Essen. Vor gut einem Jahr stand der Essener Eishockey-Verein mit knapp einer halben Million Euro Schulden vor dem Aus. Nun hat er wieder eine Zukunft.

Es ist noch nicht lange her, da löste allein der Name ESC Moskitos allgemeines Kopfschütteln aus. Es herrschte wieder mal das blanke Chaos am Westbahnhof - wie so oft in den Jahren zuvor. Sportlich lief nichts mehr zusammen, finanziell hatte der Eishockey-Oberligist Bully am Abgrund. Und auf der Kommandobrücke gab es keinen Kapitän, der das Ruder noch hätte herumreißen können.

Doch statt Konkurs ist der Kurs inzwischen wieder stabil, und der Klub legt seinen Fans vorzeitig ein goldenes Ei ins Osternest: „Der ESC Moskitos Essen hat in den vergangenen Monaten erfolgreich sämtliche Verbindlichkeiten in der Höhe von knapp 500.000 Euro abgebaut und ist nun schuldenfrei“, heißt es in der offiziellen Mitteilung.

Unerwartet zügige Entwicklung zum Positiven

Wow, die Moskitos schreiben eine schwarze Null! Unglaublich. Das hat es seit über einem Jahrzehnt nicht mehr gegeben. Und es kommt zweifelsohne überraschend in diesen schwierigen Zeiten, in der alle Vereine mit den Folgen der Pandemie kämpfen müssen. Und überhaupt: Eine so zügige Entwicklung zum Positiven war auch nicht zu erwarten.

Anfang 2020 kreiste noch der Pleitegeier über der Eishalle am Westbahnhof. Doch zum Glück für die Freunde des Eishockeysports fand sich hinter den Kulissen eine Seilschaft, die sich entschlossen engagierte und bereit war, zu retten, was noch zu retten ist. Die „Wohnbau“, Haupt- und Namenssponsor, öffnete noch einmal den Geldbeutel, bezahlte Rechnungen und installierte Thomas Böttcher als Vorsitzenden.

Positive Signale schon zur Jahreswende

Offenbar die richtige Entscheidung, denn der geschäftsführende Vorstand mit Schatzmeisterin Simone Wettstein und Böttcher trug die Altlasten und Schulden der vorherigen Vereinsführung kontinuierlich ab. „Wir können ab sofort nach vorne schauen und uns auf den Sport konzentrieren“, heißt es aus der Chefetage.

Kapitän Stephan Kreuzmann bleibt an Bord

Sportlich sind die Planungen für die kommende Saison angelaufen. Dafür verantwortlich ist der Sportliche Leiter und Trainer Frank Petrozza.

Die Spielerverträge laufen Ende März aus. Kapitän Stephan Kreuzmann wird allerdings beim ESC bleiben, das steht fest.

Neu dabei ist Stürmer Toni Lamers (20), der von den Hammer Eisbären kommt. Er stammt aus dem Essener Nachwuchs. Auch ein Fingerzeig für die Zukunft.

Positive Signale gab es schon zur Jahreswende. Die Moskitos hatten sich im Dezember 2020 erholt, trotz der Corona-Zwangspause, trotz der fehlenden Einnahmen, die der Klub so bitter benötigt hätte. Zwei Drittel der Verbindlichkeiten waren zu jenem Zeitpunkt abgebaut.

Verhandlungsgeschick und treue Partner

Mit viel Verhandlungsgeschick hat sich der Verein aus mancher kostspieligen Vertragsfessel befreit. „Simone und ich mussten hohe Hürden überwinden“, gibt Böttcher zu und räumt ein, dass die Moskitos ihnen auch die eine oder andere schlaflose Nacht bereitet hätten. Immer neue Rechnungen tauchten auf. „Jeden Morgen musste man doch damit rechnen, dass wieder ein Mahnbescheid im Briefkasten liegt.“

Heute sind die Krankenkassenbeiträge beglichen, mit der Berufsgenossenschaft ist man ebenfalls quitt – sogar ohne die vereinbarte Ratenzahlung. Im Sponsorenbereich sind mehr als 20 neue Geldgeber hinzugekommen. „Und die anderen Partner haben immer hundertprozentig hinter dem Verein gestanden“, sagt Böttcher. Obwohl gar nicht gespielt wurde.

Frank Petrozza hat die sportlichen Entscheidungen bei den Moskitos zu verantworten.
Frank Petrozza hat die sportlichen Entscheidungen bei den Moskitos zu verantworten. © Michael Gohl

Solidarität der Fans und Anstieg der Mitgliederzahl

Die Regionalliga-Saison 2020/21 ist mittlerweile aufgrund der Pandemie abgeblasen worden. Die Essener absolvierten lediglich acht Testspiele während der Vorbereitung, aber nicht eine Pflicht. Geld kam nicht in die Kasse, doch Reisekosten fielen auch nicht an. Die Vertragsspieler wurden in Kurzarbeit geschickt, die staatliche Corona-Soforthilfe war eine willkommene Finanzspritze.

Die Solidarität im Umfeld ist nach wie vor ein Pfund. „Einen großen Anteil an diesem Kraftakt haben natürlich auch die treuen Moskitos-Fans. Fast alle Dauerkartenbesitzer haben auf eine Rückerstattung verzichtet“, sagt Böttcher stolz, schließlich macht auch das einen fünfstelligen Betrag aus. Und rund 200 Mitglieder sind auch hinzugekommen, so dass es nun rund 500 sind.

Moskitos wollen in die Oberliga zurück

Der Blick richtet sich ungetrübt nach vorn. „Die richtige Vereinsarbeit kann jetzt beginnen“, sagt der Moskitos-Chef, der die Strukturen optimieren möchte und vor allem Transparenz verspricht, nachdem zuvor intern viel gemauschelt worden war. Die Mitgliederversammlung ist für August geplant, dort soll auch über eine neue Vereinssatzung abgestimmt werden. Ob es eine Präsenzveranstaltung wird, ist offen. Aber der entscheidende Satz ist sowieso: „Eishockey in Essen hat wieder eine Zukunft.“

In welcher Liga, das steht noch nicht fest. „Das wird sich im Juni entscheiden“, sagt Böttcher. Die Bewerbungsunterlagen müssen bis zum 31. Mai beim Verband eingereicht werden. Aber klar ist schon jetzt: „Natürlich wollen wir in die Oberliga zurück.“

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