Essen. Kürzlich jubelte Jule Hake über Bronze in Paris. Nun läuft sie in der Bezirksliga auf. Sie verrät ihre Gründe, ihre Spielweise und ihre Hoffnungen.
Es ist ein heißer und schwüler Montag. Gerade brauen sich immer mehr Wolken über dem Uhlenkrugstadion zusammen. Die ersten Tropfen fallen, kurz danach blitzt und donnert es heftig. Der Interviewtermin muss vom Freien ins Geschäftszimmer des ETB SW Essen verlegt werden. Doch Jule Hake ficht das nicht an. Die Olympia-Zweite im Vierer-Kajak und Olympiadritte im Zweier-Kajak übr die 500 Meter versprüht gute Laune. Seit ein paar Wochen hat sie sich dem ETB angeschlossen, um dort in der Bezirksliga Fußball zu spielen: eine Olympionikin im Uhlenkrugstadion.
„Ich habe mit dem Fußball mit drei Jahren angefangen, wenn ich mich da richtig erinnere. Ich habe erst bei den Minikickern und später dann in einer Jungenmannschaft und einem Mädchenteam des SuS 1927 Olfen gleichzeitig gespielt“, berichtet die 24-Jährige von ihren sportlichen Anfängen.
Den Weg zum Kanusport fand sie über ihren zwei Jahre älteren Bruder, dem sie, so erzählt Jule Hake lachend, einfach immer alles nachmachen wollte und musste. „Im Kanu habe ich mich direkt wohlgefühlt, mir lag der Sport und so entschied ich relativ schnell, dass ich dabeibleiben möchte“, traf die Sportlerin aus Olfen schon früh die Entscheidung, im Kajak ihre sportliche Karriere weiter zu führen.
Jule Hake ist Vizeweltmeisterin und Olympia-Medaillenträgerin - und nun beim ETB SW Essen
Dass diese Entscheidung richtig war, zeigt die große Titel- und Medaillensammlung der Athletin. Die zweifache Vizeweltmeisterin – im Einer über 5000 Meter und Zweier über 500 Meter mit Pauline Paszek – und Bronzemedaillengewinnerin (im Einer über 500 Meter) bei der WM 2022 wurde 2023 auch noch Deutsche Meisterin über die 160-Meter-Sprintstrecke.
Auch bei den European Championchips 2022 regnete es Medaillen. Da holte das Duo Hake/ Paszek zwei Mal Bronze über 500 und 200 Meter. Im vergangenen Jahr kamen bei den Weltmeisterschaften noch Silber und Bronze hinzu. Die Krönung erfuhr ihre sportliche Karriere dann vor wenigen Wochen in Paris, wo sie olympisches Edelmetall mit nach Hause nehmen konnte.
Warum also nun der Weg hin zum Fußball, ihrer ersten großen sportlichen Liebe? Die Antworten darauf fallen Jule Hake leicht: „Ich starte jetzt gerade mit Arbeit und Uni und wollte mir jetzt mal etwas zurückgeben. Kanu ist für mich Leistungssport, also auch anstrengende Arbeit neben der Leidenschaft für das Wasser. Ich habe aber in den letzten drei Jahren realisiert, dass ich auch einmal raus aus der Kanu-Bubble möchte. Deshalb hieß es da einfach mal „back to the roots“, zurück zu etwas, was mir ausnahmslos Spaß macht, einfach einen Sport nebenbei, wo es um Spiel und Freude geht.“
Außen oder innen? Jule Hake soll beim ETB vielseitig eingesetzt werden
Wieder mit dem Fußball anzufangen, das stand bei der seit 2019 in Essen lebenden Medaillengewinnerin bereits seit Beginn des Jahres auf der To-do-list.
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Der Start in das neue Fußballerinnen-Leben begann dann sehr spontan. „Ich wohne ganz in der Nähe der Zweitrainingsstelle des ETB am Krausen Bäumchen und habe eine der dort anwesenden Frauen gefragt, ob am heutigen Tag Training stattfinden würde. Dann ging das alles ganz fix, ich bin kurz nach Hause, habe meine Sportklamotten angezogen und in Sneakers mitgespielt“, sagt Hake. Sie wurde sofort freundlich aufgenommen. „Aber am nächsten Tag hatte ich ganz schön Muskelkater, denn die Belastung ist eine ganz andere als beim Rudern,“ erinnert sie sich lachend.
Auch ihr Trainer Max Schäfer ist von Jule Hakes fußballerischen Qualitäten sehr angetan. „Die ersten 25 Minuten im ersten Pflichtspiel dieser Saison waren richtig gut. Jule Hake wird uns auf der Außenbahn sehr helfen können“, sieht der Coach seine neue Spielerin auf einer eher laufintensiven Position, traut ihr aber auch eine Rolle in der Innenverteidigung zu. Und auch Hake ist eine Freundin von körperbetontem, engagierten Zweikampf-Spiel. „Natürlich muss ich da auch aufpassen wegen Verletzungen, aber wenn man richtig reingeht, verletzt man sich eher wenig“, merkt sie an.
Beim Kanu ist für Jule Hake erst einmal Pause angesagt
Drei Mal pro Woche jagt Kajak-Champion Jule Hake jetzt in den Trainingseinheiten dem Ball nach, dafür herrscht auf dem Wasser derzeit Pause. Sie hat dafür eine schlüssige Begründung: „Das ist jetzt einfach mal nötig, da der Fokus in den letzten vier Jahren nur auf dem Kanu lag. Ich möchte da den Kopf etwas frei bekommen.“
„Die Stimmung im olympischen Dorf war großartig. Es war toll organisiert und besonders in Erinnerung ist mir diese kleine, wunderbare Bäckerei geblieben, die gefühlt immer auf hatte. “
Trotzdem bleibt auch Kajak weiter für die ehrgeizige Sportlerin ein wichtiges Thema. „In vier Jahren ist Olympia in Los Angeles, das ist ein sehr reizvolles Ziel.“ Immerhin fehle ihr die Goldmedaille ja noch, fügt sie mit einem Lachen hinzu.
Bei der Frage nach einem Vergleich der Olympischen Spiele in Tokio 2021 und der in Paris 2024 muss sie nicht lange überlegen: „Von der Atmosphäre und vom Feeling her waren es in Paris richtig geile Spiele. Die Stimmung im olympischen Dorf war großartig. Es war toll organisiert und besonders in Erinnerung ist mir diese kleine, wunderbare Bäckerei geblieben, die gefühlt immer auf hatte. Leider konnte ich mir keine anderen Sportarten anschauen, da ich bis kurz vor Ende der Spiele in Wettbewerben stand. Am letzten Tag wäre die Möglichkeit gewesen, aber da habe ich mich für die Familie entschieden und dafür mit den anderen zu feiern.“
Eine bleibende Erinnerung ist ein Olympia-Tattoo auf ihrem rechten Arm, der ihr die Momente in Paris immer wieder ins Gedächtnis ruft. Doch aktuell ist der Fokus auf dem Fußball und bei ETB Schwarz-Weiß. Darüber freut sich natürlich auch Gerhard Eßler, zweiter Vorsitzender beim ETB. „Jule ist als Mensch schon ein Gewinn und fußballerisch auch. Sie führt den Ball sehr eng, ist sehr robust und einsatzfreudig. Und natürlich ist Jule austrainiert und topfit.“
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