Essen. Der Essener Kreisligist Al-Arz Libanon hat eine Spendenaktion für die Opfer der Explosion in Beirut gestartet. Über 5.000 Euro sind auf dem Konto.
Als sich am 4. August um 18.08 Uhr im Hafen von Beirut eine verheerende Explosion ereignet, hat 4.000 Kilometer von der Hauptstadt Libanons entfernt Nemr Fakhro fast Feierabend. Der erste Vorsitzende des Essener Kreisligisten Al-Arz Libanon ist in einem örtlichen Autohaus beschäftigt. Die Bilder, die er aus der Heimat seiner Eltern per Internet-Videos sieht, kann er kaum fassen. „Ich habe heute noch Gänsehaut, wenn ich an diese schrecklichen Szenen denke“, gibt Nemr Fakhro angesichts von über 200 Toten und mehr als 6.000 Verletzten eine Woche später zu.
Statt vom Entsetzen gelähmt zu sein, trifft er sich am anderen Vormittag mit den anderen Al-Arz-Vorstandsmitgliedern. Sein Bruder Nouri, Marwan und Bassam Allouche, Ahmed Ali-Khan und er sind sich sich schnell einig: „Wir müssen etwas tun!“ Sie eröffnen ein Konto beim Online-Bezahldienst PayPal und hoffen, dass ein paar hundert Euro für die Hinterbliebenen der Opfer und den Wiederaufbau in Beirut zusammenkommen – Stand jetzt sind es schon über 5.400 Euro. „Damit hatten wir nicht gerechnet, das ist überragend“, kann Nemr Fakhro trotz des Leids im Libanon wieder ein wenig lächeln.
„Wir hoffen, dass sich der Libanon von diesem fürchterlichen Unglück schnell erholt, und wir einen kleinen Beitrag dazu leisten können.“ (Nemr Fakhro, erster Vorsitzender Al-Arz Libanon)
Vor zwölf Jahren gründet sich der Klub im Stadtteil Altenessen, wo sich vor Jahren eine größere deutsch-libanesische Community angesiedelt hat. Gekickt wird auf der Sportanlage an der Bäuminghausstraße, wo der TuS Helene, der erste Verein von Otto Rehhagel, zu Hause ist. „Viele Spieler mit libanesischer Herkunft haben vorher in verschiedenen anderen Essener Vereinen gespielt. Wir wollten denen eine sportliche Heimat bieten und gleichzeitig die Integration fördern“, erzählt Nemr Fakhro.
Spieler aus 14 Nationen
Für die Kreisliga C, wo Al-Arz im Jahr 2008 startet, sind die Kicker zu gut. Die „Zedern“, das Symbol der libanesischen Staatsflagge schmückt auch das Vereinswappen, steigen zweimal hintereinander auf und sind heute noch in der Kreisliga A am Ball. Inzwischen gibt es neben der ersten Mannschaft noch vier weitere Teams: die U 25, die Alten Herren sowie die D- und E-Jugend. Die Teams sind bunt gemischt, Spieler aus insgesamt 14 Nationen kicken für den noch jungen Verein. Neben vielen Deutschen mit libanesischen Wurzeln, darunter etliche Geschwister und Cousins, sind Iraker, Syrer oder eben Bio-Deutsche für Al-Arz Libanon am Ball.
Die Spendenaktion für Beirut ist nicht das erste Projekt, mit dem der Multikulti-Klub sein soziales Engagement zeigt. Als Corona ab Mitte März das öffentliche Leben ausbremst, stellt der Klub sein Vereinsheim für Hilfseinrichtungen zur Verfügung. Spieler und Vorstandsmitglieder gehen für Bedürftige einkaufen und ein Sponsor, ein arabischer Bäcker, spendet 200 Fladenbrote für die Essener Tafel. „Als wir einst mit unseren Familien nach Deutschland kamen, sind wir hier gut aufgenommen worden. Dafür wollen wir etwas zurückgeben“, betont Nemr Fakhro.
Nun geht eine vierstellige Summe in den Libanon. Noch läuft die Spendenaktion, obwohl die bisher erreichte Summe längst alle Erwartungen der Essener übertroffen hat. „Ob Vorstandsmitglieder, Spieler, deren Familien oder andere liebe Menschen, die mit Al-Arz direkt eigentlich nichts zu tun haben: So viele Leute haben sich beteiligt und kleinere – oder manche auch größere Summen – gegeben“, freut sich Nemr Fakhro.
Allein 500 Euro kommen bei einem Freundschaftsspiel zusammen, zu dem sich Al-Arz und der VfB Frohnhausen kurzfristig für Sonntag verabreden. „Wir hatten an dem Tag eigentlich schon eine Art Trainingslager auf unserer Anlage mit zwei Testspielen geplant, doch unsere beiden Gegner haben direkt verzichtet, als wir von unseren Plänen erzählt haben“, berichtet Nemr Fakhro.
Bei 37 Grad für guten Zweck am Ball
Frohnhausen wird von Issam Said trainiert, ebenfalls ein Deutscher mit libanesischer Herkunft. Für ihn ist es selbstverständlich, für den guten Zweck anzutreten – trotz 37 Grad am Sonntag auf dem Kunstrasen an der Raumerstraße. Der Landesligist lässt zwar den „Zedern“ von Trainer Ibrahim Ramadan auf dem Platz mit 8:1 keine Chance, aber am Ende zählt nicht der sportliche Vergleich, sondern dass möglichst viel Geld für Beirut im Sammelbehälter steckt.
„Wir alle hoffen, dass sich der Libanon von diesem fürchterlichen Unglück schnell erholt, und wir einen kleinen Beitrag dazu leisten können“, macht Nemr Fakhro klar.
Wer ebenfalls spenden möchte: https://www.paypal.com/pools/c/8rutkZQpdN?fbclid=IwAR3CXpK3kHbdFUHVAFo-dkEY3xIwvO-WbLBcO20E4KdvV5bl-vMJzJVMsK0.