Gelsenkirchen. . „Gib alles – nur nie auf!“, heißt das Buch von Schalkes U19-Trainer Norbert Elgert, in dem auch Clemens Tönnies und Leroy Sané zu Wort kommen.

Schalkes U19-Trainer Norbert Elgert gilt als einer der besten Jugendtrainer der Welt. Mehr als 80 Spieler, die auf Schalke durch seine Schule gegangen sind, sind Bundesligaprofis geworden. In seinem Buch „Gib alles – nur nie auf!“ gibt der 62-Jährige nun erstmals seine Erfahrungen und Erfolgsstrategien weiter. Ein Buch, das sich aber nicht nur an junge talentierte Fußballer richtet, wie Elgert im Interview mit der WAZ erklärt.

Herr Elgert, haben Sie ein Lieblingsbuch?

Norbert Elgert: Ich habe sogar mehrere Lieblingsbücher. Eines ist „Der Pfad des friedvollen Kriegers“ von Dan Millman. Beeindruckt hat mich auch Phil Jackson mit seinem Werk „Sacred Hoops“. Und natürlich John Woodens „They call me Coach.“ Nicht zu vergessen: „Die Säulen des Erfolgs“ von Nikolaus B. Enkelmann.

Hat Ihr Buch denn das Potenzial, ein Lieblingsbuch vieler zu werden?

Ich hoffe, dass das Buch in jeder Hinsicht und Beziehung ein Erfolg wird. Ich hoffe aber vor allem, dass die Botschaft herüberkommt. Das sagt ja schon der Titel aus: Gib alles – nur nie auf! Es geht ums Gewinnen und Verlieren, um oben und unten, um hinfallen und wiederaufstehen. Es geht darum, nie aufzugeben, sondern immer weiterzumachen. Das musst du in deinem Leben selbst erfahren haben, um das Recht zu haben, darüber zu schreiben. Ich habe mich auch dieser Herausforderung mit großer Demut gestellt.

© Ariston

Wie kam es dazu?

Ich habe schon ein paar Jahrzehnte mit dem Gedanken gespielt, aber es war noch extrem weit weg. Meine Frau Conny hat mich dann vor knapp anderthalb Jahren, als wir über Weihnachten auf Fuerteventura waren, erneut darauf angesprochen. Conny war sehr überrascht, als ich antwortete: Das machen wir jetzt. Und dann ging es auch schon los.

Werte-Orientierung für Fußballer

Ein Buch, das sich wahrscheinlich nicht nur an junge talentierte Fußballspieler richtet.

Genau, ich möchte die Zielgruppe überhaupt nicht eingrenzen. Vielleicht kann das Buch Menschen, die in einer schwierigen Lebenssituation sind, ein klein wenig Mut machen. Es geht auch um eine gewisse Werteorientierung in einer schwierigen Zeit auf unserem Planeten.

Sie schildern auch Ihre Kindheit und thematisieren Ihre schwere Krankheit, die Sie als junger Erwachsener beinahe zur Aufgabe Ihres Berufs Profifußball gezwungen hätte.

Natürlich. Alles, was ich in meinem Leben erlebt habe, gehört zu mir. Vieles war nicht einfach, aber alles gehört dazu und hat mich auch zu dem gemacht, was ich heute bin. Du lernst durch positive Erfahrungen, vor allem aber durch die negativen. Ich gebe zu: Es ist mir sehr schwer gefallen, über die Alkoholkrankheit meines Vaters zu sprechen, oder meine schwere Nierenkrankheit zu thematisieren. Auch meine Geburt, bei der ich schon die Schlinge um den Hals hatte. Die Hebamme hat mir das Leben gerettet. Es geht schon sehr ans Eingemachte. Bestimmte Erlebnisse und Erfahrungen sitzen sehr tief in mir.

Hitziger Streit mit Clemens Tönnies

Schalkes Aufsichtsratschef Clemens Tönnies behauptet in seinem Gastbeitrag, er habe in seinem Leben noch nie so hitzig gestritten wie mit Ihnen – selbst mit Uli Hoeneß nicht

Zum Glück kam es ja nicht so weit. Es war vor drei Jahren, als ich meine Überlegungen, den Verein eventuell verlassen zu wollen, laut ausgesprochen habe. Sofort rief Clemens an und fragte mich: Spinnst Du? Er sagte: Wir brauchen dich hier noch. Dann haben wir uns bei ihm in Rheda getroffen und einen gemeinsamen Weg gefunden. Clemens ist auf Schalke einfach eine Institution. Ich schätze ihn sehr.

Clemens Tönnies hat außerdem verraten, dass er zweimal darüber nachgedacht hat, Sie zum Cheftrainer der Profis zu befördern.

Ja, die Möglichkeit gab es. Viel mehr möchte ich dazu aber nicht sagen. Der Mensch wird nur etwas durch die Aufgaben, die er zu seinen macht. Schon immer – und nach wie vor – ergibt es für mich ganz viel Sinn, jungen Menschen zu helfen, ihre Ziele und Träume zu erreichen.

Leroy Sané nennt Sie in seinem Gastbeitrag einen „Meister des gepflegten Arschtritts!“. Ein Kompliment?

Das ist Leroys Formulierung (lacht). Ich ahne, was er damit meint. Es ging und geht aber nie darum, jemanden fertigzumachen oder darum, Macht zu demonstrieren. Alle Maßnahmen von uns Trainern sollen den Spielern helfen zu lernen, zu wachsen und sich zu verbessern. Auch wenn ihnen das nicht immer sofort bewusst ist. Trainer zu sein, geht weit über das hinaus, was sich auf dem Fußballplatz abspielt.

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Neben Tönnies und Sané schildern weitere Weggefährten gemeinsame Erlebnisse. Von Welttorhüter Manuel Neuer bis Christian Melchner, der kein Profi ist und in der Westfalenliga Fußball spielt.

Es sind so viele tolle Jungs dabei – egal, ob sie heute bekannt oder unbekannt sind. Niemand ist geimpft worden, bloß etwas Positives zu schreiben. Die Texte haben mich sehr berührt. Ich habe oft laut gelacht, wie bei Sead Kolašinac, der schreibt, dass ich so nah vor seinem Gesicht stand, dass er riechen konnte, dass ich grünen Tee getrunken hatte. Oder auch bei Manuel Neuer. Sein Beitrag trägt die Überschrift: Als Hase Hans in der Kabine bleiben musste. Da denkst du dann: So einen Quatsch haben wir gemacht? Aber es hatte ja einen Hintergrund, ich wollte etwas vermitteln. Ich habe beim Lesen auch Tränchen in den Augen gehabt. Und Tränen stolz vergossen, als ich den Beitrag meiner Tochter gelesen habe. Ja, unsere Jenny schlägt ihren Vater oft mit dessen eigenen Waffen (lacht).

Was darf in Ihrem zweiten Buch auf keinen Fall fehlen?

Dass ich noch ein Buch schreibe, würde ich, Stand jetzt, ausschließen. Aber man soll im Leben ja niemals nie sagen. So wie es im Moment aussieht, gibt es sicher noch das eine oder andere spannende Jahr auf Schalke. Wir alle gemeinsam sind wieder auf einem sehr guten Weg. Deswegen freue ich mich darauf, auch wenn es nicht einfach wird – weder für die Knappenschmiede noch für den gesamten Klub, ich bin aber sehr optimistisch. Ich freue mich auch auf die nächsten Jahre mit meiner Familie und auf Herausforderungen, die noch auf mich warten. Ich bin selbst sehr gespannt.