Essen. Für Oberligist Moskitos entpuppt sich Assistent Johan Merbah als Glücksgriff. Darum harmoniert der studierte Franzose so gut mit dem Cheftrainer.
Wer bei den Heimspielen am Westbahnhof seinen Blick über die Bank der Moskitos Essen schweifen lässt, dem dürfte ein neues Gesicht auffallen: Das von Johan Merbah, der neben Cheftrainer Danny Albrecht der zweite Architekt des Erfolgs ist. Der Eishockey-Oberligist hat den 40-Jährigen im Sommer als Co-Trainer und „Performance Director“ verpflichtet. Während Albrecht in der Öffentlichkeit auftritt, sich um die Taktik und den spielerischen Bereich kümmert, trägt Merbah Verantwortung für das Athletiktraining und die körperliche Verfassung der Spieler. „Ich mag es, im Hintergrund zu arbeiten. Ich habe kein Problem damit, dass mich niemand kennt“, sagt Merbah dieser Redaktion.
Der Franzose ist in Marseille geboren, wuchs im Südosten Frankreichs, in den Alpen auf. Als Merbah etwa zehn Jahre alt war, zog es seine Eltern an die Mittelmeerküste ins sonnige Toulon – eigentlich nicht der klassische Ort, um Eishockey zu spielen. Die Stadt aber hatte eine Eishalle, Merbah spielte jahrelang als Torhüter für den Verein. „Ich war aber nicht gut genug, um eine Karriere zu starten“, erklärt er.
Merbah hat vor seinem Job bei Moskitos auch als Ingenieur gearbeitet
Merbah absolvierte seinen Bachelor in Physik, schloss 2009 seinen Master in Biomechanics ab. „Das ist die Wissenschaft, die die menschliche Bewegung erklärt. Alle Regeln der klassischen Physik angewandt auf den Körper“, erklärt der Franzose. „Ich habe mich wirklich verliebt in die Thematik.“ Zwischenzeitlich arbeitete der Albrecht-Assistent allerdings als Ingenieur – unter anderem für das Unternehmen des Vaters seiner Freundin, die er auf dem Oktoberfest in München kennenlernte und die ihn nach Deutschland lockte.
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Richtig glücklich sei er als Ingenieur aber nicht gewesen und entschied sich 2016, seine Doktorarbeit zu schreiben. Dafür kehrte er für dreieinhalb Jahre nach Frankreich zurück – unter anderem während der Corona-Pandemie. Zurück in Deutschland wusste Merbah nicht, wie es genau für ihn weitergehen sollte. „Ich habe gedacht, dass ich wieder als Ingenieur arbeiten muss, weil das der Weg war, um Geld zu verdienen“, sagt er. „Dann habe ich Danny getroffen.“
Mit einem Freund des Bruders von seiner Partnerin spielte Merbah Inline Hockey in Herne. Der Freund stellte den Kontakt zu Albrecht her, der damals als Trainer des Herner EV einen Athletikcoach suchte. „Seitdem ist es eine Art Love-Story mit Danny“, meint Merbah. „Ich musste mich hier beweisen. Ich war ein Niemand in Deutschland, hatte kein Netzwerk.“
Merbah und Cheftrainer Albrecht waren gemeinsam beim Herner EV
Etwas mehr als ein Jahr arbeiteten Albrecht und Merbah erfolgreich in Herne zusammen, ehe sich die Wege des Duos und des HEV im November 2022 trennten. Albrecht wurde kurz vor dem Jahreswechsel als neuer Coach in Essen vorgestellt, Merbah vermittelte er im Dezember an die Bayreuth Tigers, bei denen er eine fantastische Zeit gehabt habe, sagt der Franzose.
Dennis Reimer fraglich
Die Moskitos messen sich an diesem Doppelspieltag mit den einzigen beiden Gegnern, gegen die sie in dieser Saison nach regulärer Spielzeit verloren haben: Am Freitag (20 Uhr, Westbahnhof) empfängt der Oberligist die Hannover Indians, am Sonntag (18 Uhr) sind die „Mücken“ bei den niederländischen Tilburg Trappers zu Gast.
Fraglich ist der Einsatz von Dennis Reimer, der beim 4:2-Heimsieg gegen Halle in der Vorwoche schon im ersten Drittel mit Schulterbeschwerden nicht weitermachen konnte. Eine schwerwiegende Verletzung konnte aber bereits ausgeschlossen werden.
Seit Sommer dieses Jahres sind die beiden am Westbahnhof wieder vereint. „Wir haben eine sehr gute Beziehung. Wir sind im Austausch, wir sind uns ähnlich in unseren Ansichten und in der Arbeitseinstellung“, erklärt Albrecht. Als „Performance Director“ ist Merbah die Schnittstelle zwischen Physiotherapeuten und Ärzten, ist für alle Ansprechpartner, bringt als promovierter Sportwissenschaftlicher die wissenschaftliche Komponente mit ein.
Sein Hauptjob ist und bleibt das Athletiktraining. Seine Philosophie: Ein harter Sommer ist die Basis für eine erfolgreiche Saison. Und was ihm wichtig ist: „Ich möchte nicht jeden einzelnen Spieler an seinem Maximum haben“, so Merbah. „Wenn du bei einhundert Prozent bist, ist das Verletzungsrisiko zu hoch.“ Es sei ist manchmal besser, nur bei 95 oder 92 Prozent deines Potenzials, dafür aber seltener verletzt zu sein. Den richtigen Punkt zu finden, sei schwierig. Wenn man sich selbst überlade, leide die Gedankenschnelligkeit, Vision und Konzentration.
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Um die Belastung richtig zu steuern, stimmt er sich regelmäßig mit Albrecht ab, welche die richtigen Trainingsübungen für den Tag oder die Woche sind. Müssen die Spieler auf dem Eis mehr laufen oder mehr Zweikämpfe führen? Albrecht kann aus seinem Pool schöpfen – und damit genau auf Merbah eingehen.
„Ich habe noch nie jemanden erlebt, der fachlich so gut ist wie Johan. Ich glaube, jeder Spieler kann sich glücklich schätzen, von ihm zu lernen“, meint Albrecht. Für Merbah ist Albrecht wiederum mit Abstand einer der besten Trainer der Oberliga Nord. Das Ziel der beiden: Attraktives Eishockey spielen zu lassen und die Zuschauer zurück an den Westbahnhof zu locken. „Der Support der Fans macht den Unterschied in den engen Spielen.“
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