Bottrop. Die Erwartungen an den Regionalliga-Torschützen der letzten beiden Jahre sind hoch. Einige RWE-Fans sehen das Alter des Stürmers kritisch.

Die ersten Testspiele bei Rot-Weiss Essen stehen bei den Fans – so sie denn dabei sein können – immer unter besonderer Beobachtung; gerade, wenn es um die Neuzugänge geht. So war das Brennglas des Interesses am Samstag im Bottroper Jahnstadion besonders auf Simon Engelmann gerichtet, den Stürmer mit der Lizenz zum Toreschießen.

Zweimal Torschützenkönig der Regionalliga

Was dem Mittelstürmer bei seinem letzten Verein, dem SV Rödinghausen, gleich zweimal (19 und 26 Tore) ganz vorzüglich gelang und ihn an die Spitze der Torjägerliste in der Regionalliga West setzte. Und er würde in dieser Saison wohl den Hattrick avisieren, wenn sich die Koordinaten in Rödinghausen nicht entscheidend verschoben hätten. Beim Verein des Küchenmöbel-Moguls Häcker hat sich sportlich ein Holzwurm eingeschlichen, der da lautet: Verzicht auf die Dritte Liga selbst bei sportlicher Qualifikation. Darauf setzte im äußersten NRW-Zipfel die Star-Flucht ein, in deren Sog auch der Trainer von Bord ging.

Einer, der im fortgeschrittenen Fußballalter an der Hafenstraße für Furore sorgte: Bjarne Goldbaek.
Einer, der im fortgeschrittenen Fußballalter an der Hafenstraße für Furore sorgte: Bjarne Goldbaek. © FFS | Michael Gohl

Dem 31-Jährigen Torjäger standen in der Liga und auch eine Stufe höher viele Türen offen, dennoch führte ihn sein Weg an die Hafenstraße. Und er widerstand der Versuchung vom „Kindheitstraum RWE“ zu fabulieren, sondern begründete seine Beweggründe sympathisch-ehrlich pragmatisch: „In der Dritten Liga war zu der Zeit viel Unruhe; keiner wusste, wie es weitergeht. Ich wollte irgendwann Sicherheit haben für mich und meine Familie. Und das Angebot aus Essen war absolut top.“ Erst im Nachsatz dann die übliche Begründung: „Das ist eine Superadresse bei einem Regionalligisten, mit der besonderen Atmosphäre an der Hafenstraße, es war immer ein Highlight, hier als Gastmannschaft zu spielen.“

Der Angriff ist mit Alternativen üppig bestückt

Momentan wird er von den Fans gezwungenermaßen nur aus der Ferne beäugt, dabei sind auch durchaus kritische Blicke. Zu viele über 30-Jährige, die den Zenit überschritten hatten, fanden in der Vergangenheit „auf ihre alten Tage“ noch den Weg an die Hafenstraße. Die Alten unter den Fans müssen dabei gar zurückdenken an die damaligen Oldies Heiko Bonan oder Bjarne Goldbaek - lang ist’s her. Engelmann wird wissen, wie hoch die Erwartungen sind. Und er wird sich reinhängen müssen, weil die Konkurrenz groß ist.

Kein Mannschaftsteil ist so gut bestückt wie der Angriff: Mit Kefkir, Pronichev, Platzek, Futkeu, Endres, Harenbrock, Adetula, Dahmani und eben jenem Engelmann kann RWE-Coach Christian Neidhart dank des gestiegenen Auswechsel-Kontingents in jeder Halbzeit eine komplett neue Angriffsformation aufs Feld schicken – vermutlich ohne großen Leistungsabfall. Eine Situation, um die RWE von der Ligakonkurrenz sicherlich beneidet wird.

Die Laufwege müssen noch abgestimmt werden

Nun müssen diese noch in Form kommen, in Bottrop dauerte es fast 50 Minuten, bis der Express ins Rollen kam, auch beim Neuzugang aus Rödinghausen. Der sich darauf durchaus selbstkritisch gab: „Wir sind schwer reingekommen und müssen noch hart arbeiten, es wird noch seine Zeit brauchen, bis man die Abläufe und die Laufwege kennt, da helfen nur viele Spiele.“ Niemand kann sich seiner Position im Angriff sicher sein. „Wir haben gute Jungs in den Reihen, da kann man immer rotieren lassen“, glaubt Engelmann, denkt aber vermutlich in erster Linie an die Positionen neben sich.