Essen. Der Essener Kajakfahrer geht in seine vierten Olympischen Spiele. Beweisen muss er nichts mehr – das Feuer im 38-Jährigen brennt aber lichterloh.
„Just a kayaker“ (nur ein Kajakfahrer) steht als Motto ganz oben auf der Instagram-Seite von Max Hoff. „Ich fahre halt Boot, bin aber ansonsten nichts Besonderes, bin einfach einer von Vielen und gehe mit meinen Erfolgen nicht hofieren“, gibt sich der 38-jährige Kanute der KG Essen dazu befragt, äußerst bescheiden. Doch Max Hoff ist wahrlich weit mehr als einfach nur ein Kajak-Fahrer. Er kann und muss durchaus als eines der großen Gesichter des Kanurennsports bezeichnet werden.
Über viele Jahre hat er als mehrfacher Welt- und Europameister die Disziplin des 1000m-Einerkajaks geprägt, 2012 in London eine Bronzemedaille gewonnen. Als Mit-Favorit 2016 in Rio de Janeiro ins Rennen gegangen, wurde er brutal von Grünzeug an der Steuerflosse ausgebremst; krönte diese Spiele dann aber wenig später mit Olympia-Gold im 1.000m-Viererkajak, in dem zudem Vereinspartner Max Rendschmidt saß.
Für Max Hoff stellte sich die Frage, was er im Wildwasser noch erreichen kann
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Rückblickend stehen aktuell je einmal Olympia-Gold und Bronze zu Buche sowie acht WM- und 13 EM-Titel, drei Goldmedaillen bei European Games sowie drei Gesamt-Weltcupsiege. Vor diesen Erfolgen im Rennsport war er zudem 2007 schon Weltmeister im Wildwasser geworden, seiner ursprünglichen Kanu-Disziplin. Damals stellte sich für ihn die Frage, wie es weitergehen sollte: noch einmal Weltmeister werden in dieser nicht olympischen Sportart Wildwasser? Oder zum olympischen Rennsport wechseln, dabei die Neugierde stillen, was hier gehen könnte, die große Herausforderung annehmen und sich den Olympia-Traum zu erfüllen?
Zunächst fuhr Hoff noch doppelgleisig im Wildwasser- und Rennboot und wurde sicher am Anfang aufgrund seines vom Wildwasser geprägten Paddelstiles von so manchem Rennkanuten nicht ganz ernst genommen. Was sich aber schnell ändern sollte, denn nur ein Jahr später qualifizierte sich Hoff 2008 für die Spiele in Peking und belegte im 1.000m-Einer Platz fünf.
Vor seinem ersten Olympia-Auftritt kannte Hoff kaum jemand
„Vorher kannte mich kaum einer; danach schon“, blickt Hoff schmunzelnd auf diese Zeit zurück. „Ich habe es auf meinem Weg gelöst, der vielleicht auch unorthodox war. Ein wenig Talent habe ich mit Sicherheit auch, denn ganz ohne geht es nicht. Aber ich habe mir immer viel erarbeiten müssen, war immer ein fleißiger Paddler. Meine Stärke ist sicher die hohe Grundlagenausdauer, aber die bedarf sehr viel Arbeit und Aufwand.“
Wie viel harte Arbeit und hartes Training hinter den bisherigen Erfolgen steckt, wird bei Max Hoff auch optisch deutlich: ein Modell-Athlet durch und durch. Beim Fotoshooting hoch über dem Baldeneysee von einem zufällig anwesenden Paar auf das „Germany-Outfit“ angesprochen, erklärte er mit Stolz von seiner Olympiateilnahme. Beiden gab er direkt seine Startzeiten ins Handy ein - sie werden vielleicht so zu Olympia-Nachtschwärmern. Darauf angesprochen, wie man denn zu diesem Körper kommt, antwortete Hoff lachend: „Den ganzen Tag damit arbeiten“.
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Für Olympia schlug Hoff ein Berufsangebot aus
Bei gut 7.000 Paddel-Kilometern im Jahr liegt das Trainingspensum auf dem Wasser; hinzu kommen viele Stunden Krafttraining, Laufen und Schwimmen in der Woche. „Durchschnittlich aufs Jahr gesehen, liegt der Trainings-umfang bei einem Minimum von 22 Stunden, maximal 30 Stunden, inklusive der Urlaubswochen wohlgemerkt.“ Nimmt man Regeneration wie Physiotherapie hinzu, nähert es sich einem Vollzeitjob“, erklärt Hoff.
Das, was Max Hoff ebenfalls kennzeichnet und auszeichnet, ist die Liebe zum Kanusport, die ihn den Traum vom Olympiasieg leben ließ und veranlasste, auch nach dem Gold von Rio weiterzumachen und selbst das zusätzliche Jahr durch die Verschiebung der Olympischen Spiele dranzuhängen. Ein Preis dafür war, ein vorliegendes Jobangebot auszuschlagen.
„Ich habe einfach noch diese Leidenschaft für den Sport in mir, hätte es mir nicht verzeihen können, während der Spiele zuhause am Schreibtisch zu sitzen. Auch wenn ich irgendwie müde geworden bin im Einer international zu fahren, ändert dies nichts an meinem Leistungspotential. Auf Mannschaftsboote habe ich einfach richtig Bock“.
„Max ist ein altes Brett, der kann alles“, lobt sein Hintermann
Dass Max Hoff in den zurückliegenden Jahren neben vielen Höhen so manche Tiefen erlebt hat, versteht sich von selbst. Steinig der Weg im vergangene Jahr, holprig die Sichtung zu Jahresbeginn. Aber wieder einmal hat er sich durchgesetzt; und die Bundestrainer haben auf ihn gesetzt. Wohl wissend, was in ihm steckt. Klar war alles dann mit der vierten Olympiateilnahme, als er sich beim entscheidenden Weltcup in Ungarn wieder mit dem erst 22-jährigen Jacob Schopf im Zweier durchsetzen konnte, mit dem er bei der letzten WM 2019 an selber Stelle Gold im 1.000m-Zweier gewann. In dem oft als „Zwei-Generationen-Boot“ bezeichneten Zweier profitieren beide Sportler voneinander, beide bilden eine starke Symbiose.
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„Der Max ist einfach ein altes Brett, der kann alles. Vor allem, eine hohe Geschwindigkeit ins Boot bringen und der Konkurrenz den Zahn ziehen. Er hat mir mit all seiner Erfahrung schon so viel beigebracht“, ist Hintermann Jacob Schopf voll des Lobes für seinen Schlagmann. Hoff zeigte sich nach der geschafften Olympiaqualifikation erst einmal hoch emotional.
„Es war gerade in unfassbar hartes Rennen. Und ich habe so viel Dankbarkeit empfunden, zum vierten Mal dabei zu sein und denen gegenüber, die mir auf diesem Weg geholfen haben“. Befragt zu seinem Partner gerät der Essener geradezu ins Schwärmen „Der Jacob ist ein großes Talent. Ich bin froh, dass ich mit ihm zusammen fahren kann und ihm so manchen beibringen konnte. Das macht einfach Laune. Er ist zielstrebig und hat einen Killerinstinkt. Er wird seinen Weg gehen und man wird noch viel Spaß mit ihm haben. Es war unser Traum, gemeinsam nach Tokio zu fahren – und das haben wir geschafft“.
Was soll man sagen: Max Hoff – einfach nicht nur ein Kajakfahrer!