Essen. Nader und Sam Soltani wollen mit ihrer neuen Kampfsportschule in Essen-Holsterhausen den Stadtteil bereichern. Das ist das Angebot.

Die Jalousien runtergezogen, die Straße und Fassade zunächst komplett unscheinbar: Wer die Hans-Thoma-Straße in Essen-Holsterhausen in Richtung Süden entlangläuft, dem fällt bis auf beschlagene Fenster erst einmal nichts besonders auf. Erst beim Abbiegen auf die Overbeckstraße gibt es einen kleinen Stolperstein in Form einer offenen Tür. Licht dringt nach außen – und die Stimme von Nader Soltani.

„Es gibt eine sogenannte Cross-Gripp-Methode“, sagt der 34-jährige Essener mit Kraft in der Stimme und klarer Aussprache, während er auf einer Matte einer Hand voll um ihn herumstehenden Männern eine Kampfsporttechnik im Luta Livre zeigt. Luta Livre ist eine brasilianische Kampfsportart, bei der es darum geht, den Gegner nicht durch Tritte und Schläge, sondern durch Hebel- und Würgetechniken zum Aufgeben zu zwingen – und eines von mehreren Angeboten im kompletten Paket an Kampfsportarten, (u.a. Boxen, Kickboxen, MMA, Zirkeltraining) welches die neue Kampfsportschule „45 MMA“ von Nader und seinem Cousin Sam Soltani macht.

„Deutschland ist im Vergleich zu den Nachbarstaaten noch etwas hinterher, was MMA angeht. Aber das Ganze wächst und wird immer größer“, so Nader Soltani.

Kampfsportschule 45 MMA in Essen-Holsterhausen: Schon Dreijährige können Kurse buchen

Vor rund zwei Monaten öffneten die beiden Cousins die Kampfsportschule. Die Entwicklung seitdem ist rasant, mittlerweile gibt es bereits knapp 60 Mitglieder.

„Es läuft richtig gut. Ich hätte nicht gedacht, dass wir so schnell wachsen werden. Wir decken alle Altersgruppen ab, von Kindern ab drei Jahren bis zu den Erwachsenen – auch für Frauen übrigens, die an allen Kursen einfach teilnehmen können“, so Sam Soltani. Zudem wollen die Soltanis zeitnah zusätzlich einen „female-only-Kurs anbieten. Aktuell sieht es danach aus, dass dies ein Boxkurs wird“, betont er.

Sam Soltani spielte bis zum Winter noch selbst für Rot-Weiss Essen II Fußball, Nader Soltani ist Kampfsport-Experte

Der 33-Jährige ist in Essen bisher vor allem als Amateurfußballer bekannt, schnürte 27 Jahre lang seine Schuhe, spielte unter anderem für den FC Kray, den SV Burgaltendorf, den TuS Holsterhausen, Rhenania Bottrop oder bis zum Winter noch für Rot-Weiss Essen II.

„Ich habe nun im Winter aufgehört, weil es zeitlich einfach nicht mehr passt. Die Kampfsportschule hier ist zwar ein Hobby, aber ein sehr zeitintensives. Ich habe 27 Jahre lang gezockt, irgendwann ist es dann an der Zeit, die Schuhe an den Nagel zu hängen“, sagt Sam Soltani.

Essen: Sam Soltani hat mit Nader Soltani die MMA-Kampfsportschule 45 MMA in Essen-Holsterhausen gegründet
Sam Soltani spielte in Essen jahrelang Fußball. Mittlerweile konzentriert er sich auf die neue Kampfsportschule. © FUNKE Foto Services | Uwe Ernst

Er selbst kam während seines Studiums in England vor rund sechs Jahren zum Kampfsport. „Ich wollte einfach mal etwas Neues ausprobieren. Das hat mich dann so krass gecatcht, dass auch nach meiner Rückkehr nach Deutschland weitermachen wollte. Aber ich habe hier kein passendes Angebot gefunden“, erinnert er sich. Dass er mit seinem Cousin einen professionellen Luta-Livre-Sportler in der Familie hatte, war da umso passender. „Er hat mir schon im Wohnzimmer Techniken innerhalb von wenigen Minuten beigebracht und behandelt jeden einzelnen Abschnitt, jedes Detail der Techniken. Da fragte ich ihn, ob wir nicht gemeinsam etwas starten wollen.“

Vorurteile gibt es – auch aufgrund des Aussehens der beiden Cousins

Zunächst probierten sich die beiden Cousins im kleinen Rahmen aus, zeigten im Freundeskreis in den Räumlichkeiten einer kleinen Tanzschule einmal die Woche ein paar Übungen. Dann wurde es immer größer – bis hin zur nun gegründeten Kampfsportschule. „Wir haben es durchgezogen und sind froh, dass wir es aufgebaut haben“, freut sich Nader Soltani.

Das Ziel sei klar wie niederschwellig: „Wir wollen, dass die Leute nach Hause gehen und etwas gelernt haben, dass sie sich einen Tick verbessert haben. Wir möchten jedem etwas beibringen und die Leute sollen Spaß am Lernen haben“, sagt Sam. Bisher scheint dies aufzugehen: 90 Prozent würden nach dem ersten Training wiederkommen.

Essen: Sam Soltani hat mit Nader Soltani die MMA-Kampfsportschule 45 MMA in Essen-Holsterhausen gegründet
Sam Soltani (l.) und Nader Soltani möchten mit ihrer Kampfsportschule schlicht und einfach jeden Einzelnen immer ein Stück besser machen. © FUNKE Foto Services | Uwe Ernst

Und dass, obwohl Kampfsportarten im Allgemeinen aber ganz Besonders MMA in Deutschland oft noch der Makel der Brutalität anhaftet, hinzu kommt die aktuelle Migrations-Debatte. „Wir wissen ja auch, dass wir nicht gerade wie Schwiegermamas Liebling aussehen“, drückt es Nader Soltani aus.

„Wenn wir hier stehen, machen manche auch einen großen Bogen um uns herum. Am Anfang ist eine gewisse Skepsis da, das sind wir gewohnt und wissen, wie man damit umgeht. Ich kenne in Holsterhausen viele Leute und versuche auch Nachbarschaftsarbeit zu leisten, ins Gespräch zu kommen. Deswegen lassen wir die Türe oft offen und quatschen mit den Leuten. Wenn die uns dann einmal kennengelernt haben, finden sie uns auch nett und sagen hallo.“

Und Sam ergänzt: „Es sind nicht nur die Menschen aus der Nachbarschaft, sondern auch die Leute, die zum Probetraining kommen. Sobald sie ihre erste Einheit gemacht haben sind die Vorurteile, die vielleicht da waren, weg. Es schlägt dann ins Positive um.“

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