Essen. ETB-Sportdirektor Wilder holt ehemaligen Schützling Thomas Szewczyk aus Schalke. Neuzugang gilt als Teamplayer - auch außerhalb des Spielfeldes.

Folgen den Worten diesmal wirklich Taten? Damit hatten sich die ETB-Basketballer in der jüngeren Vergangenheit schwer getan. Ausgerechnet jetzt, da vollmundig der Wiederaufstieg in die Erste Regionalliga als Ziel formuliert worden ist, wollen die Miners offenbar untermauern, dass es ihnen ernst ist. Denn nach der Weiterverpflichtung von Chris Alexander lässt auch die zweite Kader-Personalie aufhorchen: Vom ehemaligen ProA-Team FC Schalke 04 wechselt Point Guard Thomas Szewczyk (28) nach Essen.

Das neue schwarz-weiße Team entsteht gerade erst. Und doch dürfte feststehen, dass der 28-jährige Deutsch-Pole weit mehr ist als ein Mosaiksteinchen. Eine ProA-Kraft (immerhin mit knapp elf Minuten Einsatzzeit pro Spiel) dürfte als tragende Säulen eingeplant sein in einem Konstrukt, das erfolgreichen ETB-Basketball wieder möglich machen soll.

Sportdirektor ist Glücksfall für den Essener Regionalligisten

Am Rande des Spielfeldes wird schon jetzt klar, was für ein Glücksfall Raphael Wilder für die Miners ist. Von ihm, von seinen Kontakten und seinem Netzwerk wollten die Essener unbedingt profitieren. Das scheint aufzugehen. Dass ein ProA-Spieler den Weg in die Zweite Regionalliga findet, noch dazu zu einem Verein, der einen fast beispiellosen Absturz hinter sich hat – Insolvenz inklusive –, ist jedenfalls nicht selbstverständlich. Aber selten bloßer Zufall, sondern meist mit Vertrauenspersonen verbunden.

ETB-Sportdirektor Raphael Wilder sucht noch einen Trainer für sein neues Team.
ETB-Sportdirektor Raphael Wilder sucht noch einen Trainer für sein neues Team. © Michael Korte

Eine solche ist Wilder, der so viele Vereine nach oben geführt hat in seiner Karriere. Maccabi Düsseldorf, Grevenbroich oder Schwelm. Zuletzt Schalke. Der 66-Jährige kann dies selbst manchmal kaum glauben. „Die Jungs sagen mir dann: ,Wenn du das alles geprüft hast, wenn du da wirklich hinter stehst, dann komme ich.‘ Es ist schon verrückt manchmal.“ Für ihn ist dieses Vertrauen Anerkennung für so viele Jahre Arbeit im Basketball – die schönste noch dazu. „Das freut mich wirklich.“

Zustände im Klub waren bei Amtsantritt nicht gut

Daraus ergibt sich allerdings die Frage, was nun Raphael Wilder eigentlich nach Essen gezogen hat. Zu diesem Verein, durchgereicht von der Zweiten Bundesliga Pro A bis hinunter in die Bedeutungslosigkeit der Zweiten Regionalliga. Wahrscheinlich weiß er es selbst nicht so genau. Er gibt jedenfalls unumwunden zu: „Was ich hier in Essen vorgefunden habe, war nicht gut.“

Verwundern kann dies wahrlich nicht. Aber vielleicht liegt darin auch der Reiz: Etwas wieder neu aufzubauen, was mal glanzvoll strahlte. Und auch Wilder meint: „Essen hat ja Historie in Basketball-Deutschland. Es ist ein attraktiver Standort. Und mit den Strukturen, die die Miners noch immer haben, muss es wieder nach oben gehen.“

Wilder trägt die alleinige Verantwortung im sportlichen Bereich

Raphael Wilder hat zugesagt, nach vielen Runden mit der Geschäftsführung, in denen eine Beziehung aufgebaut wurde. Die Miners brauchen im sportlichen Bereich offensichtlich Hilfe. Hilfe, die Wilder leisten kann. Doch so wie man sich auf Wilder verlässt, so will auch der vertrauen können. Weil er dies in vielen Bereich muss, beispielsweise auch wenn es ums Geld geht.

Sportlich indes nimmt er die Verantwortung allein auf sich, wobei er bereits versichert hat, dass er nicht mehr auf die Bank zurückkehren wird. Und damit tritt er allen Gerüchten entgegen, der neue Trainer der Miners könnte ebenfalls Raphael Wilder heißen. Seine Entscheidung stehen nicht zur Diskussion. Und diese Freiheiten hat ihm der ETB gerne gewährt. „Ich trage die Verantwortung. Ich werde nie mit dem Finger auf andere zeigen, wenn etwas nicht funktioniert hat.“

Auch außerhalb des Feldes eine Verstärkung

In der vergangenen Saison stand Aufbauspieler Thomas Szewczyk in der ProA durchschnittlich 10:42 Minuten pro Spiel auf dem Feld und erzielte dabei 2,3 Punkte, 0,6 Assists und 0,9 Rebounds pro Partie.

Dass er nicht nur auf dem Feld sondern auch persönlich eine echte Verstärkung ist, zeigt unter anderem sein Engagement bei den Blau-Weißen abseits des Feldes als Jugendtrainer und Kassenwart der Mannschaft.

Trainer- und Spielersuche über die Webseite des Vereins

Ungewöhnlich war einer seiner ersten Schritte, mittels eines Aufrufs auf der Webseite der Miners nach Spielern und einem Trainer zu suchen. „Es schadet ja nicht“, lächelt Wilder verschmitzt. „Ich kann auch nicht jeden kennen und wer weiß, wer sich da meldet.“

Was immer daraus wird – für Thomas Szewczyk jedenfalls hätte es dieses Aufrufs nicht gebraucht. Nach Stationen in Deutschland (Crailsheim und Herford) wechselte er 2014 nach Schalke in die Erste Regionalliga, in den folgenden sechs Jahren stieg er zusammen mit Raphael Wilder bis in die ProA auf.

Auch gleich Übergang in den Beruf organisieren

Nun folgt er Wilder nach Essen, „weil ich mir sicher bin, dass er mit seiner Erfahrung und seinem Know-how hier etwas Gutes aufbaut“, sagt Szewczyk. In Essen könne er zudem einen Übergang ins Berufliche organisieren und dennoch sportliche Ziele verfolgen. Wilder freut sich aufs Wiedersehen: „Thomas ist ein Spieler, auf den ich mich zu 100 Prozent menschlich wie spielerisch verlassen kann. Er ist loyal, zielstrebig und ein toller Teammate.“