Essen. Die Rot-Weissen sammeln Punkte, zeigen aber derzeit eher Pflicht statt Kür. Die Fans verfolgen es aus der Distanz und stellen fest: Es fehlt was.
Man ist ja mittlerweile soweit, dass man sich vermehrt Sportdokumentationen verschiedenster Mannschaftssportarten aus vergangenen Jahren anschaut, nur um mal wieder ein wenig Flair genießen zu dürfen. In einer dieser Dokumentationen sprach ein Trainer davon, dass seine Mannschaft und die Fans ein enormes emotionales Investment vornehmen müssten, um das Derby zu gewinnen. „Emotionales Investment“, vielleicht genau die Begrifflichkeit, mit der sich umschreiben lässt, was uns allen zur Zeit aus gegebenem Anlass so sehr fehlt.
Spielergebnisse, Tabellen, Neuverpflichtungen, taktische Spielereien und so weiter, das alles ist die eine Seite des Fußballs. Die Seite, die wir ja auch ohne Probleme (es sei denn, Spiele müssen aufgrund positiver Verdachtsfälle/Erkrankungen abgesagt werden) weiter verfolgen können. Und so konnten wir am Samstag den erneut temporären Sprung unserer Rot-Weissen an die Tabellenspitze der Regionalliga West verfolgen. Also im eigentlichen Sinne. Denn aus Bergisch-Gladbach gab es keine Bewegtbilder zu betrachten.
Keine Live-Bilder vom Spiel in Bergisch Gladbach
Verwöhnt durch die eigenen, mittlerweile richtig stabil laufenden Übertragungen aus der Sendeanstalt „97a“ sowie von den bisherigen Auswärtsspielen, machte sich fast Verblüffung breit, als es zu realisieren galt, dass wir ausschließlich den alten Tugenden Fanradio und Liveticker die volle Aufmerksamkeit schenken durften. Beide Medien konnten aber nicht viel Glanz in ihre Berichterstattung bringen, denn die auf einigen Positionen veränderten Rot-Weissen brachten auch gegen Gastgeber und Kellerkind SV Bergisch-Gladbach keine Kür, sondern die Pflicht auf den Rasen.
Sich mit Schwung dem Strafraum zu nähern, fiel auch diesen Samstag erneut schwer. Und so können wir froh sein, dass jedes Spielfeld auch Elfmeterpunkte besitzt: Letztendlich mussten zwei Elfmeter her, um nach dem Spiel mit drei Punkten nach Hause zu fahren. Weiter ungeschlagen! Wieder gewonnen und erneut an der Tabellenspitze.
Ungerade Tabelle und große Klaviatur der Emotionen
Eigentlich könnte uns allen doch die Sonne aus den Knopflöchern strahlen. Aber, da ist zum einen die ungerade Tabelle, die bei einer Mannschaft acht gespielte Spiele aufweist, bei einer anderen wiederum schon vierzehn. Und da ist das Gefühl, dass was fehlt. Irgendwas lähmt. Da kommt für mich wieder das emotionale Investment ins Spiel.
Die Spieler machen gerade alle ihren Job und sind froh, diesem auch weiter nachgehen zu dürfen. Aber Fußballer spielen nicht nur für sich selbst. Fußballer stehen selbst in der Kreisklasse auf einer Bühne und leben von der Anfeuerung und den Emotionen von außen. Für Fußballer bei Rot-Weiss Essen ist es sogar die große Bühne. Die ganz große Klaviatur der Emotionen, negativ wie positiv. Vielfach rauf- und runter zwischen Anpfiff und Abpfiff.
Den Spielern vermitteln, dass ihre Fans noch da sind
Alles wirkt gerade langsamer und freudloser ohne Fans. Die die Ergebnisse nicht mehr rausschreien, sondern wohlwollend hinnehmen. Vielleicht müssen wir den Spielern noch einmal auf andere Art vermitteln, wie sehr wir trotzdem für sie da sind, um ihr Spiel freudvoller zu gestalten. Den Schub geben zu können, den sonst ein volles Stadion zu geben vermag.
Aber wie? In der zweiten Runde des DFB-Pokals nun erneut die Düsseldorfer Fortuna zu Gast. Ebenso wie gegen Arminia Bielefeld der zweite Anlauf unserer Roten binnen weniger Jahre. Und nehmen wir Bielefeld als gutes Omen, steht der dritten Runde ja nicht viel im Weg. Außer, dass wir auf den Rängen wohl immer noch nicht in emotionales Investment investieren dürfen. Aber, hoffen darf man immer!