Gelsenkirchen-Buer. Die ehemalige Bundestrainerin und Weltmeisterin Steffi Jones ist neue Co-Trainerin der Landesliga-Frauen der SSV Buer. Ziel ist der Klassenerhalt
Blaue Trainingsjacke, die Haare zum Zopf gebunden, die Hände in die Hüften gestemmt: So steht die neue Co-Trainerin der Landesliga-Fußballerinnen der SSV Buer am Spielfeldrand. Soweit, so normal. Als sie sich umdreht und Anweisungen gibt, ist klar: Hier steht nicht irgendeine Trainerin, hier gibt eine ehemalige Bundestrainerin und Weltmeisterin die Kommandos. Die neue Co-Trainerin der Bueranerinnen ist Steffi Jones.
Die 16 Spielerinnen der SSV hören konzentriert zu, versuchen die Hinweise und Tipps der ehemaligen Nationalmannschafts-Größe bestmöglich umzusetzen. Daran, dass sie hier mit einer der erfolgreichsten deutschen Fußballerinnen auf dem Platz stehen, haben sie sich schon ein Stück weit gewöhnt, schließlich ist sie nicht zum ersten Mal hier am Platz an der Löchterheide.
Seit gut einem Monat verstärkt Jones das Trainer-Team um Marcel Dietzek, ist dreimal pro Woche beim Training und auch bei jedem Spiel dabei. „Wir sind total stolz und froh, dass Steffi uns weiterhilft“, sagt Dietzek, dessen Mannschaft sich in der Liga momentan in einer komplizierten Lage befindet. Derzeit rangieren die Bueranerinnen auf Platz 13 und sind damit unmittelbar vom Abstieg bedroht. Punktgleich mit Hagen, die aber ein besseres Torverhältnis aufweisen.
Jones sorgt für große Motivation
„Die Hinrunde lief überhaupt nicht. Da hatten wir großes Verletzungspech“, erzählt Dietzek. In der Rückrunde hat sich die Mannschaft aber gefangen und seit einem Monat läuft es richtig rund. „Wir haben jetzt neun Punkte in kurzer Zeit geholt“, berichtet Mannschaftsführerin Sabrina Mallner. Ist das schon der Jones-Effekt? Dietzek lacht: „Naja, Steffi steht ja nicht auf dem Platz. Sie kann ja nicht die Tore fürs Team schießen.“ Von Jones‘ Erfahrung profitieren aber alle enorm, sagt er.
Und, dass ein richtiger Ruck durch die Mannschaft gegangen sei, bestätigt Kapitänin Mallner: „Man merkt in jedem Training, dass alle Mädels noch ein Schippe drauflegen, dass sie durch die letzten Spiele ordentlich Selbstvertrauen getankt haben. Jede einzelne Spielerin profitiert hier von Steffi. Sie macht uns taktisch und technisch besser.“ Natürlich würde nicht alles von heute auf morgen gelingen. Aber die Motivation sei riesig.
Klarer 5:1-Sieg gegen Oesbern
Bester Beweis: Die Partie am vergangenen Sonntag gegen den SV Oesbern, bei der sich die Bueranerinnen mit 5:1 deutlich durchsetzen konnten. „Jeder auf dem Platz hat gemerkt: Hier spielt eine Mannschaft, die nicht absteigen will“, sagt Dietzek. „Das Hinspiel haben wir übrigens mit 1:9 verloren“, erzählt Sabrina Mallner und muss wieder los. Die nächste Übung wartet.
Während es an der Löchterheide zu dämmern beginnt und die Flutlichter anspringen, lässt Steffi Jones präzise Abschlüsse trainieren. Die jungen Spielerinnen, die meisten sind nicht einmal 20 Jahre alt, zielen auf Hütchen und einen im Tor hängenden Reifen. Es wird gelacht und sich gegenseitig angespornt. Die ehemalige Bundestrainerin korrigiert und lobt. Sie hält sich bewusst zurück, möchte die Mannschaft im Vordergrund sehen und den Klassenerhalt mit ihr schaffen.
Aber wie kam es überhaupt zu dieser namenhaften Verstärkung auf der Trainerbank? Marcel Dietzek schmunzelt und stellt Martin Möllenbeck vor. „Er ist stellvertretender Abteilungsleiter und quasi unser Manager“, erklärt er. Möllenbeck erzählt: „Als ich mitbekommen habe, dass Marcel einen Co-Trainer sucht, habe ich gesagt, dass ich eine Trainerin im Bekanntenkreis habe.“ Und zwar nicht irgendeine Trainerin, sondern Steffi Jones. „Wir haben sie gefragt und sie kam vorbei, um sich mal ein Spiel anzuschauen“, erzählen Möllenbeck und Dietzek.
Weitere Zusammenarbeit noch nicht geklärt
Daraufhin hat sich die 46-jährige Fußballlehrerin, die auch in der Vergangenheit öfter mal an der Löchterheide vorbeigeschaut hat, entschieden, die SSV-Frauen bis zum Ende der Saison zu unterstützen. „Wie es danach weitergeht, das wissen wir noch nicht“, sagt Trainer Dietzek, wichtig sei aber zunächst einmal der Klassenerhalt. „Wenn wir aus den verbleibenden drei Spielen neun Punkte holen, dann bin ich mir sicher, dass wir mit dem Abstieg nichts zu tun haben.“ Den nächsten wichtigen Sieg wollen die Bueranerinnen am 12. Mai auf heimischem Platz gegen den SV Schameder holen. Unterstützt, natürlich, von ihrer neuen Co-Trainerin Steffi Jones.
>>> Weltmeisterin, Europameisterin und ehemalige Bundestrainerin: Das ist Steffi Jones
Steffi Jones feierte ihren größten sportlichen Erfolg als Spielerin der deutschen Frauenfußball-Nationalmannschaft im Jahr 2003 mit dem Gewinn der Weltmeisterschaft. Die ehemalige Innenverteidigerin wurde zudem dreimal Europameisterin (1997, 2001 und 2005) und gewann zweimal die Olympische Bronzemedaille (2000 und 2004).
Nach dem Ende ihrer Karriere wurde Jones vom Deutschen Fußballbund zur Präsidentin des Organisationskomitees für die Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen 2011 in Deutschland berufen. Im Anschluss war Jones Direktorin beim DFB, zuständig für die Bereiche Frauenfußball, Mädchenfußball und Schulfußball.
Nach den Olympischen Spielen 2016 trat die heute 46-Jährige die Nachfolge von Silvia Neid an und wurde Bundestrainerin der Frauennationalmannschaft. Jones scheiterte mit der Nationalmannschaft bei der EM 2017 aber bereits im Viertelfinale. Anfang 2018 endete dann ihre Tätigkeit als Bundestrainerin.