Herzlake. Essener wollen unbedingt aufsteigen. Für RWE-Chef Marcus Uhlig besitzt das Priorität. Doch es gibt andere Probleme und vor allem Ungewissheit.

Es herrschte Lockdown wegen der Corona-Pandemie, doch Marcus Uhlig und seine Arbeitskollegen bei Rot-Weiss Essen haben harte Wochen und Monate hinter sich. RWE plant die neue Saison und nur der Aufstieg zählt für die Essener, so viel steht fest. Scheitern sei keine Option, ist stets von den Verantwortlichen zu hören. Aber Rot-Weiss hat, wie alle anderen Klubs auch, mit der Corona-Krise zu kämpfen. Auch wenn man versucht, so langsam alles auf das Sportliche zu fokussieren, schwebt Corona über allem.

Marcus Uhlig, mit welchem Gefühl, welchen Gedanken sind Sie nach Herzlake ins Trainingslager gereist?

Wir sind jetzt zum dritten Mal in Herzlake und immer, wenn wir hier sind, finden wir tropische Temperaturen vor. Bekanntlich sind ja aller guten Dinge drei und ich gehe davon aus, dass dieses Trainingslager so etwas wie der Startschuss zu einer besonderen Saison sein wird. Wir wollen aufsteigen und finden hier für die Vorbereitung für unser großes Ziel optimale Bedingungen vor. Natürlich ist es schade, dass uns nicht, wie die Jahre vorher, einige Fans nach Herzlake begleiten durften. Doch wir müssen es so nehmen, wie es kommt. Überhaupt denke ich, dass wir in dieser unklaren Gemengelage versuchen sollten, uns nur auf die Dinge zu konzentrieren, die wir auch beeinflussen können. Und das ist natürlich unsere sportliche Vorbereitung.

Doch Corona verfolgt Sie auch nach Herzlake...?

Ja, gestern Mittag haben wir die Nachricht bekommen, dass die Corona-Schutz-Verordnung des Landes Nordrhein Westfalen sich, was den Fußball und den Veranstaltungsbereich betrifft, unverändert bis zum 31. August verlängert.

Neuzugang Simon Engelmann soll für die nötigen Tore sorgen.
Neuzugang Simon Engelmann soll für die nötigen Tore sorgen. © Thorsten Tillmann

Eine Woche später soll das erste Heimspiel gegen Wiedenbrück stattfinden. Damit dürfte Ihr Wunsch, vor 5.000 Zuschauern zu spielen, in weite Ferne gerückt sein, oder?

Unsere Hoffnung war, dass der Sport in der neuen Corona-Schutz-Verordnung dem kulturellen Bereich gleichgesetzt wird. Denn bisher war die Trennung so, dass im Amateursport maximal 300 Zuschauern zugelassen werden können. Im Kulturbereich war es anders, da gab es diese Öffnungsklausel, die besagt, dass bei einem entsprechenden Hygienekonzept die Behörden vor Ort eben mehr als diese 300 Zuschauer erlauben können. Darauf haben auch wir gehofft. Wir sind da mit der Stadt Essen in einem sehr guten Austausch. Dass der Sport dem Kulturbereich gleichgesetzt wird, ist leider nicht passiert. Aber klar ist auch, dass uns das nach der Entwicklung der letzten Tage nicht wirklich überrascht. Wenn der Profisport für Zuschauer nicht geöffnet wird, dann ist es doch klar, dass auch im Amateursport keine Bewegung reinkommt. Und wir gehören nun mal offiziell als Viertligist zu den Amateuren.

Was heißt das alles für das Wiedenbrück-Spiel?

Die neue Verordnung gilt bis zum 31. August. Das Wiedenbrück-Spiel findet am 5. September statt. Stand heute wissen wir also nicht, wie viele Fans wir reinlassen dürfen. Wir müssen abwarten, was nach dem 31. August passiert. Aber klar ist auch, dass wir im Dauerkarten-Verkauf der Zeit schon jetzt hinterherrennen. Da wir uns mehrgleisig vorbereitet haben, werden wir in den kommenden Tagen ein Dauerkarten-Konzept inklusive Livestream-Option vorstellen und anbieten. Wir gehen davon aus, dass der Spielbetrieb wie geplant am 5. September startet. Nur die unklare Zuschauerfrage bleibt bestehen.

Testspiel gegen Rheine

Die Rot-Weissen werden an diesem Donnerstag erst eine Trainingseinheit absolvieren und dann ein Testspiel gegen den Oberligisten Eintracht Rheine absolvieren.

RWE fertigte jüngst den Oberligisten TuS Ennepetal mit 21:0 ab (2x70 Minuten). Rheines Trainer Tobias Wehmschulte verspricht dennoch, dass sich sein Team nicht hinten reinstellen werde.

Was würde es für RWE heißen, wenn noch wochen- oder gar monatelang nur 300 Leute ins Stadion dürfen?

Aus heutiger Sicht erscheint es für Rot-Weiss Essen illusorisch, nur 300 Menschen ins Stadion zu lassen. Wie soll das funktionieren? Solange diese Verordnung so steht, werden wir kein Ticketing anbieten. Die 300 zugelassenen Menschen im Stadion umfassen ja nicht nur Zuschauer, sondern auch andere Personen und Gruppen, die rund um das Spiel arbeitsmäßig im Einsatz sind. Da bleiben nur sehr wenige Karten für Fans übrig. Wie sollen wir unter meinetwegen 11.000 RWE-Fans 100 Leute herausfiltern, die ins Stadion dürfen? Nach welchen Kriterien sollen wir hier vorgehen? Das würde viel Ärger verursachen und ist somit komplett unrealistisch.

Marcus Uhligs Kollege, der RWO-Präsident Hajo Sommers
Marcus Uhligs Kollege, der RWO-Präsident Hajo Sommers © Thorsten Tillmann

RWO-Präsident Hajo Sommers sagt, dass es unter diesen Bedingungen auf Dauer für Oberhausen schwierig werden dürfte. RWE befindet sich derweil im Trainingslager, hat mit Simon Engelmann, Daniel Davari und Felix Backszat drei Top-Spieler verpflichtet, den Trainer gewechselt: Welche Spuren hat Corona bislang bei Rot-Weiss Essen hinterlassen?

Wir haben ja schon kommuniziert, was Corona uns in der letzten Saison gekostet hat. Für diese Saison war und ist unsere oberste Prämisse, eine Mannschaft zusammenzustellen, die das große Ziel Aufstieg erreichen kann. Zusätzlich mussten und müssen wir natürlich auch das Finanzielle extrem im Auge behalten, weil sich durch Corona die Einnahmeströme limitieren. Und niemand weiß, wie lange das noch der Fall sein wird. Fakt ist aber, dass wir uns in diesen Zeiten auf eine große, solidarische Fan-Gemeinde verlassen können. Und wenn ich mir das Volumen der jetzt schon abgeschlossenen Sponsoren-Verträge anschaue, dann gilt hier das gleiche: Es ist in diesen Zeiten alles andere als selbstverständlich, dass und in welcher Form sich so viele Unternehmen weiter zum RWE-Sponsoring bekennen. Dennoch wäre es eine komplett falsche Wahrnehmung, wenn man denkt, wir würden im Geld schwimmen. Das ist ganz sicher nicht der Fall. Wir bemühen uns trotz Corona, unseren sportlichen Verantwortlichen die gleichen finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen, wie in der vergangenen Spielzeit.

In der Liga wird viel über Rot-Weiss Essens Etat gesprochen. Wie hoch ist dieser für die Erste Mannschaft?

Ich werde jetzt sicher nicht öffentlich über Zahlen sprechen. Das werden wir im Rahmen der noch nachzuholenden Mitglieder-Versammlung in aller Ausführlichkeit machen. Noch mal: wir sind weit davon entfernt, mit Geld um uns zu schmeißen. Auch wir müssen und werden jeden Cent umdrehen. Wir haben uns aber auf die Fahne geschrieben, dass wir trotz dieser Unwägbarkeiten eine sportlich maximal ambitionierte Mannschaft ins Rennen zu schicken.

Inwiefern hat sich Ihre Arbeit in der Corona-Zeit geändert?

Für die Operative bei Rot-Weiss Essen hat sich die Arbeit durch Corona stark verändert. Und Corona hat uns weiter im Griff. Das fordert maximalen Einsatz und maximale Flexibilität. Aber dieser Situation, dieser Herausforderung wollen und werden wir uns weiter stellen. Ich bin ja mittlerweile auch schon ein halber Corona-Experte (lacht).

Aber Sie werden nicht in die Politik wechseln, oder?

Um Gottes willen (lacht)... Nein, ich bin bei Rot-Weiss Essen sehr zufrieden.