Essen. Tusem Essen gibt Hoffnung nicht auf, Anfang Oktober am Hallo vor Publikum starten zu können. HBL sieht auf Dauer Geschäftsgrundlage gefährdet.

Mittlerweile dürfte Niels Ellwanger ein veritabler Experte sein, wenn es darum geht, die politischen Vorgaben zur Corona-Krise zu deuten und umzusetzen. Seit Monaten ist es das gleiche Spiel. Und die Zeit ist schnelllebig. Was vor zwei Wochen galt, kann heute schon ganz anders sein. Der Geschäftsführer des Handball-Erstligisten Tusem Essen muss seine Pläne immer wieder neu ausrichten und den Gegebenheiten anpassen.

„Wir machen nichts anderes mehr“, sagt Ellwanger und spricht vielen Kollegen aus der Seele. Man reagiert nur noch und fährt auf Sicht, für Kreativität und Eigeninitiative bleibt da wenig Raum. „Wenn wir ständig neue Rahmenbedingungen bekommen, dann arbeiten wir ins Leere hinein“, bekräftigt Frank Bohmann, Geschäftsführer der Handball-Bundesliga (HBL).

Die Geschäftsgrundlage ist gefährdet

Nach dem Gipfeltreffen von Bundeskanzlerin Merkel mit den Länderchefs am Donnerstag werden die Auflagen aufgrund der erhöhten Infektionszahlen wieder verschärft: Keine Zuschauer im Sport bis mindestens Ende Oktober heißt es nun. Was die Aussichten erheblich trübt, dass die Essener in der ersten Oktoberwoche gegen Frisch Auf Göppingen am Hallo vor einem größeren Publikum starten können.

Dennis Szczesny vom Tusem, als die Kulisse am Hallo noch stimmte.
Dennis Szczesny vom Tusem, als die Kulisse am Hallo noch stimmte. © Michael Gohl

„Die Aufregung ist groß, ganz klar. Man spielt hier schon mit der Geschäftsgrundlage eines jeden Klubs“, sagt Bohmann. Die HBL setzt aber trotz der jüngsten Aussagen der Politik weiter darauf, schon zum Saisonstart am 1. Oktober mit Hilfe von schlüssigen Hygienekonzepten vom Zuschauer-Verbot nicht betroffen zu sein und so die Zulassung von Fans zu ermöglichen. „Das ist die Absprache, die wir mit der Politik getroffen hatten“, sagt Bohmann. Am Montag berät sich das HBL-Präsidium, in dem auch Ellwanger sitzt, am Mittwoch tagt die Liga-Versammlung.

Konzept für bis zu 1000 Zuschauern

Alles richtet sich nach den Infektionszahlen. Und weil sich die Lage ständig ändert, kann niemand seriös vorhersagen, wie es weitergehen wird. Aktuell steigen die Zahlen bundesweit wieder, wobei die Region um Essen noch relativ gut dasteht. Was auch Niels Ellwanger ermutigt: „Stand heute könnten wir angesichts der niedrigen Zahlen eine Ausnahmegenehmigung beantragen, um vor mehr als 300 Leuten zu spielen.“ So hofft und interpretiert er die Beschlüsse.

Er bleibe positiv, sagt der Essener Handball-Boss, und wirkt zumindest nach außen hin ziemlich unaufgeregt. Ihm bleibe ja gar nichts anderes übrig. „Der Wunsch und die Pflicht zu spielen sind riesig.“ Notfalls auch ohne Zuschauer. Der Tusem hat natürlich für den Hallo ein Hygieneplan erarbeitet, der auf 900 bis 1000 Zuschauer zugeschnitten ist. Die HBL hat ebenfalls ein ausgeklügeltes Konzept für seine Vereine erstellt mit regelmäßigen Testungen und Verhaltensregeln. Doch letztlich entscheiden die Gesundheitsämter vor Ort, was geht und was nicht.

Alle Spiele werden live übertragen

„Wichtig ist, dass wir spielen“, meint Ellwanger, selbst wenn es vor einer Geisterkulisse wäre. Schließlich wird der Pay-TV-Sender alle 380 Partien der Handball-Bundesliga, die in der Regel donnerstags und sonntags ausgetragen werden, live übertragen. „Von dieser umfassenden TV-Präsenz profitieren nicht nur die 20 Clubs, deren Fans und Sponsoren, sondern auch der Handballsport in Deutschland insgesamt“, sagt HBL-Geschäftsführer Bohmann.

Ein Livestream, mit dem man - wie beispielsweise die Fußballer von Rot-Weiss Essen - Einnahmen generieren könnte, erübrigt sich damit. Aber der Werbevertrag spült wiederum einen Festbetrag von gut 200.000 Euro in die jeweiligen Klubkassen der Erstliga-Handballer. Und die Sponsoren bekommen die erforderliche Öffentlichkeit.

Den geringsten Etat der Liga

„Wir haben doch noch am wenigsten zu verlieren“, weiß Ellwanger mit Blick auf die Konkurrenz. Der Tusem hat nicht nur den geringsten Etat der Liga, sondern auch die kleinste Halle und wohl auch die geringsten Einnahmen von allen Erstligisten. „Wenn wir am Ende einen Zuschauerschnitt von 1500 hätten, kämen wir damit klar“, sagt der Geschäftsführer bescheiden. Ob der Tusem den erreichen kann, steht in den Sternen. Wie so vieles in Zeiten von Corona.