gefunden?
Elgert: Es ist richtig, dass wir die neue U19 qualitativ und quantitativ unbedingt ergänzen müssen und werden.. Aktuell sind wir wieder auf einem sehr guten Weg. Die Zusammenarbeit mit Peter Knäbel und Mathias Schober ist ähnlich vorbildlich und konstruktiv wie die vor einigen Jahren mit Oliver Ruhnert. Von Vorstandsseite und auch vom Aufsichtsrat erfährt die Knappenschmiede ebenfalls wieder große Unterstützung. Clemens Tönnies hatte und hat immer ein offenes Ohr für unsere Belange.
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Andere Vereine haben für junge Talente teilweise Millionenbeträge ausgegeben. Haben Sie diese Investitionsbereitschaft bei Schalke zuletzt vermisst?
Elgert: Es geht nicht darum, unbedingt viel Geld auszugeben. Es geht darum, Geld sinnvoll in die Zukunft zu investieren. Manchmal muss man dann auch bereit sein, etwas mehr Geld in die Hand zu nehmen.
Nach Ihrem Urlaub werden Sie in Ihre 24. Saison als Trainer der Schalker U19 gehen. Spüren Sie eigentlich noch keine Lust auf etwas Neues?
Elgert: Doch, die spüre ich schon. Aber die Lust auf etwas Neues ist nicht größer als die Lust auf meine jetzige Aufgabe bei Schalke – sie ist eher noch etwas kleiner.
Können Sie sich überhaupt eine andere Funktion im Verein vorstellen?
Elgert: Irgendwann ja, aber Direktoren haben wir ja eigentlich schon genug (lacht). Ich kann mir auch vorstellen, eines Tages im Aufsichtsrat mitzuhelfen. Im Moment sehe ich mich das eine oder andere Jahr noch als Trainer der U19.