Essen. Essener Frauenfußball-Bundesligist will auch außerhalb des Rasenvierecks Leistungsvermögen verbessern. Betreuung der Spielerinnen ist komplex.
„Entscheidend is auf’m Platz“, sagte einst Adi Preißler, der Borussia Dortmund in den 50er-Jahren als Kapitän anführte und später als Trainer mit Rot-Weiß Oberhausen in die Bundesliga aufstieg. Noch heute ist es eine vielzitierte Weisheit, deren Gültigkeit wohl kaum jemand ernsthaft in Zweifel zieht. Doch im Streben nach dem absoluten Leistungsoptimum ist es längst nicht mehr einzige Wahrheit im Fußballgeschäft.
Eine mitentscheidende Frage heute ist die, wie man eine Mannschaft dazu bringt, auf dem Platz die bestmögliche Leistung abzuliefern. Und die Antwort darauf ist komplex. Längst handelt es sich um einen wissenschaftlichen Diskurs, der auch die SGS Essen in der Frauenfußball-Bundesliga erreicht hat. Auf der Suche nach einem professionellen Partner sind die Verantwortlichen bereits fündig geworden und möchten die Zusammenarbeit mit Fitness-Tempel Fusion 5, zu dessen Kunden schon männliche Größen wie Mario Götze, Ilkay Gündogan und der Brasilianer Philippe Coutinho gehörten, nun weiter ausbauen.
Kaum schwere Muskelverletzungen bei SGS Essen während der Saison
„Die Art der Betreuung ist für viele unserer Spielerinnen neu, aber sie stellt die Weichen dafür, das höchste Leistungslevel zu erreichen“, erklärt SGS-Manager Florian Zeutschler. Messbar sei das schon allein daran, dass es in der zurückliegenden Spielzeit bei der SGS kaum eine schwere (Muskel-)Verletzung gegeben habe. Die Arbeit von Fusion 5 basiert dabei auf fünf Säulen: Im Anschluss an eine individuelle Leistungsdiagnostik entwickeln die Mitarbeiter ein auf die Spielerinnen abgestimmtes Athletiktraining, um die Muskulatur gezielt und funktionell zu formen und gleichzeitig festgestellte Defizite mit Korrekturübungen auszugleichen.
„Im Fußball haben wir es da oft mit Problemen im Hüftbereich oder einer Verkürzung der hinteren Oberschenkelmuskulatur zu tun, was ein erhöhtes Verletzungsrisiko mit sich bringt“, erklärt Sportwissenschaftler Laki Topouzoglou.
Kommunikation über eine App
Neuerdings erfolgt die Kommunikation zwischen der SGS und Fusion 5 auch per App. Über ihr Smartphone übermitteln die Spielerinnen Informationen über ihren Schlaf und das allgemeine Befinden.
Gemeinsam entscheiden dann Fußballlehrer Markus Högner und Sportwissenschaftler Laki Topouzoglou wie das Training individuell gestaltet werden kann.
Richtige Ernährung ist die zweite Säule
Eng damit verbunden, ist die richtige Ernährung als zweite Säule. Nicht einmal für den Kaffee bekommt man bei ihm Zucker. Und auch den Fleischkonsum sieht Topouzoglou kritisch. „Tierische Eiweiße lassen Muskeln groß werden. Wir wollen aber kein Wachstum, wir brauchen Schnellkraft.“ Um dementsprechend eine ausgewogene Ernährung zu erreichen, werden gemeinsam Rezepte erarbeitet und nachgekocht. Sogar beim Einkauf bekommen die Spielerinnen Hilfe. Persönlich verantwortlich dafür ist übrigens Sarah Freutel, die von 2008 bis 2019 158 Mal für die SGS in der Eliteliga auflief und nun bei Fusion 5 beschäftigt ist.
Nicht weniger wichtig ist die Säule der Regeneration, da Überanstrengung das Risiko von Verletzungen ebenfalls steigen lässt. Ein fester Tag dafür, der auch physiotherapeutische Behandlungen einschließt, ist fest im Trainingsplan verankert. „Es geht gerade nach Spielen darum, die Muskeln zu pflegen und zu bearbeiten“, erklärt Topouzoglou, der in seinem Center dafür auf eine Stromtherapie und die spezielle Kryo-Sauna setzt. Diese wird mit Stickstoff gefüllt und kühlt bis auf minus 180 Grad Celsius herunter.
Kältetherapie mit verblüffender Wirkung
Neuzugang Nina Räcke hat diese Kältetherapie gleich mal getestet und war verblüfft. Nach zwei Minuten kam sie aus der Kammer und konnte die Durchblutungsförderung in ihren Beinen bei normaler Raumtemperatur selbst mitansehen. Damit die SGS auch diese Therapieform regelmäßig nutzen kann, sucht sie noch einen Partner, der für die Kosten aufkommt. „Damit erreicht man ein ganz anderes Niveau der Regeneration“, erklärt der Center Manager. „Gerade nach hoher Belastung kann sie diese auf einen Tag verkürzen.“
Abgerundet wird die Zusammenarbeit durch ein sogenanntes „Mental Coaching“, in dem in persönlichen Gesprächen gerade der Umgang mit Drucksituationen thematisiert wird. Eine ganz besondere liegt bei der SGS noch nicht weit zurück, als es im Pokalfinale Anfang Juli gegen den VfL Wolfsburg ins Elfmeterschießen ging.
„Mit all dem wollen wir die Grundlage für den Erfolg schaffen und bei der SGS wieder neue Nationalspielerinnen entwickeln“, erklärt Physio Topouzoglou. Und dann gilt natürlich auch wieder: Entscheidend is auf’m Platz.