Berlin. Bei den deutschen Meisterschaften in Berlin wollen die Top-Athleten vor allem Wettkampfpraxis sammeln. Standortbestimmung für Olympische Spiele.

Es sind deutsche Meisterschaften. „Aber so fühlt es sich nicht an“, gibt Nicole Endruschat zu. Die Cheftrainerin am Bundesstützpunkt in Essen-Rüttenscheid und das Team der Startgemeinschaft Essen (SGE) reiste am Mittwoch mit dem Zug in die Hauptstadt, wo an diesem Donnerstag die DM-Titelkämpfe beginnen.

Anders als vielleicht in den Jahren zuvor haben sie in Essen ihre Chancen auf einen Titel nicht so wirklich durchkalkuliert. Zu ungewiss sind die Voraussetzungen bei diesen Entscheidungen. „Es ist schwer, eine Prognose abzugeben. Ich habe auch noch gar nicht richtig auf die Meldelisten geschaut“, sagte Endruschat vor der Abreise.

Deutschen Meisterschaften diesmal ohne jegliche Qualifikation

Die DM im Berliner Europasportpark ist eingebettet in die „Finals 21“, für die schon seit einiger Zeit im öffentlich-rechtlichen Fernsehen geworben wird. 18 Disziplinen suchen ihre Meister und das alles komprimiert auf vier Tage in Berlin und der Rhein-Ruhr-Region. Die Einzelveranstaltungen werden als Paket zum Event, was vom Publikum durchaus positiv aufgenommen wird. Und die TV-Präsenz könnte die Aktiven ebenfalls noch pushen.

Aber der sportliche Wert dieser Schwimm-Wettbewerbe ist wohl tatsächlich relativ im Jahr der Olympischen Spiele - zumindest für die Top-Athleten. Klar, Deutscher Meister will jeder werden, so viel Ehrgeiz muss sein. Und der Medaillenspiegel ist auch immer gut fürs Prestige. „Aber normalerweise ist die DM mit einer Qualifikation verbunden“, sagt Endruschat. Das jedoch fällt flach in diesem Jahr.

Olympia-Teilnehmer starten aus dem Training heraus

Lisa Höpink von der SG Essen hat sich für die Olympischen Spiele in Tokio qualifiziert.
Lisa Höpink von der SG Essen hat sich für die Olympischen Spiele in Tokio qualifiziert. © Unbekannt | Michael Gohl

Die Olympia-Ausscheidungen waren bereits im April. Wer sich für die Spiele (23. Juli bis 8. August) qualifiziert hat wie die Essener Lisa Höpink, Damian Wierling und Poul Zellmann, hat den Plan konsequent auf den sportlichen Höhepunkt in Tokio ausgerichtet und startet praktisch aus dem Training heraus.

Diejenigen, die die Norm für die Spiele nicht erfüllten wie Kathrin Demler und Max Pilger von der SGE, waren im Mai bereits bei der EM in Budapest. „Für sie kommt die Deutsche jetzt noch oben drauf, das wird auch nicht einfach“, weiß die Trainerin.

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Obwohl die Asse sich nicht gezielt vorbereitet haben, sind sie dennoch froh, dass es sie gibt. Denn so viele Wettkämpfe gab’s ja nicht in den vergangenen Monaten. Für die Olympia-Starter ist es eine willkommene Standortbestimmung. „Ich denke schon, dass wir ordentliche Zeiten bringen werden, aber das ist mir gar nicht so wichtig“, so Endruschat. Es gehe eher darum, die richtige Renntaktik zu finden und Wettkampfhärte zu bekommen.

Poul Zellmann trotz Mammutprogramm ehrgeizig

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Poul Zellmann, Spezialist über 200m Freistil, hat für alle fünf Freistil-Rennen gemeldet, von 100 bis 1500 Meter. Inklusive der Vorläufe kommt er so auf rund 3700 Meter. „Ich trete immer an, um zu gewinnen. Über 100 Meter mit Damian Wierling als Gegner wird das wohl schwierig, aber sonst ist es schon möglich“, sagte Zellmann bei der Pressekonferenz. „Wir haben zuletzt viel trainiert und versucht, an Stellschrauben zu drehen. Es gilt, Reize zu setzen und die Rennen sollen Spaß machen, um neue Energie zu sammeln Richtung Tokio.“

Positiv gestimmt ist auch Kathrin Demler, die die Olympianorm über 200 Meter Lagen um gerade einmal 22 Hundertstel verpasst hat, aber mit Finalplatz sieben ein überzeugendes EM-Debüt gab. Vielleicht kommt In Berlin ja zum bislang einzigen Titelgewinn aus dem Jahr 2013 nun ein weiterer hinzu. Überraschen würde es angesichts ihrer rasanten Entwicklung seit der Rückkehr aus den USA nicht.

„Ich will zeigen, was ich kann“, sagt Kathrin Demler. „Ich hatte fast mit dem Gedanken gespielt, 2020/21 aufzuhören. Da ich dieses Jahr eine gute Entwicklung gemacht habe und vor allem den Spaß wiedergefunden habe, freue ich mich auf die nächsten drei Jahre. Denn ich glaube, da geht noch was.“ Olympia 2024 in Paris.

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