Ruhrgebiet. Die Ruhr Games – das erste große Sportevent im Ruhrgebiet seit Monaten. Der Preis ist hoch, aber: Wichtig ist, dass die Spiele überhaupt steigen.
Der Sport im Ruhrgebiet erwacht so langsam wieder. Training ist vielerorts wieder möglich. Spiele, Wettkämpfe und Prä-Pandemie-Verhältnisse im Sport zeichnen sich immer deutlicher am Horizont ab. Die Ruhr Games in Bochum (3.-6. Juni) sollen einen Startschuss markieren für den Aufbruch in die sportliche Nach-Corona-Zeit – auch wenn dabei einiges auf der Strecke bleiben muss.
Zwar noch ohne Zuschauer und nur digital verfolgbar, sind die Spiele, die am langen Fronleichnamswochenende vor allem rund ums Bochumer Ruhrstadion stattfinden dennoch ein wichtiges Signal für die aktiven Athleten. Egal, ob Leistungs- oder Breitensport.
Ruhr Games in Bochum sind der Wiedereinstieg in die Wettkämpfe
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„Die Sportler und Sportlerinnen brauchen das ganz dringend“, sagt Nils Klagge, Referatsleiter Großveranstaltungen in der Staatskanzlei NRW über die Ruhr Games. „Sie sind eine tolle Gelegenheit, nach Monaten wieder in den Wettbewerbsbetrieb zu gehen.“
Das bezieht sich in diesem Kontext allerdings vorerst nur auf Leistungssportler. Die Kader-Athleten aus dem Ruhrgebiet und NRW konnten (genau wie die Fußball-Nachwuchsleistungszentren) in den vergangenen 15 Monaten länger und deutlich mehr trainieren als der Breiten- oder Amateursport.
Der Lichtblick: In vielen Sportarten die ersten Wettkämpfe seit Monaten
Dennoch meint Klagge zurecht, dass der generelle Wettbewerbsbetrieb in diesem Zeitraum erheblich gelitten hat: „Der ist nicht zu ersetzen.“ Das betrifft nämlich auch die Kaderathleten, die sich daher wohl umso mehr auf die Ruhr Games freuen, als in den Jahren zuvor.
„Glück im Unglück“ habe man gehabt, erklärte etwa Sarah Polleros, Ruhr-Games-Botschafterin und Bundesliga-Basketballerin beim Herner TC. „Wir konnten weiter trainieren und im Basketball sogar die komplette Saison spielen. Wir hatten die Chance, uns weiterzuentwickeln. Bei anderen Sportarten sieht es nicht so aus.“
Die Ruhr Games als erster Wettkampf seit Monaten ist für viele ein wichtiger Fixpunkt im Kalender. „Es war ein großer Motivationsschub“, sagte Stefanie von Berge, Ruhr-Games-Botschafterin Boxen und Deutsche Meisterin. Es war endlich wieder ein Ziel, auf das man hinarbeiten konnte.
Sportakrobatik: Keine Wettkämpfe in 2020
Es herrscht aber auch auf dieser Ebene ein gewisses Ungleichgewicht. Während die Basketball-Saison mit der Hernerin Polleros eine komplette Saison hinter sich hat, haben zum Beispiel die Sportakrobaten, die zum ersten Mal bei den Ruhr Games mit im Programm stehen, 2020 keinen Wettkampf austragen können. Selbst im Basketball sind die Unterschiede auffällig: Profis durften spielen, die Metropol Baskets Ruhr noch nicht mal in der Halle trainieren.
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Einerseits ist es dadurch so, dass in den verschiedenen Disziplinen ähnliche Verhältnisse herrschen. Die Regeln und Maßnahmen galten und gelten für alle Sportler innerhalb der jeweiligen Sportart, sofern sie in Deutschland aktiv sind. Andererseits könnte sich dadurch ein Qualitätsgefälle bei den Ruhr Games offenbaren. Ob und wie viele sportliche Höchstleistungen und Normen an den vier Tagen erreicht werden können, wird sich zeigen.
Gerade in Sportarten, in denen lange, wenn überhaupt, „nur“ trainiert werden konnte, dürfte der Sprung vom Trainingsplatz in den Wettkampf fordernd sein. Eine Routine, die lange eingefroren war und nun wieder aufgetaut werden muss – das wird die Ergebnisse sicherlich beeinflussen.
Das Hauptaugenmerk der meisten Verantwortlichen und Teilnehmer liegt zwar auf der grundsätzlichen Durchführung und dem Austausch-Charakter der Spiele, dennoch dürften gerade die Athleten auch ein genaues Auge auf ihre eigenen Leistungen haben. Gerade wenn es um Entscheidungen bei Deutschen Meisterschaften geht.
Die Schattenseite: Keine Zuschauer im Stadion, kein Festival
Dennoch sind die Ruhr Games als Event mit einer vierstelligen Teilnehmerzahl mehr als ein Lichtblick – aber keiner ohne Schatten. Denn wenn sich Nachwuchs-Top-Athleten miteinander messen, tun sie es nur für sich.
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Die 110.000 Zuschauer, die die Ruhr Games 2019 in den Landschaftspark Duisburg-Nord gelockt hatten, werden am Wochenende höchstens am Bildschirm zuschauen. Es war die einzige Möglichkeit, die Spiele in diesem Jahr stattfinden zu lassen. Ein weiterer Preis ist, dass der große Sport- und Kultur-Festival-Charakter entfällt – große Headlinerkonzerte wie bei den vergangenen Ausgaben gibt es in diesem Jahr nicht.
Ein entscheidender Einschnitt in die Atmosphäre und das Erlebnis Ruhr Games, den die Aktiven aber gerne in Kauf nehmen, um sich überhaupt wieder miteinander messen zu können. Davon ist die Sport-Basis noch ein Stück weit entfernt. Aber eben nur noch ein Stück: Die Ruhr Games zeigen, dass Wettkämpfe wieder möglich sind. Von Angesicht zu Angesicht.
Natürlich wären viele Breiten- und Amateursportler froh, wenn sie überhaupt wieder im normalen Umfang trainieren können. Die Ruhr Games sollen und können in diesem Fall aber vielmehr Hoffnung machen, als Neid verbreiten. Das Ende der Durststrecke ist in Sicht.