Essen. Der 34-jährige Ex-Bundesligaspieler war unter Titz bei RWE schon ausgemustert, inzwischen startet der Mittelfeld-Stratege noch mal richtig durch.
Jeder hat bei Rot-Weiss Essen so seine Aufgabe: Das Duo Heber/Hahn in der Innenverteidigung ist so eine Art Versicherung gegen Elementarschäden, vorne hat Simon Engelmann die Lizenz zum Toreschießen. Aber das Herz der Mannschaft, dort, wo der Pulsschlag alles weitere bestimmt, das ist im Mittelfeld angesiedelt. Dabei ist es austauschbar, ob die Protagonisten Backszat oder Condé heißen. Wenn Dennis Grote seinen Kapitän Marco Kehl-Gomez neben sich hat, dann gilt das alte Türsteher-Motto wie vor jeder Edel-Disco: „Du kommst hier nicht durch.“
Wenn Grote die Grätsche ansetzt, zittern alle
Bei Kehl-Gomez keine Überraschung, aber der 34-jährige Ex-Bundesligaprofi Grote war eigentlich schon „weg vom Fenster“. Und nun? „Ich finde, seit Beginn der Vorbereitung macht es Dennis richtig überragend, das zeigt er in jedem Spiel“, verteilt RWE-Trainer Christian Neidhart höchstes Lob an seinen Routinier. Mit Auge und Übersicht und großer Spielruhe ist der Ex-Bochumer der Taktgeber im Mittelfeld. Wenn er seine 40-Meter-Diagonalpässe punktgenau auf den Mitspieler schlägt, meint man, im Ball sitze eine Drohne. Aber auch fürs Grobe ist sich der außerhalb des Platzes eher schmächtig wirkende Defensivspezialist nicht zu schade: Wenn Grote seine gefürchtete seitliche Grätsche ansetzt, hoffen alle, dass er den Ball auch trifft, denn ansonsten …..
Trainer Neidhart hat natürlich im Blick, dass sein vielleicht größter Stratege auf dem Spielfeld schon einige Jährchen auf dem Buckel hat: „Wir müssen gucken, wie es in der Englischen Woche mit dem Kräfteverschleiß ist, bisher machte er mir nicht den Eindruck, als ob er bald zusammen bricht“, grinste sein Coach. Man könnte spotten und sagen, dafür konnte sich Grote ja auch fast ein Jahr lang ausruhen.
Unter Titz hatte Grote seinen Stammplatz auf der Tribüne
Ausgerechnet der 13. Spieltag war es, vor dem Heimspiel gegen Fortuna Köln (0:1), wo ihn Neidharts Vorgänger Christian Titz aus der Startelf nahm, mit der lapidaren Begründung, er wäre nicht auf das Spiel genug fokussiert. Fortan verzichtete der zur Sturheit neigende Coach mehr oder weniger auf das Mitwirken seines Routiniers, Grote bezog nun oft einen Stammplatz auf der Tribüne. Dafür hielt Titz in Nibelungentreue an Hamdi Dahmani fest, der nie zurückzahlte. Es war nur ein Puzzleteil in der Entfremdung des Ex-Coaches von seiner Mannschaft, aber vielleicht das entscheidende.
Grote ist im Rückblick viel zu sehr Profi, als würde er sich mit der Vergangenheit beschäftigen wollen: „Ach, da will ich eigentlich gar nichts mehr zu sagen, wie wir im Moment Fußball spielen, spricht ja für sich, da lohnt sich kein Blick zurück.“ Und wie er im Mittelfeld das Spiel bestimmt und die wichtigen Zweikämpfe gewinnt, ebenso.
Sein 1:0 gegen Düsseldorf war der Dosenöffner
Aber auch nach vorne hat er seinen Anteil. Gegen Düsseldorfs U23 gelang ihm in der zweiten Halbzeit der Dosenöffner, mit einem Kopfball-Heber, den er wohl mit seiner ganzen Erfahrung genau so ansetzen wollte. Und nun beim 1:0 gegen Münster hatte er mindestens einen 50-Prozent-Anteil: Wie er sich mit einer Energieleistung durch zwei Gegenspieler tankte, um den entscheidenden Pass auf Harenbrock zu spielen, das war hart an der Grenze: „Da hatte ich Glück, dass der Schiedsrichter kein Foulspiel gepfiffen hat.“
Eine Erklärung für die Erfolgsstory der letzten Wochen hat er auch: „Wir haben nach der Ahlen-Partie unsere Art, Fußball zu spielen, etwas verändert. Am Anfang waren wir noch zu forsch und sind teilweise in Konter gelaufen, das passierte uns zuletzt nicht mehr.“ Für die richtige Dosierung ist Grote selbst zuständig, am Mittwoch in Gladbach, Samstag im Derby gegen RWO. Wenn ihn sein Coach für frisch genug hält.